KGI: Dunkle Stunde (German Edition)
du.«
Marlene griff nach ihrer Handtasche, holte die Autoschlüssel heraus und ging auf die Tür zur Garage zu. »Na los, steh auf und komm.«
Rusty rutschte vom Hocker herunter und rieb sich die Hände nervös an den Hosenbeinen ab. »Wohin fahren wir?«
»Wir kaufen dir was zum Anziehen. Und Schuhe. Vielleicht gehen wir bei der Gelegenheit auch gleich zum Friseur.«
Rusty runzelte die Stirn und fuhr sich mit der Hand skeptisch durch die langen Strähnen. »Stimmt was nicht mit meinen Haaren?«
»Kommt drauf an, ob du unbedingt wie ein rosa Truthahn aussehen willst«, erwiderte Marlene trocken. »Ich weiß, die Jugend von heute hat einen seltsamen Modegeschmack, aber glaub mir: Diese Frisur ist wirklich keine gute Idee.«
Als sie wieder in die Auffahrt einbogen, war es bereits dunkel. Frank kam ihnen in der Garage entgegen und nahm ihnen die Taschen ab. Bei Rustys Anblick riss er verblüfft die Augen auf.
Marlene strahlte vor Stolz. »Habe ich dir nicht gesagt, er erkennt dich nicht wieder?«
Rusty zog den Kopf ein. Sie sah aus, als wäre sie am liebsten im Erdboden versunken. Ihr Selbstvertrauen war zutiefst erschüttert, aber Marlene würde alles daransetzen, es schnell wieder aufzubauen.
»Nett siehst du aus«, sagte Frank widerstrebend. »Wie eine junge Dame und nicht mehr wie irgendein Punk.«
Bei dem zweifelhaften Kompliment musste Rusty grinsen.
»Im Kofferraum sind noch mehr Tüten«, sagte Marlene und ging in die Küche.
»Du hast wohl den ganzen Laden leer gekauft«, knurrte Frank.
»Fast. So viel Spaß beim Einkaufen hatte ich nicht mehr, seit ich das letzte Mal mit Rachel unterwegs war.«
Die Worte waren ihr einfach so herausgerutscht, und ihre Lippen begannen zu zittern. Frank drückte ihr im Vorbeigehen den Arm und eilte dann hinaus in die Garage.
»Was ist mit Rachel passiert?«, fragte Rusty. »Sie haben sie schon mal erwähnt.«
Marlene seufzte. »Sie war mit meinem Sohn Ethan verheiratet.«
»Haben die beiden sich scheiden lassen?«
»Nein. Sie ist vor einem Jahr gestorben«, erwiderte Marlene leise.
Rusty trat von einem Fuß auf den anderen. »Das tut mir leid.«
Marlene lächelte. »Lass nur. Ich sage Ethan dauernd, dass das Leben weitergehen muss, dabei halte ich mich nicht mal selbst an meine Ratschläge.«
»Sie haben sie sehr gemocht.«
Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
»Ja.«
Frank kam mit den restlichen Tüten zur Tür herein, und Marlene sagte zu Rusty: »So, junge Dame, du gehst jetzt nach oben und packst aus. Das Badezimmer hinten im Flur ist ab sofort deins. Bei dem vielen Make-up und den Sachen für dein Haar wirst du vermutlich bis zur Schlafenszeit mit Einräumen beschäftigt sein.«
Einen Moment lang blieb Rusty stocksteif stehen. Wieder trat sie verlegen von einem Fuß auf den anderen, sah erst Frank und dann Marlene an und stieß schließlich hervor: »Danke. Also, was ich sagen wollte … na ja, danke.«
Marlene tätschelte ihr den Arm. »Gern geschehen, wirklich.«
9
Als Donovan den Hubschrauber auf dem unbefestigten Flecken Erde neben einem unscheinbaren Steingebäude landete, kam eine Frau in weißem Kittel aus dem Haus gelaufen und schirmte dabei mit einer Hand ihr Gesicht ab.
Ethan zog Rachel an sich, während Sam raussprang und der Frau – Dr. Maren Scofield – geduckt entgegenrannte. Seine Brüder hatten ihm von ihr erzählt. KGI hatte sie bei einem dramatisch verlaufenen Geiseldrama gerettet. Sie war als Einzige mit dem Leben davongekommen. Im Anschluss daran hatte sie Afrika verlassen und ihre Klinik in einem armen Landstrich in Costa Rica aufgebaut.
Kurz darauf kam Sam mit Dr. Scofield zurück. Sie steckte den Kopf in den Transportraum, um sich einen Überblick über die Verletzten zu verschaffen. Dann deutete sie auf Cole.
»Ihn als Ersten. Vorderes Untersuchungszimmer.« Sie blickte zu Rachel, weiter zu Dolphin und schließlich zu Steele. Sie zeigte auf Steele. »Zweites Untersuchungszimmer.« Dann auf Dolphin. »Bringt ihn nach hinten. Ich habe ein fahrbares Röntgengerät. Mal sehen, ob ein paar Rippen gebrochen sind.«
Stöhnend schüttelte Cole den Kopf, und auch Dolphin rührte sich nicht.
»Sehen Sie sich erst Rachel an«, sagte Steele.
Überrascht schaute Dr. Scofield zu Rachel, dann wieder zu den Männern, als wollte sie herausfinden, wie ernst es ihnen war. »Ich bin der Meinung, dass als Erstes die Schusswunden versorgt werden sollten.«
Mit schmerzverzerrtem Gesicht hob Cole die Hand. »Rachel hat
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