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Kill for Fun: Gnadenlose Geschichten (German Edition)

Kill for Fun: Gnadenlose Geschichten (German Edition)

Titel: Kill for Fun: Gnadenlose Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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gut! Du erinnerst dich ja doch.«
    »Na ja, es ist ziemlich vage.«
    »Darauf wette ich. Schwer, sich an jemanden zu erinnern, wenn man immer nur durch ihn durchgeguckt hat, als ob er gar nicht existiert.«
    »Hab ich das mit dir gemacht?«
    »Was glaubst du?« Er klang wie ein enttäuschtes Kind.
    »Tut mir leid«, entgegnete sie. »Ich wollte dich nicht ignorieren. Nimm’s nicht persönlich.«
    »Weißt du was, Sharon? Alles ist persönlich. Und alles hat Konsequenzen.«
    »Ich wollte dich nicht ignorieren. Wenn du mal zu mir gekommen wärst, mich angesprochen hättest, mir gesagt hättest, was du empfindest …«
    »Oh, sicher.«
    »Wolltest du denn mit mir ausgehen?«
    »Ich wollte, dass du mich bemerkst. Mich magst. «
    »Möglicherweise hätte ich das ja, wenn du mal auf mich zugekommen wärst. Was hätte ich denn tun sollen? Zu jedem einzelnen Jungen gehen, der mir über den Weg läuft, und ihn fragen, ob er mit mir gehen will?«
    »AUUUU!«, schrie Taffy.
    Sharon zuckte zusammen. »Hey!«
    » Taffy nimmt mich jedenfalls wahr. Stimmt’s, Taffy?«
    »Ja!«, platzte das Mädchen schluchzend heraus.
    »Lass sie in Ruhe!«, flehte Sharon. »Bitte. Tu ihr nicht mehr weh. Lass sie gehen. Das hier ist eine Sache zwischen dir und mir. Sie hat dir nichts getan. Komm schon, sie ist doch noch ein Kind. Lass sie gehen.«
    »Wer bin ich?«
    Die Zeilen eines alten Gedichts schwirrten ihr durch den Kopf. Ich bin niemand! Wer bist du? Lässt auch niemand dich in Ruh?
    »Woher soll ich wissen, wer du bist, wenn du dich nie vorgestellt hast?«
    »Das ist dein Problem.«
    »Das ist nicht fair!«
    Er lachte.
    »Es tut mir leid , dass ich dich ignoriert habe. Wirklich.«
    »Ich wette, das stimmt sogar. Jetzt. Hinterher tut es immer allen leid – wenn es ans Bezahlen geht. Aber es tut ihnen nie in dem Moment leid, wenn sie dich ignorieren. «
    »Aber du musst mich doch … gemocht haben, sonst wäre es doch nicht so schlimm gewesen. Du musst mich sehr gemocht haben. Richtig?«
    »Natürlich.«
    »Und du wolltest, dass wir Freunde sind. Du wolltest, dass ich deine Freundin bin. Du wolltest mit mir gehen. «
    »Ja.«
    »Na gut, nun hast du meine volle Aufmerksamkeit. Ich werde jetzt mit dir gehen. Jetzt sofort. Wir können zusammen zu Abend essen und … alles, was du willst. Okay?«
    »Zu spät. Es ist viel zu spät.«
    »Nein, ist es nicht.«
    »Sag mir, wer ich bin, oder ich fange mit dem Mädchen an.«
    »Aber das ist verrückt! Wie soll ich …?«
    Taffys Schmerzensschrei brachte sie zum Schweigen.
    12
    »Lass mich eine Minute nachdenken«, bat Sharon. »Ich erinnere mich wieder an dich. Jetzt muss mir nur noch dein Name einfallen.«
    Ganz vorsichtig, um nicht auf dem glitschigen Boden auszurutschen, eilte sie zum hinteren Büro – Mr. Hammonds privatem Reich – und zog leise die Tür auf.
    Auf dem Boden vor dem Schreibtisch des Anwalts lag ein Stapel mit Kleidung, genau, wie sie es erwartet hatte.
    Ein Haufen aus nackten Leichen im einen Büro, ein Haufen ihrer Habseligkeiten im anderen.
    Krank, dachte Sharon.
    Krank und abartig und irgendwie vertraut.
    Ich kenne deinen Namen, du Arschloch. Du bist Adolf. Oder vielleicht auch Heinrich.
    Sie war versucht, die Namen laut auszurufen, aber sie wusste, dass sie Taffy damit nur weitere Schmerzen bescheren würde. Außerdem könnte er den Unterschied in ihrer Stimme bemerken und wissen, dass sie sich bewegt hatte.
    Halt dich an den Plan.
    Sie eilte zu dem Klamottenhaufen und durchwühlte ihn.
    Was hat er angehabt?
    Jeans? Eine Tarnhose?
    Sie versuchte, sich vorzustellen, wie er in Klamotten ausgesehen hatte.
    Jeans?
    Denkbar. Wahrscheinlich.
    Sie fand Blusen, Socken, eine braune Handtasche, Schuhe, Höschen, Hosen, einen Rock, eine schwarze Handtasche, eine blaue Krawatte … Eine Menge Zeug. Sogar eine Brille. Mr. Hammonds Zweistärkenbrille.
    Sämtliche Kleidungsstücke von sechs Personen, von denen sich fünf im Büro nebenan tot aufeinanderstapelten, während der sechste mit Taffy und einem Gewehr draußen im Flur stand.
    Ich muss nur seine Hose in dem Haufen entdecken.
    Ob er zu einem Massaker wie diesem seine Brieftasche mitgebracht hatte?
    Nicht ausgeschlossen. Nach allem, was sie gelesen hatte, waren die meisten Kriminellen nicht unbedingt die Allerhellsten.
    »Sharon?«, fragte der Mann.
    Nicht antworten.
    Noch nicht.
    Da sie keine Jeans entdeckte – Jeans zu tragen, verstieß gegen Mr. Hammonds Vorschriften, auch freitags –, ging sie auf die Knie, legte die Pistole

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