KGI: Blutiges Spiel (German Edition)
die Mühe zu klopfen, sondern stürmte einfach hinein und rief Sophies Namen.
Mit Charlotte auf dem Arm kam Sophie um die Ecke, und Marlene sah die Sorge in den Augen ihrer Schwiegertochter. Sie breitete die Arme aus und drückte Mutter und Kind fest an sich.
»Wie geht’s dir?«, fragte Marlene.
Sophie setzte ein tapferes Lächeln auf. »Die Frage ist doch wohl eher, wie geht es dir ? Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie du das aushältst. Andauernd verschwinden deine Jungs irgendwohin, und du hast keine Ahnung, ob mit ihnen alles in Ordnung ist.« Ein kurzer sichtbarer Schauder überlief sie, und Marlene griff nach Charlotte, um sie ihr abzunehmen.
»Ach, mir geht’s gut. Natürlich mache ich mir Sorgen, aber daran gewöhnt man sich.« Sie lächelte auf ihre Enkeltochter herunter, und Liebe, eine so tiefe, innige Liebe überflutete ihr Herz. »Sie ist so wunderschön, Sophie.«
Sophie lächelte, aber ihr Lächeln war müde und angestrengt vor Anspannung. Marlene straffte die Schultern und musterte ihre Schwiegertochter. »Ich möchte, dass du alles einpackst, was ihr für ein paar Tage benötigt. Dann werden wir gemeinsam Rachel abholen und uns im Kelly-Hauptquartier einigeln, wie ich es gerne nenne. Ja, ja, ich weiß, dass Sam seine Kommandozentrale hier hat, aber ganz ehrlich: Mein Haus war und wird für immer das Hauptquartier der Kellys sein. In Zeiten wie diesen muss eine Familie zusammenhalten.«
Erleichterung leuchtete in Sophies Augen auf, und ihre Schultern sanken ein klein wenig nach unten. »Marlene, das klingt wundervoll. Jetzt allein zu sein … na ja, es wäre wirklich ätzend.«
Marlene lachte. »Natürlich wäre es das. Du hast ein neugeborenes Baby. Du bist müde. Und dein Ehemann ist losgezogen, um meinen Dummkopf von Sohn zu retten, der immer meint, er käme allein klar. Hol deine Sachen. Das wird eine Riesenpyjamaparty, und wir treiben Frank in den Wahnsinn. Höchstwahrscheinlich wird er das Weite suchen, noch bevor das Ganze vorbei ist.«
Sophies Lächeln erhellte ihr ganzes Gesicht. »Gib mir eine Sekunde, damit ich alles für Charlotte zusammensuchen kann.«
Während Sophie ihre Sachen packte, setzte sich Marlene auf das Sofa und beobachtete ihre schlafende Enkeltochter. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, machte sie sich mehr Sorgen um Rachel, und deshalb hatte sie nicht die Absicht, eine ihrer Schwiegertöchter die nächsten Tage allein zu lassen. Ethan blieb an den meisten Tagen noch immer in Rachels Nähe, und wenn er doch einmal wegmusste, um einen Auftrag zu erledigen, sorgte Marlene dafür, dass sie nicht allein war. Dann kümmerte sich die ganze Familie um sie, allen voran Garrett.
Rachel und Garrett verband eine besondere Beziehung. Nun wurde Garrett vermisst, und Ethan machte sich auf ins Ungewisse, daher mochte Marlene sich gar nicht erst vorstellen, wie aufgewühlt Rachel sein musste.
Und auf keinen Fall wollte sie, dass Rachel oder Sophie erfuhren, wie beunruhigt sie selber war. Natürlich hatte sie vor Sophie eine Show abgezogen und behauptet, es sei alles bloß eine Sache der Gewöhnung. Aber konnte sich eine Mutter jemals daran gewöhnen, sich von ihren Söhnen zu verabschieden, ohne zu wissen, ob sie überhaupt zurückkommen würden? Dies war eine Angst, mit der sie tagtäglich lebte.
Garrett war ein Einzelgänger, autark und unerschütterlich. Auf ihn konnte man sich stets verlassen, wenn es drauf ankam. Doch jetzt war er selber in Not, und Marlene konnte das ungute Gefühl in ihrer Magengegend einfach nicht loswerden.
Sophie kam mit einer riesigen Babytasche zurück, die sie sich über die Schulter gehängt hatte. In der Hand trug sie zusätzlich eine Tasche mit ihren Sachen. »Ich bin so weit.«
Marlene stand auf. »Wir nehmen meinen Van. Frank hat mir einen Kindersitz für Charlotte eingebaut.«
Eilig verließen die Frauen das Haus, und Marlene setzte Charlotte in den Kindersitz auf der Rückbank. Sie verstauten Sophies Taschen im Kofferraum. Als Marlene zur Fahrerseite gehen wollte, hielt Sophie sie auf und umarmte sie überschwänglich.
»Danke«, flüsterte Sophie. »Ich habe Sam gesagt, dass er gehen soll. Ich wollte, dass er ging. Aber nachdem er weg war, konnte ich nur noch daran denken, dass ich nicht allein in diesem Haus bleiben wollte. Ich würde wahnsinnig werden vor Angst, dass irgendetwas Schreckliches passiert.«
Marlene erwiderte ihre Umarmung. »Gern geschehen, mein Schatz. Dafür ist die Familie schließlich da.«
Als Sophie
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