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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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gehört.«
    »Ich habe die schlechte Angewohnheit, mit mir selbst zu reden«, entgegnete ich. »Nur so kann ich sicher sein, eine Disputation zu gewinnen.«
    Er lachte herzlich und schüttelte den Kopf.
    »Was die betrifft, so hat man Euch von Anfang an keine Chance gegeben, Bruno – und diejenigen von uns, die sich nicht von Vorurteilen blenden lassen, wissen das. Ich bin gekommen, weil ich gehört habe, dass Ihr heute Abend mit uns speist. Wir hatten bislang kaum Zeit, uns zu unterhalten, und ich wollte mir Eure Gesellschaft sichern.«
    »Oh – ja, sicher.« Mein Blick schweifte unwillkürlich zum
Vorhang, ich zwang mich jedoch, ihn sofort wieder auf Florio zu richten. »Aber wenn es Euch nichts ausmacht – ich muss erst noch … äh … den Nachttopf benutzen.«
    »Natürlich. Ich kann unten auf Euch warten.«
    Nachdem ich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, hörte ich ihn über den Treppenabsatz und wenig später die Stufen hinunterschlurfen. Sowie ich sicher war, dass er unten angekommen wäre, zog ich den Vorhang zurück, und Sophia trat wieder ins Licht.
    »Ich habe schon befürchtet, die ganze Nacht hier verbringen zu müssen«, grinste sie, ihrer eigenen Stimmung zum Trotz.
    »Ich könnte mir Schlimmeres vorstellen«, scherzte ich und bereute es sofort, als sie mir ein trauriges, verlegenes Lächeln schenkte.
    »Es tut mir leid«, entschuldigte ich mich beschämt. »Es würde weder Euren noch meinen Ruf verbessern, wenn man Euch hier finden würde. Jetzt erzählt mir aber von dieser Gefahr! Hat jemand Euch bedroht? Weil Ihr irgendetwas wisst?«
    Sie riss erschrocken die Augen auf.
    »Worüber? Was sollte ich wohl wissen?«
    »Ich dachte nur – weil es ja auf dem Universitätsgelände einen gewaltsamen Todesfall gegeben hat …«
    »Das hat nichts mit mir zu tun«, versetzte sie überraschend scharf. Danach seufzte sie und strich sich eine lose Haarsträhne aus dem Gesicht. »Es ist alles so kompliziert, Bruno! Ich kann es Euch jetzt nicht auseinandersetzen, weil Ihr in Eile seid. Ich werde warten und Euch ein andermal alles erklären.«
    »Aber …« Ich nahm sie sanft bei den Schultern und schaute ihr offen in die Augen. »Habt Ihr Angst, jemand könnte Euch etwas zuleide tun?«
    Sie biss sich auf die Lippen und drehte sich weg.
    »Wisst Ihr noch, wie ich sagte, ich würde von einem großen Abenteuer träumen, das alles verändert? Ihr habt mir geraten, vorsichtig mit dem zu sein, was ich mir wünsche.« Sie schwieg einen Moment. »Woher weiß man, ob man jemandem vertrauen
kann, Bruno? Ich meine, wenn man ihm sein Leben anvertrauen muss?«
    »Die Antwort lautet, dass man das erst weiß, wenn der Betreffende den Beweis dafür erbracht hat. Aber was ist denn geschehen, Sophia? Wem wagt Ihr nicht zu trauen?«
    »Das ist alles so dumm von mir.« Sie knetete ihre Finger, anschließend blickte sie zu mir auf, als schämte sie sich. »Verzeiht mir, Bruno – ich hätte Euch nicht mit meinen Problemen behelligen sollen.«
    »Ihr habt mich keineswegs behelligt …« Ich wandte mich schroff um, da urplötzlich eine Diele des Treppenabsatzes knarrte, obwohl ich keine Schritte die Treppe hatte heraufkommen hören.
    »Dann geht jetzt.« Sophia schob mich zur Tür. »Ich verschwinde hier, sobald ich es für sicher halte. Ich bin es gewohnt, durch die Universität zu schleichen.« Sie rang sich ein Lächeln ab. »Und, Bruno … es tut mir leid – Ihr wisst schon …«
    »Ich bin derjenige, der sich entschuldigen muss. Ich wollte mich Euch nicht aufdrängen.« Da ich nicht mehr weiterwusste, rieb ich mir verlegen mit dem Daumen über meine Unterlippe.
    »Dazu besteht kein Grund«, flüsterte sie scheu. »Es war mein Fehler. Ich habe mich von Anfang an zu Euch hingezogen gefühlt, jetzt kann ich allerdings nichts mehr ändern. Ihr könnt mich gar nicht verstehen, Bruno – dazu müsste ich Euch alles erst erklären! Vielleicht bekomme ich ja irgendwann einmal noch die Gelegenheit dazu. Ihr solltet jetzt aber besser gehen, bevor mein Vater jemanden schickt, um Euch zu suchen.«
    Da ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte, drückte ich noch einmal ihre Schulter. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste mich zart auf die Wange.
    »Seid Ihr sicher, dass Ihr keine Schwierigkeiten bekommt?« Ich blieb an der Tür stehen.
    Sie nickte. »Ich warte noch eine Weile und mache dann, dass ich wegkomme. Spätestens kurz nach halb sieben werden die anderen alle schon in der Hall sein.«

    »Ich meine die

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