Ketten der Liebe
sagte er. »Ich werde dafür sorgen, daß du sie alle probieren kannst, meine Blume.«
»Ich dachte, aus Trauben macht man Wein«, erwiderte sie.
»Man kann sie auch essen, meine entzückende kleine Wilde.« Er streckte seine Hand aus, zog sie in seine Arme und küßte sie schnell auf den Mund. Sie seufzte, und er lachte. »Du bist heißblütig für ein Mädchen aus so einem kalten Land«, neckte er sie und knabberte ihr Ohrläppchen an.
Sheila drehte sich errötend weg, aber Zaynab blickte ihm schelmisch in die Augen. »Solch eine Schlußfolgerung, Herr, würde einen zu der Vermutung bringen, daß Menschen aus einem warmen Klima ein gegenteiliges Wesen haben. Aber bei Euch stimmt das wohl nicht, glaube ich.«
»Nein«, murmelte er und preßte seinen ganzen Körper gegen sie, so daß sie seine steigende Lust fühlen konnte. »Ich bin genauso heißblütig wie du, Zaynab, meine Blume.« Seine Hand umschloß ihr Gesäß und zog sie noch dichter an sich. »Jetzt!« flüsterte er in ihr Ohr. »Schicke Sheila weg, denn ich will jetzt mit dir schlafen.« Er vergrub sein Gesicht in ihrem weichen Hals.
Zu seiner großen Überraschung wand sie sich aus seiner Umarmung heraus und entfernte sich einen Schritt von ihm. »Wie ungehörig von Euch, Herr«, sagte sie kühl. »Dies ist weder die Zeit noch der Ort für solche Liebesspiele. Ist die Sänfte noch nicht da, die uns zu Eurer Villa bringen soll? Wie ich mich nach einem heißen Bad sehne«, beendete sie ihren Vortrag mit einem gekünstelten Seufzer.
Einen Moment lang war er so überrascht, daß er sie nur mit offenem Mund anstarrte. Dann zog er sie schnell wieder an sich und zwängte seine Hand in ihren Kaftan. »Dein Herz klopft wie wild«, sagte er.
Dann ließ er sie los und lachte. »Einmalig, Zaynab! Wahrlich, eine unglaubliche Vorstellung! Ich bin stolz auf dich, meine Schöne. Das hast du gut gemacht. Allah möge dem Kalifen helfen, der sich in die Nähe einer Frau begibt, die solche Listen kennt. Du siehst ruhig und entspannt aus. Niemand würde vermuten, daß die Lust dich im Augenblick genauso erfüllt wie mich selbst.« Es klopfte an die Kabinentür, die Tür schwang weit auf und Alaeddin trat ein. »Die Sänfte ist hier, Karim. Dein Vater hat auch ein Pferd geschickt, auf dem du reiten kannst.«
»Sheila«, sagte Karim, »du wirst Straßenkleidung für dich und deine Herrin in dieser kleinen Truhe am Fußende eures Bettes finden.«
Das junge Mädchen zog zwei schwarze Kleidungsstücke heraus, die alles bedeckten. Sie half Zaynab dabei, eines davon anzulegen und zog sich danach das andere über. Dann betrachtete sie ihre Herrin und kicherte. »Wir sehen wie zwei alte Krähen aus, Herrin. Man kann nur unsere Augen sehen.«
»Und so sollte es bei anständigen Frauen auch sein«, sagte Karim. »Nur Frauen von fragwürdiger Tugend und lockerer Moral gehen auf die Straße und zeigen dabei ihr Gesicht, ihren Körper oder ihre Haare. In diesen Roben sieht jede Frau wie die andere aus, ob reich oder arm. Kein Mann wird sich jemals einer Frau nähern, die so gekleidet ist. Er wird noch nicht einmal versuchen, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Das ist sogar ein Verbrechen, das mit dem Tode bestraft wird.
Diese Roben bieten euch vollkommenen Schutz.«
»Müssen sie unbedingt schwarz sein? Sie sind so häßlich«, sagte Zaynab.
»Schwarz ist sittsam«, erwiderte er ihr. »Komm nun. Der Tag wird immer wärmer, und die Träger warten in der Sonne. Selbst die niedrigsten Sklaven sollte man höflich behandeln, wenn sie gehorsam sind und hart arbeiten.«
Die zwei Mädchen folgten Karim al Malina aus der Kabine des Schiffes heraus.
»Haltet eure Augen gesenkt«, befahl er ihnen leise. »Keine Frau, die etwas auf sich hält, blickt einem Mann in die Augen, der nicht ihr Herr ist, Zaynab. Sklaven und Eunuchen werden selbstverständlich nicht als Männer angesehen.«
Seine Worte erstaunten sie völlig. Und was war ein Eunuch? Der Übergang von ihrer einfachen und vertrauten Welt in diese neue, verwirrende Umgebung gab ihr das Gefühl, in vielen Dingen wieder ein kleines Kind zu sein. Es gab so viel, was sie nicht wußte. Sie hatte so viel zu lernen. Sie wollte es lernen! Ihr früheres Leben als ungewollte Zwillingsschwester hatte ihr keinerlei bemerkenswerte Vergünstigungen geboten. Man hatte sie hauptsächlich geduldet, weil wenige sie von ihrer Schwester Gruoch unterscheiden konnten; weil es immer die schreckliche Möglichkeit gab, daß Gruoch jung sterben
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