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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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Hand gegangen – er bat mich, dafür zu sorgen, dass Doktor Mercers Schlüssel zuverlässig zurückgegeben werden. Ich nehme an, das bezog sich auf Euch?«
    Beim Anblick des Schlüsselrings hellte sich die Miene des alten Pförtners vor Erleichterung auf.
    »Dem Himmel sei Dank! Wenigstens haben wir diese beiden wieder! Allmählich glaube ich, die Schlüssel bekommen hier Beine.«
    »Habt Ihr denn keine Zweitschlüssel?« Ich zog behutsam die Tür hinter mir zu.
    »Doch, Sir, aber der Zweitschlüssel zu Doktor Mercers Kammer ist vor ein paar Tagen von meinem Schlüsselbrett verschwunden – was mir merkwürdig vorkam, denn Doktor Mercer hatte mich nie um ihn gebeten, und ich bin selten außerhalb des Pförtnerhauses anzutreffen. Ich dachte, vielleicht hat der Quästor ihn ja gebraucht, um schnell mal in die Stahlkammer zu gelangen – dazu muss man nämlich durch die Kammer des stellvertretenden Leiters gehen, müsst Ihr wissen –, doch er sagt, er weiß nichts davon.« Wieder schüttelte er den Kopf. »Die Fellows sind schlimmer als die Studenten, wenn Ihr mich fragt, ständig verlegen sie ihre Schlüssel. Ihnen scheint nicht klar zu sein, dass neue Schlüssel Geld kosten.«
    »Bewahrt Ihr hier Zweitschlüssel zu allen Räumen der Universität auf?«
    »Gewiss, Sir – ich zeige es Euch.« Der alte Mann erhob sich
mit einem bedenklichen Pfeifgeräusch aus seinen Lungen und schlurfte auf einen niedrigen hölzernen Schrank an der Wand hinter seinem Schreibtisch zu. Stolz riss er beide Türen auf und gab den Blick auf zahlreiche an Haken aufgereihte Eisenschlüssel in verschiedenen Formen und Größen frei. Jeder war mit einer Kombination aus Buchstaben und Zahlen beschriftet.
    »Ah.« Cobbett tippte gegen eine Seite seiner roten Knollennase. »Ich habe ein System entwickelt, um zu verhindern, dass sie in die falschen Hände fallen, seht Ihr? Würde ich sie mit Turmkammer , Bibliothek und so weiter kennzeichnen, würde es den Jungen zu leichtfallen, sich hier hineinzuschleichen und sich zu bedienen, wenn ich schlafe oder mich gerade in der Latrine erleichtere oder was auch immer. Also habe ich einen Code ausgearbeitet – schon vor vielen Jahren. Wenn jemand einen Schlüssel verliert, kommt er zu mir, und ich suche den Zweitschlüssel, aber niemand kann ihn stehlen, um irgendwo einzudringen, wo er nichts zu suchen hat, um irgendwelchen Unfug zu treiben.«
    »Demnach verfügt Ihr über einen kompletten Schlüsselsatz für alle Türen und Tore der Universität?«
    »Allerdings, Sir, es sei denn, die Leute verlieren sie wieder mal«, erwiderte er düster. »Der einzige, den ich nicht habe, ist der für den Tresorraum der Universität. In den gelangt man nur durch das Zimmer des stellvertretenden Rektors und über die Treppe im Turm, wie ich schon sagte, und nur der Rektor und der Quästor haben dafür einen Schlüssel. Das Schloss ist so konzipiert, dass niemand in die Stahlkammer gelangen kann, ohne dass mindestens eine weitere Person zugegen ist«, fügte er hinzu.
    »Und nur Ihr habt Schlüssel für die anderen Räume?«
    »Nein, Sir – der Rektor bewahrt ebenfalls einen kompletten Schlüsselsatz in seiner Wohnung auf, aber die gibt er nicht aus der Hand. Sowohl die Studenten als auch die Fellows müssen zu mir kommen, und nur zu mir.« Er schlurfte zurück zu seinem Stuhl und musterte mich neugierig.

    »Besitzt der Quästor einen Schlüssel zum Raum des stellvertretenden Rektors?«
    »Der Quästor?« Cobbett wirkte überrascht. »Nein, Sir – nur einen zur Stahlkammer, der Stellvertreter des Rektors muss ja da sein und ihn in den Turm einlassen. Zum Schutz vor Diebstahl, versteht Ihr?«
    »Doch was ist, wenn der Stellvertreter abwesend ist und der Quästor in den Tresorraum muss?«
    »Nun, dann müsste er zu mir kommen oder den Rektor bitten, ihn einzulassen. Warum interessiert Ihr Euch eigentlich so für die Schlüssel?«
    »Oh – ich habe mich nur gefragt, wie ein streunender Hund in den Garten gelangen konnte«, wich ich aus, obwohl ich mich gegenwärtig auch fragte, wie Slythurst an einen Schlüssel zu Roger Mercers privater Kammer gekommen war. War es ihm irgendwie gelungen, den Zweitschlüssel aus Cobbetts Pförtnerloge zu stehlen? Wer mochte außer dem Rektor noch einen dritten Schlüssel besitzen?
    »Ah.« Der Pförtner rieb sein stoppeliges Kinn. »Nun ja – ich muss gestehen, dass das mein Fehler war, ich muss vergessen haben, das Brasenose-Lane-Tor letzten Abend sorgfältig genug zu

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