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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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will in die Catte Street, um nach ein paar französischen Büchern zu fragen, die ich dort bei einem Händler bestellt habe, und ich muss offen zugeben, dass ich trotz des Wetters froh bin, von der Universität fortzukommen. Dieser furchtbare Angriff auf Doktor Coverdale hat uns alle erschüttert. Warum begleitet Ihr mich nicht? Der Laden des Buchhändlers würde Euch gefallen, glaube ich – er ist eigentlich Buchbinder von Beruf, hat aber gute Kontakte zu Druckern in
Frankreich und den Niederlanden, und man findet bei ihm oft interessante Stücke, die sonst nirgendwo zu ergattern sind. Nur der Mann selbst ist gewöhnungsbedürftig.«
    Wir schritten durch die schmuddeligen Straßen. Florio stellte auf Italienisch wilde Spekulationen über den Angriff auf Coverdale an und gestikulierte dabei mit den Händen, während ich nickte und zustimmend murmelte, wenn er einmal Atem schöpfen musste. An der Ecke der St. John und der Catte Street hörte ich plötzlich laute Rufe und heiseres Gelächter über die Straße hallen. Wir drehten uns um und sahen eine Horde von Lehrlingen am Smythgate herumlungern, die sich gegenseitig anstießen, auf uns zeigten und Beleidigungen grölten. Florio nahm mich am Ellbogen und zog mich weg, als sie »Papistische Hurensöhne! Verschwindet aus England!« grölten.
    »Achtet nicht auf sie«, murmelte Florio und beschleunigte seine Schritte, als einer der Jungen sich bückte, um einen Stein aufzuheben und ein anderer in unsere Richtung spuckte. Sie folgten uns eine Weile, wagten aber nicht, mehr zu tun als uns zu beschimpfen, und verloren schließlich die Lust an ihrem Spiel.
    »Hier ist man Ausländern gegenüber nicht sonderlich freundlich gesonnen«, bemerkte ich, als wir uns in den Schutz der überhängenden oberen Stockwerke der Häuser der Catte Street duckten. Florio warf mir einen wehmütigen Blick zu.
    »Das ist nur ein Vorwand, um Radau zu machen. Für solche Ignoranten sind alle Ausländer Katholiken, die sie in ihren Betten abschlachten wollen. Ich musste mein Leben lang damit zurechtkommen, und ich bin hier geboren. Vergesst es, amico . Seht, wir sind fast da.«
    »Wie heißt dieser Buchhändler denn?«, fragte ich, obwohl ich die Antwort bereits ahnte.
    »Rowland Jenkes«, rief Florio über seine Schulter hinweg, da die Straße zu schmal war, um nebeneinander gehen zu können. »Ihr werdet früher oder später von ihm hören, denke ich. Er ist in der Stadt nicht gut gelitten – man bezeichnet ihn als Hexenmeister –,
aber Ihr wisst ja, wie die Leute reden. Doch Jenkes beschafft Euch Bücher, an die Ihr nie kommen würdet, ohne selbst nach Frankreich zu reisen, und das ist für mich von unschätzbarem Wert. Es gibt einige, die keinen Fuß in seinen Laden setzen würden und bösartige Gerüchte über alle Fellows verbreiten, die ihn aufsuchen, aber ich versuche, meine Ohren davor zu verschließen. Ich habe als inglese italianato hier schon genug Probleme, wie Ihr ja gesehen habt. So, da sind wir«, schloss er und deutete auf die niedrige Ladenfront, vor der ich William Bernard und Jenkes am Tag zuvor gesehen hatte. Die Fensterläden waren jetzt zwar geöffnet, aber die Scheiben wirkten deshalb nicht weniger dunkel und abweisend.
    Florio zögerte und legte mir eine Hand auf den Arm.
    »Verzeiht mir, aber ehe wir hineingehen, muss ich Euch fragen, ob Ihr meine Nachricht gelesen habt, Doktor Bruno?«, flüsterte er drängend.
    Ich starrte ihn sprachlos an.
    »Eure Nachricht?«
    »Ja. Habt Ihr sie nicht erhalten?«
    »Nun ja – das schon, aber mir war nicht klar, dass sie von Euch stammt.« Ich musterte ihn immer noch ungläubig. Wenn der mysteriöse Brief von Florio stammte, konnte das nur bedeuten, dass er über bedeutsame Informationen über die Morde verfügte. Warum nur hatte er sich nicht irgendeiner Autoritätsperson anvertraut? Dann fiel mir wieder ein, was Thomas Allen über einen Regierungsspion an der Universität gesagt hatte. Florio mit seinen Sprachkenntnissen und seinen Verbindungen zu hochrangigen Männern entsprach genau der Art von Agenten, die Walsingham einsetzen würde. Vielleicht hatte er Angst gehabt, sich zu erkennen zu geben, und daher gewartet, bis er unauffällig Kontakt mit Sidney und mir aufnehmen konnte. Ich starrte ihn weiterhin an; wartete auf weitere Erklärungen.
    Er wirkte leicht verwirrt. »Oh. Ich hatte gedacht, das wäre angesichts der Umstände ganz eindeutig. Es tut mir leid, wenn ich für Durcheinander gesorgt habe.«

    »Aber Florio.«

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