Kill Whitey
Darryl mit dir etwas ausgeheckt? Ihr habt euch noch nie Gedanken um Kim gemacht. Was, zur Hölle, ist los?«
Wieder konnte ich nicht sprechen. Meine Kehle war wie zugeschnürt.
»Wir sehen uns bald«, brachte ich schließlich heiser hervor. »Geh zurück an die Arbeit, bevor du einen Anschiss bekommst.«
Damit beendete ich die Verbindung, starrte auf mein Handy und blätterte willkürlich durch das Adressbuch. Darryls und Jesses Namen flackerten über die Anzeige. Ich konnte nicht glauben, dass diese Scheiße wirklich passierte. Innerlich fühlte ich mich völlig taub. Vielleicht war es ein Schock, vielleicht eine Art Schutzmechanismus – mein Gehirn schaltete ab, weigerte sich darüber nachzudenken, was in den vergangenen Stunden geschehen war. Am liebsten hätte ich geweint, aber es stellten sich keine Tränen ein. Sonst hätte ich mich vielleicht besser gefühlt.
Irgendwann stellte ich fest, dass Sondra mich anstarrte. Ich steckte das Telefon in die Hosentasche und lächelte beruhigend. Sondra tätschelte mir die Hand und erwiderte das Lächeln.
»Was du denkst, Larry?«
»Ich wünschte, wir hätten zusätzlich zu den Waffen ihr Auto genommen.«
»Warum?«
»Weil es wesentlich einfacher wäre, sich mit Yul zu treffen, wenn wir nicht mit einem Wagen unterwegs wären, nach dem im Augenblick wahrscheinlich jeder Bulle im Staat sucht. Hast du ein Auto?«
»Nein. Whitey lässt uns nicht besitzen solche Dinge. Amerikanische Mädchen schon. Russische nicht.«
Seufzend lehnte ich mich zurück. Mir kam der Gedanke, dass ich die Waffen überprüfen sollte. Die 38er erwies sich als leer. Ich hatte die letzten Kugeln auf Whitey abgefeuert. Vacheslavs Pistole, die sich Sondra geistesgegenwärtig geschnappt hatte, war eine Glock 9mm. Ich brauchte einige Sekunden, bis ich herausfand, wie man das Magazin auswarf. Es befanden sich noch fünf Patronen darin. Ich schob es zurück in die Waffe.
»Was du noch denkst?«, fragte Sondra.
»Ich mache mir Sorgen um Webster.«
»Die flauschige Katze?«
»Ja. Die flauschige Katze. Wir mussten so schnell weg, dass ich keine Zeit hatte, klar zu denken. Als wir ... als wir Darryl gesehen haben, vergaß ich Webster völlig. Er ist immer noch dort.«
»Ich bin sicher, es ihm geht gut.«
»Vielleicht. Aber wenn die Polizei die Tür offen gelassen hat, kann er raus. Und wer soll sich um ihn kümmern? Zurück können wir im Moment unmöglich. Er könnte im Tierheim landen. Oder ...«
»Was?«
»Oder dieser verfluchte Arsch Whitey könnte ihm etwas antun.«
»Whitey wird sein weg, bevor Polizei kommt. Er hat nicht Zeit, sich um flauschige Katze zu kümmern.«
»Vielleicht«, gab ich zurück. »Oder vielleicht hat der kranke Pisser Webster auf dem Weg nach draußen erschossen. Einfach so.« Ich knirschte mit den Zähnen. Mein Kopf schmerzte.
»Flauschige Katze ist klug«, meinte Sondra. »Wird sich verstecken, ja?«
»Wahrscheinlich. Aber ich sage dir, wenn Whitey Webster etwas angetan hat, bringe ich ihn um.«
Sondras Gelächter erschreckte mich. Ich starrte sie an und fragte mich, was sie so komisch fand. Lag es daran, dass ich Besorgnis um meinen Kater zeigte, während zwei meiner besten Freunde tot waren?
»Tut mir leid«, entschuldigte sie sich. »Aber was du da sagst ...«
»Was? Darf ich mitlachen?«
»Du sagst, du tötest Whitey.«
»Und wieso ist das komisch?«
»Ist nicht komisch.«
»Warum lachst du dann?«
»Egal. Ist nicht wichtig.«
Bevor ich auf einer Erklärung bestehen konnte, rückte sie näher und lehnte sich an mich. Ich schlang einen Arm um ihre Schulter.
Sondra kuschelte sich an mich und legte den Kopf an meine Brust. Ihre Hand ruhte auf meinem Bein, ein Stück unterhalb meines Schritts.
Ich seufzte. »Weißt du, was ich nicht kapiere?«
Sie schaute zu mir auf. »Was?«
»Warum sich Whitey und die anderen all den Ärger antun. Ich meine, du hast ihnen schließlich kein Geld gestohlen oder so. Du bist schwanger. Warum das alles? Mir kommt das irgendwie überzogen vor, findest du nicht? Eine Frau und einen Haufen weiterer Leute töten, nur, weil sie keine Abtreibung will?«
Sondra zuckte zusammen. Ihre Fingernägel gruben sich in mein Bein.
»Entschuldige«, sagte ich. »Ich wollte dich nicht aufregen. Es ergibt nur keinen Sinn für mich. Bist du sicher, dass du uns alles erzählt ...«
Sondra öffnete den Reißverschluss meiner Jeans und schob die Hand hinein.
»Was machst du da?«
»Nicht mehr reden«, forderte Sondra mich auf. »Während
Weitere Kostenlose Bücher