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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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Licht da«, flüsterte ich mit zitternder Stimme. Er nickte knapp, bevor er mir das Tuch über den Mund band, dann wandte er sich ab und trat zu der Öffnung, die in den kleinen Raum führte. Ich sah zu, wie seine teuren Lederstiefel in dem Lichtquadrat verschwanden, ehe die Luke nahezu unhörbar geschlossen wurde und ich allein zurückblieb, eingemauert in die Wand des Hauses, unfähig, mich zu bewegen oder zu sprechen, und mir vorkam wie lebendig begraben.
    Das Letzte, woran ich mich erinnere, ist, dass ich sogar erleichtert gewesen wäre, Jenkes zu sehen, während ich gegen das Gefühl ankämpfte, dass meine Brust bis zum Bersten anschwoll und mein Atem hinter meinen Rippen gefangen war wie ich in
dem Priesterloch; das Bild, das die flackernde Kerze zeichnete, wurde immer verschwommener, ich verlor alles Empfinden in Armen und Beinen, und mich überkam eine seltsame, willkommene Leichtigkeit, als befände ich mich unter Wasser, das mich aus dem flackernden Licht in die Dunkelheit trug.

21
    Ich kam abrupt wieder zu mir, als ich hart mit der Seite auf dem Ziegelboden aufschlug. Die Kerze war schon lange heruntergebrannt, aber durch die offene Falltür fiel schwaches Licht. Ich blinzelte, konnte aber nur Schatten wahrnehmen. Ein Paar kräftiger Arme zerrte mich zu der Luke hoch, wo mich andere Hände unter den Achseln packten und mich aus dem Loch zogen. Benommen und nur halb bei Bewusstsein, wie ich war, zwinkerte ich und versuchte, die Augen zu öffnen. Ich erwartete, in das triumphierende Gesicht von Rowland Jenkes zu blicken, aber der Mann, der mich aus dem Versteck befreit hatte, trug eine Art Soldatenuniform, die ich nicht kannte. Er stieß mich unsanft die Stufen zu der jetzt von hellem Sonnenlicht erleuchteten Kammer hinunter. Ich stolperte und landete vor den Füßen eines kleinen, hellhaarigen Mannes mit einem Fuchsgesicht und einem sauber gestutzten Bart. Der Mann, der ein grünes Wams trug, strich sich über den Bart, musterte mich einen Moment befriedigt und nickte dann. Sein Kamerad in der Soldatenuniform griff nach seinem Dolch und hob ihn zu meinem Gesicht. Ich versuchte, den Kopf wegzudrehen und durch den Knebel zu schreien, doch der Soldat schob die Klinge nur unter das Tuch, schnitt es durch und entfernte die Überreste von meinem Mund.
    »Das ist er, Sir«, erklang eine andere Stimme. Ich blickte auf und erkannte den Mann, der mir das Osttor von Oxford geöffnet hatte. Er trug noch immer seine Wachpostenlivree.

    »So«, begann der fuchsgesichtige Mann. »Wo ist dein Komplize ?«
    Ich starrte ihn verständnislos an.
    »Antworte mir, du Papistenhund!« Das Fuchsgesicht trat mir mit voller Wucht in den Magen.
    »Ich verstehe nicht«, keuchte ich, verzweifelt nach Atem ringend.
    »Was hast du gesagt?« Der Mann trat vor und beugte sich zu mir, bis sein Gesicht dem meinen ganz nah war. »Sprich anständiges Englisch, du stinkendes Stück Scheiße.«
    »Ich habe keinen Komplizen«, krächzte ich.
    »Was ist das für ein seltsamer Akzent?«
    »Ich bin Italiener. Aber …«
    »Wie ich dachte. Zweifellos von den Jesuiten in Rom geschickt. Nun, wir haben Euer Versteck ausgehoben, Padre. Ich fürchte, Lady Tollings Diener sind nicht alle so loyal, wie sie dachte. Weißt du, wer ich bin?«
    »Nein, aber ich bin kein Jesuit …«, begann ich, doch der Mann hob eine Hand und schlug mir ins Gesicht.
    »Schweig! Du bekommst noch genug Gelegenheit, dich zu verteidigen, nachdem du uns gesagt hast, wo wir deinen Freund finden. Ich bin Master John Newell, Grafschaftsunterherold von Oxfordshire. Und jetzt will ich deinen Namen wissen, und verschwende unsere Zeit nicht mit falschen Angaben. Früher oder später bekommen wir die Wahrheit ohnehin aus dir heraus.«
    Trotz meines brennenden Gesichts verspürte ich abgrundtiefe Erleichterung. Der Mann war widerlich, aber im Moment hätte ich ihn umarmen und küssen können. Dass er Bewaffnete mitgebracht hatte, konnte nur bedeuten, dass meine Botschaft Sidney erreicht und er die Behörden informiert hatte, doch die Soldaten schienen zu spät gekommen zu sein, um Jerome und Sophia an der Abreise zu hindern.
    »Ich bin Doktor Giordano Bruno aus Nola.« Ich versuchte, mich aufzurichten und etwas von meiner Würde zurückzuerlangen.
»Ein Gast der Universität von Oxford, ich reise mit der königlichen Abordnung.«
    »Du lügst«, gab Newell kalt zurück. »Du bist einer von Lady Tollings Priestern. Aber wo ist der andere? Der Diener, den wir zum Reden gebracht haben,

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