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Kettenreaktion - Die Geschichte der Atombombe

Kettenreaktion - Die Geschichte der Atombombe

Titel: Kettenreaktion - Die Geschichte der Atombombe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Mania
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winziger Betrag von Energie mal Zeit – die kleinste, von der Natur zugelassene Wirkung. Es ist eine unvorstellbar winzige Zahl, nämlich eine Null vor dem Komma mit 34 weiteren Nullen dahinter, bevor sich dann endlich ein paar Zahlen einstellen. Ein unübersehbarer Hinweis, dass es hier um atomare Größenordnungen geht.
    Innerhalb weniger Tage nach der Präsentation seiner Hypothese bestätigen andere Wissenschaftler mit ihren Berechnungen die Gültigkeit der Planck’schen Lösung: Ihre experimentellen Daten und seine Theorie stimmen überein. Niemand, nicht einmal Planck selbst, versteht, warum ausgerechnet die als Quanten definierten Lückenbüßer die ultravioletten Öfen verhindern. Aber eine Bedeutung in der realen Welt dürften sie kaum haben, glaubt der Entdecker. Sie können eigentlich, so die einhellige Meinung der Physikergemeinde, nichts weiter sein als ein genialer mathematischer Trick. Die Engländer sprechen von einer typisch deutschen Erfindung, die die unendlichen Werte elegant entsorgt.
    Vehement unterstützt Max Planck daher die Einschätzung seiner Kollegen. Fast entschuldigt er sich für seinen Kunstgriff, bezeichnet ihn sogar als einen «Akt der Verzweiflung». Er habe «um jeden Preis, und wäre er noch so hoch», eine Lösung finden wollen und betrachte die Quanten nur als ein Provisorium. Habe er seine Konstante denn nicht selbst als «h» bezeichnet, was von Hilfsgröße abgeleitet sei? In kürzester Zeit werde seine Arbeit schon revidiert sein und der kurzlebige Charakter dieser unsteten Energieübergänge erkannt werden. Denn eigentlich läge ihm, dem erklärten Konservativen, nichts ferner, als mit diesen sprunghaften Quanten Leibniz in Frage zu stellen, der der Natur keine Sprünge durchgehen lassen wollte. Zweifellos werde diese Notkonstruktion in absehbarer Zeit Eingang in eine umfassendere Theorie finden, die der klassischen Physik nicht so unmanierlich widerspreche. Allerdings hat Max Planck bei diesen tröstlichen Gedanken an eine bevorstehende Versöhnung zwischen Newton’scher Tradition und seines grundlegend neuen Konzepts einen jungen, ideenreichen Physiker nicht auf der Rechnung.
     
    In Ulm geboren, in München aufgewachsen und mit 17 Jahren auf eigenen Wunsch aus der deutschen Staatsangehörigkeit entlassen, um nicht Soldat werden zu müssen, tingelt der staatenlose Absolvent des Züricher Polytechnikums mit dem Fachlehrerdiplom für Mathematik und Physik auf Arbeitssuche durch die Schweiz. Auch nach Abschluss seines Studiums ist er ernsthaft bemüht, mit den neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der theoretischen Physik Schritt zu halten. Ein paar Wochen als Aushilfslehrer in Winterthur, dann ein mieser Job als Privatlehrer in Schaffhausen, um einen Abiturienten auf die Prüfung vorzubereiten, Krach mit der Gastfamilie und hochkantiger Rauswurf, weil er die Tischgespräche unerträglich findet und mit entwaffnendem Selbstbewusstsein verlangt, deshalb sein Essen, natürlich vom Arbeitgeber bezahlt, im Wirtshaus einnehmen zu dürfen [Nef:131]. Auf seine Bewerbungen um eine Assistentenstelle «bei allen Professoren von der Nordsee bis an Italiens Südspitze» [Nef:131] bekommt er ab und zu eine Eingangsbestätigung, aber nie eine persönliche Antwort. Den Beginn seiner wissenschaftlichen Karriere hat sich der 23-jährige Albert Einstein wohl etwas glanzvoller vorgestellt. Obendrein ist seine aus Serbien stammende Freundin schwanger. Beide Elternpaare sind gegen diese Verbindung.
    Dann aber, im Sommer 1902, scheint sich das Blatt für ihn doch noch zum Guten zu wenden. Der Vater eines Freundes vermittelt dem erfolglosen Akademiker eine Anstellung als Technischer Experte   III. Klasse beim Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum in Bern. Die Schweizer Staatsbürgerschaft, die er für diese Arbeit im Patentamt benötigt, ist ihm bereits gewährt worden. Die 48-Stunden-Woche als selbsternannter «Patentierknecht» hält ihn nicht davon ab, noch einen Privatschüler zu unterrichten und regelmäßig Beiträge für die «Annalen der Physik» zu schreiben, die bedeutendste Fachzeitschrift der Welt. Im Frühjahr 1905 formuliert er seine «Lichtquantenhypothese». Sie geht noch einen Schritt über Plancks Revolution hinaus. Albert Einstein hat über den sogenannten photoelektrischen Effekt nachgedacht. Dabei geht es um die Wechselwirkung von Licht und Materie. Trifft ein Strahl kurzwelligen Lichts auf eine Metalloberfläche, schlägt die Lichtenergie Elektronen aus einem

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