Killashandra
Amphitheater mit Sitzreihen versehen, die der Empore mit der Orgelkonsole zugewandt waren. Die Orgel selbst war nur durch die Tür zugänglich, durch die Thyrol sie jetzt führte. Mit echter und angemessener Ehrfurcht sah Killashandra sich um und ärgerte sich zugleich darüber, daß sie Thyrols Wunsch erfüllte, die Gildenangehörige zu beeindrucken; und doch war sie nicht in der Lage, ihr Staunen zu unterdrücken. Sie räusperte sich, und so leise das Geräusch auch war, es hallte durch das ganze Amphitheater. »Eine phantastische Akkustik«, murmelte sie, und als Thyrol ihr tolerant zulächelte, hallten ihre Worte flüsternd zurück. Sie verdrehte die Augen und suchte nach einer Fluchtmöglichkeit von dieser phänomenalen Bühne.
Thyrol winkte sie zu einem Portal, das jenseits der Orgelkonsole aus dem Fels geschnitten worden war. Er zog drei kleine Stäbe aus der Gürteltasche. Mit diesen Stäben und seinem Daumenabdruck öffnete er die Tür.
Das Geräusch hallte hohl durch das leere Amphitheater.
Killashandra glitt als erste hinein. So vertraut sie auch mit Theatern aller Art war, irgend etwas hier beunruhig-te sie. Die Sitzplätze erinnerten sie an die primitiven Diagnosestühle, auf denen die Patienten gefesselt werden konnten; und dennoch wußte sie, daß manche Leute die halbe Galaxis durchquerten, um am Festival teilzunehmen.
Bei ihrem Eintritt waren Lampen aufgeflammt, die nun eine große Kammer mit niedriger Decke beleuchte-ten. Vor den unscheinbaren Schränken, in denen die elektronischen Eingeweide der optherianischen Orgel untergebracht waren, standen die versiegelten Kisten mit den weißen Kristallen. Unter der Decke liefen viel-farbige Kabel unbekannten Bestimmungsorten entgegen.
Thyrol führte sie zu dem großen Kasten, in dem die zerschmetterten Überreste des Kristallmanuals lagen.
»Mein Gott, wie hat er das denn geschafft?« fragte Killashandra, nachdem sie den Schaden überblickt hatte. Einige kleinere Kristalle waren zu Splittern zerfallen.
Sie nahm verwundert eine Handvoll Splitter in die Hand und ließ sie durch die Finger rieseln, Thyrols Warnschrei überhörend. Er packte ihre Handgelenke und zog sie zurück. Die winzigen Schnitte von den skal-pellscharfen Kristallen bluteten einen Moment lang und schlossen sich sofort wieder. Thyrol sah entsetzt und fasziniert zu.
»Wie Sie sehen, ist dies die Zärtlichkeit der Kristalle.«
Sie wand die Hände aus Thyrols unerwartet starkem Griff.
»Und jetzt«, sagte sie etwas energischer, während sie das Durcheinander im unteren Teil des Gehäuses betrachtete,
»brauche ich ein paar Werkzeuge, ein paar kräftige Burschen und noch kräftigere Körbe, um den Müll fortzuschaffen.«
»Einen Sauger?« schlug Thyrol vor.
»Es gibt keinen Sauger auf Ballybran oder irgendwo sonst, der von den Kristallsplittern nicht in Stücke gerissen würde. Nein, das hier muß auf die gute alte Art aufgeräumt werden — mit bloßer Hand.«
»Aber Sie ...«
Killashandra richtete sich auf. »Auch als Gildenfrau bin ich nicht abgeneigt, die notwendigen Verrichtungen selbst und mit eigenen Händen vorzunehmen.« Sie hielt inne, bis Thyrol die Anspielung begriffen hatte. Sie hatte auf Ballybran schon mehr Kristall Splitter zusammengelesen, als es hier auf Optheria überhaupt gab.
»Es ist nur, daß die Sicherheitsvorschriften ...«
»Ich würde mich natürlich über Ihre Unterstützung freuen, was die Sicherheitsmaßnahmen angeht.«
Thyrol begab sich hastig zu einer Kommunikations-konsole. »Was genau brauchen Sie, Gildenfrau?«
Sie schätzte die Menge der zerbrochenen Kristalle im Schrank ab. »Drei kräftige Männer mit spezialgehärteten Eimern, Fassungsvermögen etwa zehn Kilo, extrem dichte Gesichtsmasken, schwere Arbeitshandschuhe, feine Drahtbürsten und ein paar kleine Einwegsauger, wie sie von Archäologen benutzt werden. Wir müssen den Kristallstaub gründlich entfernen.«
Thyrol riß die Augen auf, da er ihre Wünsche offenbar etwas bizarr fand, doch er wiederholte ihre Anforderungen und zeigte sich sehr standhaft, als sein Gesprächspartner zurückfragte. »Selbstverständlich müssen sie vom Sicherheitsdienst überprüft werden, aber die Leute sollen möglichst schnell und richtig ausgerüstet hier antreten, um die Gildenfrau zu unterstützen.« Er unterbrach die Verbindung und wandte sich mit besorger Miene an Killashandra. »Da soviel auf dem Spiel steht, Gildenfrau, werden Sie sicher unseren Wunsch verstehen, Sie und die Orgel vor weiterer
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