Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kill Whitey

Kill Whitey

Titel: Kill Whitey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
Vom Netzwerk:
selber nicht in allzu guter Verfassung, trotzdem müssen wir weiter. Kannst du gehen?«
    » Njet . Diesmal nicht. Mein Knöchel. Da ist scharfer Schmerz, wie von Messer.«
    Die beiden Arbeiter hatten uns immer noch nicht bemerkt. In einer nahen Reihe manövrierte ein Gabelstapler mit Paletten. Der Lärm seines Motors übertönte Sondras Schreie. Ich spielte ohnehin mit dem Gedanken, ihre Aufmerksamkeit auf uns zu lenken. Vielleicht konnten wir sie benutzen, um Whitey abzulenken. Letztlich jedoch entschied ich mich dagegen. Ich hatte bereits zu viele Leichen auf dem Gewissen, zwei weitere brauchte ich wirklich nicht. Obendrein hatten diese Männer nichts mit der Sache zu tun. Es erschien mir nicht fair.
    Ich kauerte mich hin und untersuchte Sondras Knöchel. Er sah zwar nicht gebrochen aus, war aber geschwollen und bläulich angelaufen. Als ich ihn mit dem Zeigefinger betastete, brach Sondra beinah zusammen.
    »Ist nicht gut«, schluchzte sie. »So ich kann nicht rennen. Ein Fuß ist verrenkt, andere geschnitten.«
    Whitey brüllte triumphierend auf und stolperte hinter einem Stapel aus Eichenholztäfelungen hervor. Er humpelte auf seinem heilen Bein. Ich trat vor Sondra, um mich ihm in den Weg zu stellen. Schon wieder. Vielleicht hätte es mich überraschen sollen, dass er es geschafft hatte, über den Zaun zu klettern, vor allem in Anbetracht seines unbrauchbaren Beins, aber das tat es nicht. Allmählich wurde es ein alter Hut. Ich nahm es einfach hin und wappnete mich. Meine Hände ballten sich zu Fäusten. In meinen Schläfen pochte es.
    »Was willst du?«, schrie ich. »Wie viel mehr kannst du ertragen? Es ist vorbei, Whitey! Lass es einfach sein, verdammt.«
    Der Russe lächelte, dann warf er den Kopf in den Nacken und lachte. Als er es tat, verstand ich endlich, weshalb seine Aussprache so unverständlich geworden war: Seine Zunge fehlte. Übrig war davon nur ein roter, blutender Stumpf, der in seinem verheerten Mund umherklatschte und wie ein Stück rohe Leber aussah. Den Rest hatte er sich offenbar abgebissen, als wir den Getränkeautomaten auf ihn gekippt hatten. Dann fiel mir auf, wie sich sein Kiefer bewegte. Er war gebrochen.
    »Ich fange gerade erst an, Mr Gibson.«
    »Du fängst gerade erst an? Bist du vollkommen irre?«
    Grinsend nickte er.
    »Na schön, Arschloch«, nahm ich die Herausforderung an. »Dann bringen wir diese Scheiße ein für alle Mal zu Ende.

22
    Whitey griff an.
    Obwohl ... angreifen ist vielleicht nicht das richtige Wort dafür, zumal es Geschwindigkeit impliziert, und Whitey war alles andere als schnell. Er schlurfte vielmehr. Der Mistkerl konnte kaum noch gehen, geschweige denn rennen. Sein zerschmettertes Bein zog er wie totes Holz hinter sich her.
    »Na los, Mr Gibson.«
    Allmählich begann ich, ihn trotz seiner Sprachbehinderung zu verstehen.
    »Lauf, Sondra.« Ich schaute nicht zu ihr zurück. Stattdessen ließ ich die Aufmerksamkeit fest auf Whitey gerichtet. »Hol Hilfe.«
    »Aber was ist mit Polizei?«
    »Fein«, gab ich zurück, immer noch, ohne mich umzudrehen. »Dann hol keine Hilfe. Versteck dich. Tu, was du willst, aber bleib aus dem Weg. Ich habe genug von der Scheiße.«
    Sondra erwiderte nichts. Whitey ebenso wenig. Er lächelte mich an. Durch den gebrochenen Kiefer wölbte sich seine Wange. Sein Kopf hing zur Seite, und er hatte sichtlich Mühe, ihn zu heben.
    »Sieh dich bloß an«, sagte ich. »Du kannst ja nicht mal den Kopf gerade halten. Du solltest längst tot sein. Gib’s auf, Mann. Wenn du noch mehr Schaden erleidest, bleibt nichts von dir übrig. Willst du das?«
    Er antwortete mir nicht.
    »Ist sie das wert?«, fragte ich. »Ist Sondra all das wert?«
    »Stellen Sie sich dieselbe Frage.«
    Whitey näherte sich mit linkischen, wackeligen Schritten. Teile seiner Selbst troffen von ihm, ließen eine DNS-Spur hinter ihm zurück. Mich beschlich die verrückte Vorstellung, dass er vor unseren Augen auseinanderfallen, sich in eine geleeartige Masse auflösen würde, wenn wir ihn nur lange genug hinter uns herjagen ließen. Ich konnte ihn riechen, als er auf mich zuwankte. Er stank – nach Blut, Scheiße und Eiter. Ein wandelnder Leichnam, der auf Rache sann.
    »Vergiss es«, forderte ich ihn auf. »Selbst wenn du das Baby jetzt noch bekommst, wäre es zu spät, nicht wahr? Sicher, du kannst vielleicht eine Vergiftung oder eine Schussverletzung überleben. Aber all das? Von so viel Schaden kannst du dich unmöglich erholen, Whitey, egal, wie viele Stammzellen

Weitere Kostenlose Bücher