Ketten der Liebe
wissen.
»Wenn ihr euch von der Reise erholt habt, werde ich euch beide in die Stadt bringen, damit ihr die Sehenswürdigkeiten seht. Ich kann mir vorstellen, wie aufregend Alcazaba Malina für euch sein muß.
Trotzdem ist es nur eine kleine Stadt verglichen mit Cordoba, wo du schließlich wohnen wirst, meine Blume.«
Sie war vollkommen überrascht. »Cordoba ist noch größer?« Es war schwierig, sich so etwas auch nur vorzustellen.
»Alcazaba Malina ist wie eine Olive im Vergleich zu der Melone Cordobas«, erklärte er ihr mit einem Lächeln.
»Was ist eine Olive? Was ist eine Melone?« wollte sie von ihm wissen.
Er lachte laut auf, als ihm klar wurde, daß das, was für ihn alltäglich war, dem Mädchen aus dem barbarischen Norden unbekannt war. »Ich werde euch beides zeigen, wenn wir am Ziel unserer Reise ankommen«, versprach er ihr. »Zuerst muß ich mich aber um das Anlegen der I'timad kümmern. Ihr werdet an Bord in der Kabine bleiben, während ich zuerst meinem Vater meine Aufwartung mache und für eine Sänfte sorge, die euch zu meiner Villa bringt.«
»Ja, Herr«, sagte sie mit gehorsamer Stimme. Er sah so gut aus. Sie hatte seine Leidenschaft vermißt.
Heute nacht würde er sie mit ihr teilen, oder würde er von ihr erwarten, daß sie sich erst von der langen Reise erholte? So müde bin ich aber nicht, dachte sie rebellisch. Ich will, daß er mit mir schläft!
Dann kam ihr plötzlich ein unangenehmer Gedanke. »Seid Ihr verheiratet, Karim al Malina?« fragte sie ihn.
Er schreckte einen Moment lang zusammen. »Nein«, erwiderte er. Dann bemerkte er einen Ausdruck in ihren Augen, bei dem er ein unangenehmes Gefühl hatte. »Aber ich werde meinen Vater dazu veranlassen, eine Ehefrau für mich zu finden. Nachdem ich dich dem Kalifen von Cordoba übergeben habe, werde ich heiraten. Es ist höchste Zeit, daß ich mich niederlasse.«
Sie lächelte ihn mit ihren kleinen, gleichmäßigen Zähnen an. »Aber Ihr habt jetzt noch keine Frau?
Oder einen Harem?«
»Nein«, sagte er ungeduldig.
»Gut«, schnurrte sie fast, und ihre blauen Augen glitzerten.
»Eine Liebessklavin«, sagte er streng, »gestattet ihren Gefühlen nicht, für irgendeinen Mann etwas zu empfinden, Zaynab. Denke daran, du gehörst nicht mir, sondern du bist das Eigentum des Kalifen von Cordoba. Mein Interesse an dir wird nie über das eines Lehrers an seiner Schülerin hinausgehen.«
Sie wandte sich schnell von ihm ab, aber nicht, bevor er das Glitzern einer Träne in ihren Augen gesehen hatte. »Er besitzt kein Herz«, flüsterte Zaynab Sheila zu, als er sich von ihnen entfernte.
»Er ist ein Ehrenmann, Herrin«, erwiderte das jüngere Mädchen. Es gab nichts, was sie sonst ihrer Herrin zum Trost sagen konnte. Sie hatte gesehen, wie Zaynabs Augen einen weichen Ausdruck annahmen, wenn sie Karim al Malinas Stimme hörte. Sie hatte bemerkt, wie Zaynabs Blick ihm heimlich folgte, wenn er erschien. Ihre arme Herrin war dabei, sich in Karim al Malina zu verlieben, und das durfte sie nicht. Zaynab und der Kapitän hatten keine gemeinsame Zukunft, dachte Sheila traurig, und daher hatte auch sie keine Zukunft mit Alaeddin ben Omar. Sie seufzte laut.
Die I'timad war an ihrem Dock festgemacht worden und der Steg war ausgelegt. Der Herr des Schiffes ging von Bord und verschwand langsam in der Menschenansammlung, die sich am frühen Morgen am Hafen angesammelt hatte. Zur gleichen Zeit brachte Alaeddin ben Omar die beiden Frauen wieder zurück in die Abgeschiedenheit ihrer Kabine, wo sie nicht den neugierigen Blicken ausgesetzt waren.
»Was ist eine Melone?« fragte ihn Zaynab. Sie sah ein, daß sie sich von Karim al Malina ablenken mußte.
»Das ist eine große, runde, süße Frucht«, antwortete Alaeddin.
»Und eine Olive, bitte?«
»Eine kleine Frucht. Sie ist schwarz, violett, manchmal auch grün, und sehr salzig, den sie wird in Salzlake haltbar gemacht«, erklärte er.
»Karim sagt, daß diese Stadt wie eine Olive im Vergleich zu Cordobas Melone ist«, sagte Zaynab.
»Ich wußte nicht, was Oliven und Melonen sind.«
Der erste Maat lächelte. Seine weißen Zähne blitzten in seinem bronzefarbenen Gesicht. »Das ist ein guter Vergleich. Ja, Cordoba ist groß verglichen mit Alcazaba Malina, aber ich ziehe die kleinere Stadt vor. Außerdem ist es unwahrscheinlich Herrin, daß Ihr in Cordoba selbst leben werdet. Es stimmt zwar, daß es in Cordoba einen königlichen Palast neben der großen Moschee gibt und daß der Kalif dort einen
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