KGI: Tödliche Rache (German Edition)
Himmel, Garrett. KGI kann sich so eine verfluchte Racheaktion nicht leisten.«
Garrett zuckte nur mit den Achseln. »Wer sagt denn was von Rache? Ohne diesen Scheißkerl wäre die ganze Welt besser dran. Er ist korrupt. Er ist ein Verräter.« Finster starrte er Sam an. »Er hat mein Team auf dem Gewissen. Während wir hier rumsitzen und warten, dass du den Arsch hochkriegst, könnten wir genauso gut was Sinnvolles tun. Wir könnten uns zum Beispiel Lattimer vorknöpfen.«
Dagegen gab es nicht viel einzuwenden. Sam konnte Garretts Wut gut nachempfinden. An seiner Stelle hätte er das Gleiche getan. Er konnte nur hoffen, seine Brüder würden ihn dann ebenso bremsen, wie er es nun mit Garrett tat.
»Garrett ist im Moment nicht das Problem«, mischte sich Donovan ein. »Sondern du. Du musst endlich in die Gänge kommen, denn wir brauchen wieder einen Auftrag, sonst zettelt Garrett noch auf eigene Faust einen Krieg an, um Lattimer aufzuspüren.«
Sam seufzte, drehte sich um und blickte erneut auf den See hinaus. Seine Brüder hatten recht. Er war mit den Gedanken nicht bei der Sache, und für KGI war das schlecht. Ihr Unternehmen hatte sich umfangreiche Kontakte zum Militär und zur Regierung aufgebaut. Die Kellys erledigten Aufträge für Behörden, die offiziell gar nicht existierten.
Den Job, Mouton auszuschalten, hatten sie Resnick zu verdanken, ihrem Verbindungsmann bei der CIA. KGI hatte zwar einen Waffentransport verhindert, Mouton selbst war ihnen jedoch entwischt. Das hieß, er war weiterhin im Geschäft und baute sein Netzwerk bestimmt schon wieder auf.
Zumindest vorläufig schien die US-Regierung geneigt, die Sache auf sich beruhen zu lassen.
Sam hasste unerledigte Fälle. Es widerstrebte ihm von Grund auf, einen Verbrecher, der in der Lage war, so viele Menschenleben zu vernichten, auf freiem Fuß zu wissen. Theoretisch ging es hier nicht um eine persönliche Angelegenheit. Mouton war lediglich ein Auftrag gewesen, aber für Sam war es in dem Moment persönlich geworden, in dem es ihm nicht gelungen war, dem Mann das Handwerk zu legen.
Er hätte nicht übel Lust gehabt, auf seine CIA-Kontakte zu scheißen und Mouton auf eigene Rechnung zu erledigen, aber es wäre ein zu hoher Preis gewesen, Uncle Sam deswegen zu verärgern.
Vielleicht hatte Donovan ja die richtige Idee gehabt. Vielleicht würden ihm Sonne, Sex und Urlaub den Kopf wieder zurechtrücken – und Sophie vergessen lassen.
Er hatte sich schon halb wieder zu seinen Brüdern umgedreht, als er aus dem Augenwinkel heraus etwas bemerkte, das ihn innehalten ließ. Ein Baumstamm trieb gemächlich auf dem See. Der Pegelstand war im Frühjahr immer recht hoch, weil die zuständige Behörde Wasser im See hielt, um die vom Regen angeschwollenen Flüsse und Bäche, die aus ihm hinausführten, nicht zusätzlich zu belasten. Die Unwetter und schweren Niederschläge der letzten Tage hatten ein Feld der Verwüstung hinterlassen, und noch immer trieben ganze Bäume im See. Aber da war etwas am Ende des Stamms, das Sams Aufmerksamkeit auf sich zog.
»Was ist denn das?«, brummelte er.
»Was ist was?«, fragte Garrett.
Doch Sam gab keine Antwort. Er sprang von der Veranda, lief auf den Anlegesteg zu und ließ sich auch von den erstaunten Rufen seiner Brüder nicht bremsen.
Vom Steg aus hechtete er, ohne nachzudenken, ins Wasser. Nach zwei Metern tauchte er wieder auf und schwamm, trotz der Kälte, die ihn wie ein Schock traf, zügig zur Mitte des Kanals.
Er packte den Stamm und zog sich an ihm entlang bis ans andere Ende. Dort hing der schlaffe Körper einer Frau, deren nasses, zerzaustes Haar ihr Gesicht vollständig bedeckte.
Einen Moment zögerte er aus Angst, die Starre des Todes zu spüren, wenn er sie berührte. Dann schüttelte er diesen lächerlichen Gedanken ab und packte sie bei den Schultern. Zu seiner Erleichterung war ihre Haut zwar kalt, aber weich, und sie reagierte auf Druck.
»Großer Gott, was ist denn mit der passiert?«
Sam wirbelte herum und sah, wie Garrett mit kräftigen Zügen auf ihn zukraulte.
»Hilf mir, sie ans Ufer zu bringen«, rief Sam und zog die Frau vom Baum weg.
Ihr Kopf fiel zur Seite, und er hielt ihr Gesicht hoch, damit sie kein Wasser in die Lungen bekam. Am Hals tastete er nach ihrem Puls. Er war schwach und unregelmäßig, aber spürbar.
»Meine Güte, jemand hat sie angeschossen«, sagte Garrett, als er zu ihnen aufgeschlossen hatte.
Jetzt sah auch Sam, dass ihr Arm blutüberströmt war. »Also los!«,
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