KGI: Tödliche Rache (German Edition)
im Aufwachraum. Sie sagen, ich kann zu ihm, sobald er zu sich kommt, aber das dauert wohl noch mindestens eine halbe Stunde. Ich wollte erst mal sehen, wie es dir und Sophie geht.«
»Danke. Mir geht’s gut.«
»Ich brauche wohl nicht zu fragen, ob du sie mit nach Hause nimmst«, sagte Marlene lächelnd.
»Sie geht nirgendwo anders hin – nur über meine Leiche.«
Träumerisch blickte Marlene auf den Monitor. »Ich muss zugeben, ich hätte nie gedacht, dass du mir als Erster ein Enkelkind bescherst, aber eigentlich passt es ja. Du bist der Älteste.«
Sam beugte sich vor. »Habe ich dir das eigentlich schon erzählt? Nein, natürlich nicht. Wann hätte ich es auch tun sollen? Sie bekommt ein Mädchen. Ich habe es gesehen, als wir bei Dad im Krankenhaus waren.«
Marlene strahlte. »Ein Mädchen! Das wird ein Spaß werden. Die Kleine wird dich mit Leichtigkeit um den Finger wickeln.«
Sams Brustkorb weitete sich, und vor lauter Vorfreude wurde ihm ganz schwindelig. Vor seinem geistigen Auge tauchte ein kleines blondes, blauäugiges Mädchen auf. Das Ebenbild seiner Mutter.
»Das werden sie beide«, sagte er mit rauer Stimme.
Seine Mutter lachte leise. »Ja, da könntest du recht haben.«
Sie tätschelte seine Wange und warf noch einen letzten Blick auf Sophie. »Ich gehe jetzt zu Garrett. Vermutlich wird er übellauniger sein als eine hungrige Klapperschlange, wenn er aufwacht. Ich muss aufpassen, dass er nicht sämtliche Krankenschwestern in die Flucht schlägt.«
Sam lachte und stand auf, um sie zu umarmen. Er mochte sie gar nicht wieder loslassen – sie erschien ihm auf einmal unglaublich kostbar. Er konnte wirklich dankbar sein. Ohne Sophie wäre sie nicht mehr am Leben.
»Ich kann es organisieren, dass du schon vor uns nach Hause fliegst, damit du schneller bei Dad bist. Er braucht dich.«
Sie erwiderte seine Umarmung und zog ihn fest an sich. »Im Moment brauchen meine Söhne mich mehr. Ohne Garrett fliege ich nicht nach Hause. Dein Vater würde Zustände kriegen, wenn ich abreise. Er würde wollen, dass ich hierbleibe.«
Sie löste sich von ihm, packte seine Arme und sah ihn durchdringend an. »Ich weiß, dass du dir Sorgen um Sophie machst, aber du brauchst Schlaf, Sam. Selbst ein paar Stunden auf dem Stuhl wären schon besser als nichts. Du hast doch selbst gesagt, dass sie noch eine Zeit lang außer Gefecht sein wird.«
Sein Mundwinkel zuckte nach oben. »Okay, Mom. Ich werde ein bisschen schlafen. Ich verspreche es.«
Marlene tätschelte ihm noch einmal kurz die Wange, dann drehte sie sich um und ging aus dem Zimmer.
Als Sophie die Augen öffnete, fiel ihr Blick als Erstes auf Sam, der zusammengesackt auf einem Stuhl neben ihrem Bett saß. Sein Kopf war zur Seite gesunken in eine Position, die extrem unbequem aussah.
Sie lag auf der Seite, die eingegipste Hand ruhte auf ihrer Hüfte. Ihre andere Hand steckte unter dem Kissen. Ohne sich zu rühren, blieb sie still liegen und betrachtete den schlafenden Sam.
Er war nicht von ihrer Seite gewichen. Nicht während des Flugs im Hubschrauber und der Landung, und auch nicht in der Hektik der Notaufnahme, wo man unzählige Untersuchungen gemacht und der Geburtshelfer ihr schließlich versichert hatte, dass ihrem Baby nichts fehlte.
All das hatte Sam mit ihr gemeinsam durchgestanden, und seine Anwesenheit und seine Unterstützung waren ihr mehr Trost gewesen, als sie sich je hätte vorstellen können. Gesprochen hatten sie kaum miteinander. Sie waren nicht eine Sekunde lang allein gewesen, und jetzt, wo sie endlich ihre Ruhe hatten, brachte sie es nicht über sich, ihn zu wecken.
Er sah so erschöpft aus.
Vorsichtig legte sie die Hand mit dem Gips auf ihren Unterleib. Zu ihrer großen Freude stieß und trat das Baby sie und schlug einen Purzelbaum. Sie senkte den Blick auf ihren Bauch. Ihr wurde ganz warm ums Herz bei dem Gedanken, dass ihre Tochter lebendig und gesund war.
Als sie wieder hochschaute, saß Sam aufrecht da und sah sie forschend an. Sein Blick wanderte zu ihrer Hand.
»Hallo«, flüsterte sie.
»Selber hallo. Wie fühlst du dich?«
Er rückte den Stuhl näher ans Bett und legte ihr die Hand auf die Stirn. Sanft streichelte er ihren Kopf und beugte sich dann hinab, um sie auf eine Augenbraue zu küssen.
Ihr wurde ganz leicht ums Herz, und sie seufzte wohlig auf.
»Gut. Prima eigentlich. Vielleicht noch ein bisschen benommen, so als wäre ich körperlos. Das klingt vermutlich etwas komisch, aber ich fühle mich irgendwie,
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