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Kill Whitey

Kill Whitey

Titel: Kill Whitey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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Finsternis wandeln sich Ängste.
    Wir brauchten Licht, aber es tauchte nirgendwo welches auf. Ich versuchte abzuschätzen, wie weit wir mittlerweile gegangen waren. Zwar hatte ich keine Bewegung des Gitters gehört, aber Whitey wusste mit Sicherheit, wo wir uns befanden. Vielleicht hatten wir uns nur zu weit entfernt, um es zu hören. Hätten die Bullen Whitey geschnappt und den Abwasserkanal betreten, hätten wir es zweifellos mitbekommen und Taschenlampenstrahlen gesehen. Stattdessen herrschte nach wie vor ungebrochene Finsternis.
    Ich musste an das alte Sprichwort denken, dass man, wenn man stirbt, ein Licht am Ende des Tunnels sieht. Im Moment hätte ich mir mit Freuden von Whitey eine Kugel in den Kopf jagen lassen, wenn ich dadurch nur wieder Licht zu sehen bekommen hätte. Jedes Licht wäre besser als dieser Zustand gewesen – selbst wenn es den Tod bedeutete.
    Plötzlich blieb Sondra stehen und hielt mich zurück. Das Wasser floss an uns vorbei. Ich konnte ihren Atem nicht hören.
    »Sondra? Was ...«
    »Ist etwas hier«, flüsterte sie. »In Dunkelheit.«
    Wir standen still und hielten den Atem an. Dann vernahm ich es auch. Ein Platschen, gefolgt von einem leisen Grunzen. Das Geräusch verhallte. Das Wasser wurde kälter.
    Oder vielleicht wurde auch nur mir kälter.
    Ich führte Sondra weiter. Wir sprachen kein Wort. Es war nicht notwendig. Wir wussten beide, um wen es sich handelte.
    Schließlich spürte ich einen warmen Luftzug im Gesicht. Ich vermochte nicht zu sagen, woher er stammte, aber der Gestank von brennendem Kraftstoff schwang darin mit. Ich vermutete, dass wir uns unter den Wracks der Streifenwagen befanden. Es gab keinerlei Anzeichen auf irgendwelche Aktivitäten – keine Sirenen, keine Funkgeräte, kein Gebrüll. Vielleicht waren wir zu tief unter der Erde, um etwas davon zu hören. Wir setzten den Weg durch den Tunnel fort, bewegten uns schneller. Das Rohr wurde größer und so hoch, dass wir beide aufrecht laufen konnten, ohne uns den Kopf anzuschlagen. Der Luftzug blieb hinter uns zurück, und die erstickende Feuchtigkeit setzte wieder ein. Etwas – vermutlich Ratten – quiekte in der Finsternis. Vergeblich sah ich mich um und versuchte, irgendetwas zu erkennen ... und plötzlich nahm ich das Licht am Ende unseres Tunnels wahr.
    Nur befand es sich am falschen Ende. Es stammte von hinter uns.
    Sondra musste es auch bemerkt haben, denn sie rückte näher zu mir. Ich spürte, wie sie den Körper gegen meinen presste. Sie zitterte.
    Aus der Dunkelheit hinter uns drang ein matter, blauer Schimmer, zu schwach, um von einer Taschenlampe zu kommen, zu konzentriert, um eine Flamme zu sein. Als sich der Schein näherte, begriff ich, worum es sich handelte – ein aufgeklapptes Mobiltelefon, das benutzt wurde, um den Weg zu erhellen.
    »Ihr könnt nicht entkommen«, rief Whitey. »Hört auf, wegzulaufen.«
    Laufen ... laufen ... laufen ...
    Sein durch das Rohr hallendes Sprechmuster klang noch verzerrter als zuvor.
    »Wir müssen dich mit dem Getränkeautomat wohl ziemlich übel zugerichtet haben, was?«, brüllte ich zurück. »Warum gibst du nicht einfach auf?«
    Auf ... auf ... auf ...
    Statt mir zu antworten, knurrte Whitey. Das Licht des Mobiltelefons kam näher. Plötzlich blitzte etwas weiß auf. Den Bruchteil einer Sekunde später folgte der Knall. Die Kugel schwirrte an uns vorbei.
    »Runter!«, rief ich und ließ mich ins Wasser fallen.
    Sondra stand nur da und starrte in die Dunkelheit. Der Schuss hallte durch das Rohr.
    »Sondra!« Ich packte ihr Bein und zog sie nach unten.
    Whitey feuerte einen zweiten Schuss ab. Die Kugel schnellte über uns hinweg und prallte von den Wänden ab.
    »Komm«, schrie ich.
    Wir rannten los, ohne darauf zu achten, ob uns jemand hören konnte oder nicht. Es war sinnlos. Whitey wusste, wo wir waren. Vielleicht hatten wir Glück. Unter Umständen würde die Polizei die Schüsse hören und den Abwasserkanal stürmen. Während wir flüchteten, warf ich einen letzten Blick über die Schulter. Whitey schoss nicht mehr auf uns. Entweder war ihm die Munition ausgegangen, oder er sparte sie auf, bis er besser zielen konnte. Der Schimmer des Mobiltelefons wurde kleiner. Der Russe hatte Mühe, mit uns Schritt zu halten.
    Dann erblickten wir vor uns plötzlich Tageslicht, das durch ein weiteres Kanalgitter hereinströmte. Staub schwebte in den Strahlen. Ich blieb stehen, streckte mich und versuchte, die Gitterstäbe zu erreichen, aber sie befanden sich zu hoch. Wir

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