Killashandra
weiterhin den liebenswerten jungen Mann vor, der in Familienangelegenheiten unterwegs war.
Er suchte bei Mahlzeiten ihre Gesellschaft, half ihr, den Veranstaltern von Gruppensportveranstaltungen zu entgehen, unterstützte sie mit der amüsierten Toleranz eines erfahrenen Reisenden und begleitete sie zu einigen Veranstaltungen. Ein-oder zweimal verspürte sie den Wunsch, ihn zu schockieren und ihm ihre wahre Identität zu verraten, einfach um zu sehen, wie er reagierte, doch sie unterdrückte diesen Impuls.
Nach einem ausgesprochen feuchtfröhlichen Abend und nach einem besonders langen Regenerationsbad traf sie ihn in der Turnhalle. Er schwitzte stark und trainierte anscheinend ohne besondere Anstrengung mit schweren Gewichten. Da er nur spärlich bekleidet war, konnte Killashandra seine gut trainierten Muskeln und seinen ausgezeichneten Tonus sehen.
»Ich wußte gar nicht, daß Sie Sportler sind.«
»Es ist klug, sich fit zu halten, Killashandra Ree.« Er legte sich ein Handtuch über die Schultern und wischte sich das Gesicht ab. »Wo waren Sie?«
Killashandra brachte ein verlegenes Erröten zustande, schlug die Augen nieder und heuchelte Reue.
»Ich hab dieses Regenerationszeug ausprobiert. Im Becken.« Sie deutete ungefähr in die richtige Richtung.
»Das blonde Mädchen von Kachachurian hat gesagt, das sei gut gegen Kater!« Sie trat, immer noch mit nie-dergeschlagenen Augen, vor die Verankerung des Apparats, den er bearbeitet hatte.
»Und? Hilft es?«
»Ich glaube schon.« Sie sprach etwas zweifelnd weiter. »Wenigstens hat dieses schreckliche Kreisen aufgehört ... Und mir ist nicht mehr schlecht.« Sie legte eine Hand auf den Kopf und die andere auf den Bauch. »Ich glaube, ich muß mich auf Bier von Fuerte beschränken.
Davon konnte ich immer so viel trinken, wie ich wollte.
Oder hat es mit der Reise im Weltraum zu tun? Mein Bruder hat so etwas in der Richtung gesagt...« Sie blickte Corish in die Augen. »Ist das nicht eine seltsame Zeit zum Trainieren?«
»So bekomme ich den Alkohol aus dem Kreislauf«, sagte Corish, während er sich das Hemd anzog. »Ich bringe Sie zu Ihrer Kabine zurück. Sie sollten wirklich nicht um diese Zeit allein im Schiff herumlaufen. Da könnte jemand einen falschen Eindruck von Ihnen bekommen.«
Während er sie zu ihrer Kabine begleitete, fragte sie sich, warum er sie so eilig aus der Turnhalle hinaus-komplimentieren wollte. Sie glaubte, für ihre Anwesenheit eine gute Erklärung gegeben zu haben. Und sie hatte seine Erklärung naiv akzeptiert. Als sie wohlbehalten in ihrer Kabine war, erklärte sie sich einverstanden, ihn wie üblich am nächsten Morgen beim Frühstück zu treffen, und ging gehorsam zu Bett. Während sie auf den Schlaf wartete, dachte sie über seine außergewöhnlich gute Form nach und fragte sich, warum er so heimlich trainierte. War Corish etwa ein FSP-Agent? Sie hielt es für unwahrscheinlich, daß die Federation nur einen Beobachter schickte, noch dazu einen unerfahrenen —, um eine ganze Gesellschaft zu beobachten. Sie kicherte bei dem Gedanken, daß Corish sich von allen achtzehnhun-dert Passagieren und Besatzungsmitgliedern auf der Athena ausgerechnet sie ausgesucht hatte. Natürlich bot sie ihm als junge Studentin eine ausgezeichnete Tarnung.
Es sei denn, er war von seinen Vorgesetzten über ihren zusätzlichen Auftrag unterrichtet worden. Wenn er wirklich ein Agent der Föderation war, dann wußte er natürlich um die Fähigkeiten von Kristallsängern und war in der Lage, sie auch durch unbedeutende Details zu entlarven.
Egal! Die Bemühungen, sich an ihre Zeit als mittello-se begabte Musikstudentin zu erinnern, hatten ihr geholfen, die jüngsten schmerzvollen Erlebnisse zu verdrängen. Killashandra zog jetzt ernsthaft Antonas Rat in Betracht, alles genau aufzuzeichnen. Vielleicht mußte sie später noch einmal die Rolle einer unerfahrenen Studentin spielen.
04
WÄHREND DIE Athena auf einer hyperbolischen Bahn dem optherianischen Hauptplaneten entgegenstürzte, um mit der Hilfe seiner Anziehungskraft auf den Kurs zum einzigen bewohnten Planeten des Systems einzu-schwenken, verabschiedeten sich die Passagiere, die das Schiff verlassen wollten, von den Freunden, die sie auf der Reise gewonnen hatten. Der seltsame Zauber des Reisens, der völlig fremde Menschen zu Vertrauten und Geliebten machte, hatte auch im Raumzeitalter nichts von seiner Kraft verloren.
Während sie in der Luftschleuse auf das Shuttle warteten, das sie zur
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