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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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Stimme heraus und fragte mich, ob es Sidney ebenso ging, denn ich spürte, wie sich seine Schultermuskeln anspannten.
    »Sophia? Wirklich? Dann hat sie ihn aus freien Stücken verraten ?«
    »Ja. Sie hat herausgefunden, dass er plante, sie auf dem Weg nach Frankreich einen tödlichen Unfall erleiden zu lassen, und hat mich um meine Hilfe gebeten.«
    Eine kurze Zeit waren nur der Hufschlag des Pferdes und das Klirren der Rüstungen der Reiter hinter uns zu hören. Sidney schien angestrengt zu überlegen. Nach einer Weile drehte er den Kopf zu mir.
    »Ist das die Wahrheit, Bruno?«
    »Ja.«
    »Dann hat sie sich dadurch vielleicht gerettet. Allerdings würde es nicht gerade gut aussehen, wenn ihre Geschichte von deiner abweicht. Worüber du nachdenken solltest, ehe du sie jemand anderem erzählst.« Er ließ den Satz in der Luft hängen. Der warnende Unterton in seiner Stimme entging mir nicht.
    »Was wird mit Lady Tolling geschehen?«, wechselte ich rasch das Thema, bevor er mich weiter bedrängen konnte.
    »Ihr Landsitz wird beschlagnahmt, und sie sowie die Katholiken in ihrem Haushalt werden ins Gefängnis gesteckt. Wenn sie bereit ist zu reden, schenkt man ihr vielleicht das Leben.«
    Ich dachte an die hochgewachsene, elegante Frau, die uns so gelassen in ihrer großen Torhauskammer empfangen hatte, einem Raum, den ihre Erben meinetwegen nun niemals besitzen werden. Von den Personen, die sich darin aufgehalten hatten, würde ich vielleicht der einzige Überlebende sein, wenn Lady Tolling, Jerome und Sophia verhaftet und verurteilt worden wären. Ich konnte nur hoffen, dass Sophia so viel Verstand besaß, Jerome ihre Hingabe nicht dadurch zu beweisen, dass sie
ihm in das Märtyrertum folgte, denn dann hätte ich sie, indem ich versucht hatte, sie zu retten, einem weit grausameren Tod ausgeliefert, und Sidney und Walsingham würden wissen, wie leicht man mein Mitleid wecken konnte und wie leicht ich mich von meinen Gefühlen zu Unwahrheiten verleiten ließ.
    »Und was ist mit uns?«, fragte ich, als der Untergrund fester wurde und Sidney das Pferd antrieb, sodass ich zur Seite rutschte und mich krampfhaft an seinen Schultern festhalten musste.
    »Sowie du dich ausgeruht hast, kehren wir über den Wasserweg nach London zurück«, erwiderte er. »Der Palatin hat genug von Oxford, aber ich habe ihn überredet, noch einen Tag zu bleiben, weil er dann den Luxus genießen kann, per Boot zurückzureisen. Sobald Gilbert dort im Kerker sitzt, brauchst du dir wegen der Untersuchung von Roger Mercers Tod keine Sorgen mehr zu machen, du musst nicht aussagen. Du solltest ohnehin möglichst wenig Aufmerksamkeit auf dich lenken. Je weniger du öffentlich mit den Umständen von Gilberts Überführung und Verhaftung in Verbindung gebracht wirst, desto leichter kannst du deine Rolle weiterspielen. Aber keine Angst, mein Freund, du wirst großzügig belohnt werden«, fügte er hinzu, als müsse das meine Hauptsorge sein.
    Großzügig belohnt, dachte ich, als die ersten Häuser von Oxford in der Ferne in Sicht kamen. Ich war knapp mit dem Leben davongekommen, aber andere würden dieses Glück nicht haben, und ehe wir London erreichten, würde ich entscheiden müssen, wie viel ich Walsingham von dem erzählen sollte, was ich wusste. Ich war immer noch der Überzeugung, dass Jerome Gilbert beabsichtigt hatte, Sophia aus dem Weg zu räumen, obwohl er das so heftig abgestritten und Sophia ihm so unerschütterlich vertraut hatte. Aber es fiel mir schwer zu glauben, dass Gilbert eine Gefahr für den englischen Staat darstellte, genauso wenig wie ich Lady Tolling wegen ihrer Unterstützung missionarischer Priester für eine Landesverräterin hielt. Und während es mir nicht leidtun würde, Jenkes am Galgen baumeln zu sehen, zögerte ich, den gutmütigen, begriffsstutzigen Humphrey Pritchard
und den ernsten Bibliothekar Richard Godwyn den Folterknechten auszuliefern. Walsingham hatte mich gewarnt, dass ich derartige Wahlen würde treffen müssen, und ich musste mich des Vertrauens würdig erweisen, das er in mich setzte, wenn ich hoffen wollte, die Gunst der Königin zu erlangen. Mit dem Leben anderer Menschen Politik zu betreiben war ein Teil des Weges nach oben, aber hierin bestand, wie ich allmählich zu begreifen begann, die wahre Ketzerei. Die einzige Belohnung, die ich mir jetzt wünschte, war, dass Sophia die Chance nutzte, die meine Lüge ihr bot, und nicht Märtyrertum als Ersatz für Liebe betrachtete.

22
    Am nächsten Tag wurde ich

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