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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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pulsierte oder wenn er sich so still verhielt wie eine Katze vor einem Mauseloch.
    »Also gingt Ihr in Mercers Kammer, um die Papiere an Euch zu bringen, bevor Thomas es tun konnte?«, fragte ich Jerome, doch er winkte nur ungeduldig ab.
    »Ich hatte keine Ahnung, dass Thomas davon wusste. Nachdem Mercer gedroht hatte, mich auffliegen zu lassen, war mir klar, dass mir diese Briefe immer gefährlich werden konnten: Edmund Allens gesamte Korrespondenz mit Reims bezüglich meiner Mission und die Regnans in Excelsis -Bulle befanden sich in seinen Händen. Aber mir blieb kaum Zeit, seinen Raum zu durchsuchen, ehe ich aus dem Fenster schaute und Euch über den Hof auf das Turmtreppenhaus zukommen sah. Ich musste mich auf dem Dach des Turms verbergen. Da wusste ich, worin Eure eigentliche Aufgabe in Oxford bestand.« Er nickte viel sagend und stemmte die Hände in die Hüften.
    »Ich hatte keine Aufgabe «, entrüstete ich mich, obwohl mir das Herz bis zum Hals schlug. »Ich wollte nur herausfinden, warum ein Mann einen so furchtbaren Tod sterben musste – was
all seine Kollegen nicht zu interessieren schien. Ich habe lediglich nach Hinweisen dafür gesucht, wen er treffen wollte und warum er so viel Geld bei sich getragen hatte.«
    Jerome senkte den Blick. Zum ersten Mal wirkte er schuldbewusst.
    »Thomas bat mich nur, Mercer an diesem Morgen in den Hain zu locken. Ich hatte ihm weisgemacht, ich wäre der Ansicht, unter diesen Umständen nach Frankreich zurückkehren zu müssen, und ihn gebeten, mir etwas von dem Geld zurückzugeben, das er im Namen der Mission für mich aufbewahrte, damit ich die Reise bezahlen konnte.«
    »Aber was war mit Coverdale?« Ich blickte von Jerome zu Thomas. »Hat er die Affäre mit Sophia ebenfalls herausgefunden ?«
    »Über Coverdale solltet Ihr lieber Thomas befragen.« Jerome biss die Zähne zusammen.
    »Diese Schlange«, flüsterte Thomas. Der Klang seiner Stimme nach seinem langen Schweigen ließ mich zusammenzucken. »Coverdale verlangte vom Rektor, mich von der Universität zu verweisen. Er fürchtete, ich könnte zu viel wissen und sie aus Rache verraten. Aber der Rektor zeigte zumindest ein wenig Mitgefühl und ließ mich bleiben, aber es war Coverdales Schuld, dass ich mein Stipendium verlor und auf seine Mildtätigkeit angewiesen war.« Er nickte zu Jerome hinüber. »Nun, James Coverdale hat erfahren, wie Rache aussieht. Er war schon immer ein Feigling, er kreischte wie ein Mädchen, als ich ihm das Rasiermesser zeigte, und bepisste sich.«
    »Also habt Ihr beschlossen, auch ihn wie einen Märtyrer darzustellen, weil Ihr seinen Glauben verabscheut habt?«
    Thomas lächelte und blinzelte mir zu wie ein Kind, das bei einem Schabernack ertappt worden war.
    »Als Jerome mir auftrug, seinen Bogen und die Pfeile zum Tresorraum zu bringen, kam mir die Idee mit dem heiligen Sebastian. Ich dachte, wenn die Todesfälle ein bestimmtes Muster aufwiesen, würde diese Bande noch mehr Angst bekommen.
Ich fragte Doktor Coverdale, ob ich später noch allein mit ihm sprechen könnte. Er hatte Angst, ich wäre gekommen, um mit ihm zu verhandeln, aber er hat nicht im Entferntesten mit dem gerechnet, was dann geschah.« Thomas schlang die Arme um seinen Oberkörper, wiegte sich hin und her und öffnete den Mund zu einem lautlosen Lachen. »Ich brauchte diese Briefe ebenfalls. Diese Kammer hat einst meinem Vater gehört, erinnert Ihr Euch? Ich wusste, wenn ich die Papiere in die richtigen Hände geben könnte, wäre das sein Ende.« Er deutete auf Jerome.
    »Das verstehe ich nicht«, erwiderte ich. »Wenn Ihr Jerome auffliegen lassen wolltet, warum habt Ihr dem Rektor nicht längst alles gesagt, was Ihr wisst? Ihr hättet zwei unschuldige Leben retten können.«
    Thomas warf mir einen verächtlichen Blick zu.
    »Und mein eigenes verlieren? Ich hätte Euch für klüger gehalten, Doktor Bruno. Versteht Ihr denn nicht, dass ich von ihm abhängig war? Ich konnte nichts unternehmen, bevor ich nicht einen anderen Platz für mich gefunden hatte. Und vielleicht kennt Ihr die Gesetze dieses Landes nicht. Einem Jesuiten zu helfen, ihn zu beherbergen oder sonst wie zu unterstützen ist ein Verbrechen, auf das die Todesstrafe steht. Als sein Diener zu leben, seine Shillinge zu nehmen, seine Rolle glaubhaft wirken zu lassen – was ist das denn, wenn keine Hilfe? Und wenn ich nicht kraft des Gesetzes hingerichtet worden wäre, hätte dieser Hurensohn Jenkes mich getötet, wenn ich Gabriel verraten hätte.

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