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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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ab, zog sein Schwert und ging auf die Männer los, die jetzt versuchten, die Riemen zu zerschneiden, mit denen unser Gepäck auf die Pferde geschnallt war.
    Der Mann, den ich angegriffen hatte, brüllte und holte aus, als ich seinen Arm packte, wodurch der Hieb ins Leere ging und es dem Diener gelang, die Pferde vorwärtszutreiben. Ein anderer Gegner rückte mir mit einem primitiven Messer auf den Leib und traf mich damit am Bein, als ich nach ihm trat. Wutentbrannt ließ ich mich zu Boden fallen und wollte mit meinem eigenen Messer zustechen, erhaschte aber aus den Augenwinkeln heraus eine Bewegung, die mich ablenkte. Ich fuhr gerade noch rechtzeitig herum, um zu sehen, dass der größere Mann mit seinem Knüppel auf mich losgehen wollte. Rasch bohrte ich das Messer in die fleischige Unterseite seines Oberarms. Er jaulte vor Schmerz auf, ließ den Arm sinken und presste die andere Hand auf die Wunde. Ich nutzte meinen Vorteil sofort und stieß ihm das Messer in die Hand, die den Prügel hielt. Dieser fiel mit einem dumpfen Aufprall zu Boden, und ich wandte mich zu dem zweiten Mann, der immer noch sein rostiges Messer auf mich richtete, jetzt aber weit weniger entschlossen
wirkte. Lauthals auf Italienisch fluchend stürmte ich auf ihn zu, täuschte den Angriff aber nur vor. Er fiel auf die Finte herein, glitt aus und stürzte. Ich versetzte ihm einen wuchtigen Tritt in die Magengrube, stellte mich dann breitbeinig über ihn und hielt ihm mein Messer an die Wange.
    »Lass deine Waffe fallen und verschwinde dorthin, wo du hergekommen bist, ehe ich meine Meinung ändere«, zischte ich. Er rappelte sich wortlos auf, wäre in seiner Hast beinahe erneut ausgeglitten und verschwand in Richtung der Büsche. Im nächsten Moment zerriss ein markerschütternder Schrei die Luft. Ich blickte auf und sah einen von Sidneys Gegnern langsam auf die Knie sinken, während ihm der Dichter sein Schwert aus der Seite zog. Der andere Angreifer betrachtete den zusammengesunkenen Körper seines Kameraden voller Entsetzen, dann kroch er, so schnell er konnte, in das Unterholz. Sidney wischte das Schwert an dem feuchten Gras am Rand der Straße ab und schob es schwer atmend in die Scheide zurück.
    »Ist er tot?«
    Sidney zuckte abfällig die Schultern.
    »Er wird es überleben«, erwiderte er mit zusammengepressten Lippen. »Aber er wird es sich zwei Mal überlegen, ehe er diesen Trick erneut versucht. Diese Straße ist für Überfälle von Banditen berüchtigt, wir hätten vorsichtiger sein sollen. Aber du hast dich gut gehalten, Bruno«, fügte er bewundernd hinzu. »Nicht übel für einen Mann Gottes.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob mich Gott noch als einen solchen betrachtet. Freilich, ich bin drei Jahre lang kreuz und quer durch Italien geflohen, da lernt man, sich zu verteidigen.« Ich säuberte Paolos Messer gleichfalls mit Gras, dabei dankte ich meinem alten Freund aus der Zeit hinter Klostermauern stumm für seine Voraussicht. Es war nicht das erste Mal, dass diese Waffe mich vor Schaden bewahrt hatte.
    Sidney nickte nachdenklich.
    »Jetzt fällt es mir wieder ein – in Padua hast du irgendetwas von einem Kampf in Rom erzählt, in den du verwickelt warst.«
Er sah mich erwartungsvoll an. Ein leises Lächeln spielte um seine Lippen.
    Ich antwortete nicht sofort, sondern drehte das Messer in den Händen, während der Regen an meinem Hals herunter in meinen Kragen rann. Dies war ein dunkler Punkt in meiner Flüchtlingsvergangenheit, den ich lieber vergessen würde. In England sollte man mich als berühmten Philosophen vom Pariser Hof kennen, nicht als Mann, der in Italien wegen des Verdachts der Ketzerei und des Mordes verfolgt worden war und im Untergrund gelebt hatte.
    »In Rom hat mich jemand für Geld an die Inquisition verraten. Aber ich war schon aus der Stadt geflohen, als man seinen Leichnam aus dem Tiber fischte«, erwiderte ich endlich.
    Sidney lächelte verschlagen.
    »Und hattest du ihn getötet?«
    »Der Mann war ein notorisch zanksüchtiger Mensch, wie ich hörte. Ich bin Philosoph, Philip, und kein Meuchelmörder«, gab ich zurück, dabei schob ich das Messer wieder in den Gürtel.
    Der Diener, den ich gerettet hatte, saß ein Stück vor uns noch im Sattel und hatte Mühe, die Zügel unserer beiden stampfenden, schnaubenden und vor Angst die Ohren anlegenden Pferde zu halten. Der andere Mann hatte einen Schlag gegen den Kopf bekommen, als die Räuber uns überrumpelt hatten. Wir mussten ihm in den Sattel helfen, wo er

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