Killer-Camping
der Fahrt Zeit gelassen.«
»Wir, sagten Sie?«
»Ich nahm noch eine Bekannte mit. Miß Jane Collins.«
Er grinste. »Kann ich voll und ganz verstehen. Sie wollen das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Hätte ich auch gemacht an Ihrer Stelle.« Er deutete auf einen kleinen Zweiertisch neben der Theke.
»Setzen wir uns dorthin. Was zu trinken?«
»Ein Wasser.«
»Nehme ich mir auch.«
Wir tranken, dann nickte Cromwell. »Sie fragen sich bestimmt, ob sich etwas ereignet hat in der Zwischenzeit?«
»Natürlich.«
»Es ist alles normal geblieben. Kein drittes Verbrechen, nicht die Spur davon. Etwas Ungewöhnliches ist doch passiert. Ich habe gestern einen Gast bekommen, den ich wohl als den ältesten in diesem Moment ansehe. Eine echte Lady, die schon für Furore gesorgt hat.«
Ich mußte mir ein Grinsen verkneifen, denn ich kannte Lady Sarahs Art, die Leute zu unterhalten. Dennoch schwieg ich mich darüber aus, daß sie mir bekannt war und fragte nur: »Und?«
»Die hat die Jugend auf ihre Seite gezogen und kennt sich unwahrscheinlich aus, was Filme und Gruselbücher angeht. Da ist sie äußerst firm, schon eine richtige Schau.«
»Wohnt diese Dame bei Ihnen?«
»Ja, aber sie hockt am Strand. Die Leute haben für sie einen großen Strandkorb besorgt. Dort hält sie Hof, verstehen Sie?«
»Nicht ganz.«
»Spielt auch keine Rolle. Sie werden unsere Miß Marple Nummer zwei ja kennenlernen.«
»Wieso sagen Sie das? Will sie die Morde aufklären?«
Cromwell beugte sich vor. »Nein, Mr. Sinclair, aber sie kommt uns fast so vor wie die selige Miß Rutherford, die ja die Figur so toll spielte.« Er nahm einen Schluck. In seinen dunklen Barthaaren schimmerten kleine Schweißperlen. Er trank einen Schluck. »Ich hoffe nur, daß keine weiteren Taten mehr geschehen. Wenn ich daran denke, daß hier in der Nacht ein Mörder umherschleicht, wird mir ganz anders.«
Ich runzelte die Stirn. »Das ist verständlich. Eine Frage mal: Was sagen die anderen Gäste dazu?«
»Nicht viel, wenn ich ehrlich sein soll. Die Meinungen sind geteilt. Die einen haben Angst, die anderen freuen sich über den Nervenkitzel. Das ist von Typ zu Typ verschieden.«
»Kann ich mir denken.«
»Wenn ich mal neugierig sein darf, Mr. Sinclair, wie wollen Sie den Fall angehen?«
»Das weiß ich nicht.«
Er tat erstaunt. »Sie haben keinen Plan?«
»Irgendwo schon. Ich schaue mich hier ein wenig um, verstehen Sie? Ich werde hin und wieder mit Leuten sprechen und hören, was diese zu sagen haben.«
»Als Polizist?«
»Nein, Mr. Crom well, ich bleibe schon inkognito. Zudem möchte ich Sie bitten, ebenfalls den Mund zu halten.«
»Das versteht sich!« Er nickte heftig und peilte dabei auf seine Uhr. »So, jetzt muß ich aber verschwinden, sonst mißlingt mein Essen. Kommen Sie auch? Soll ich reservieren lassen?«
»Nein, das ist nicht nötig.«
»All right, wir sehen uns.« Er stand auf und verschwand in der Küche. Ich erhob mich ebenfalls, leerte im Stehen mein Glas und ging auch zur Tür. Die Blicke der beiden Bedienungen begleiteten mich. Auf ihren Lippen lag ein leichtes Lächeln.
Draußen setzte ich die dunkle Brille auf. Wind wehte mir entgegen und warf die Jackenschöße zurück. Meine Beretta wurde sichtbar. Ich knöpfte das Jackett zu und bewegte mich in Richtung Strand, wobei ich über einen Pfad laufen mußte, der eine Grasfläche teilte. Noch nahmen mir Bäume und Hecken einen Großteil des Blicks, aber ich hörte bereits die Stimmen der am Wasser liegenden Camper.
Die Menschen hatten ihren Spaß. Heiße Sonnenstrahlen brannten auf die türkisfarbenen Wellen nieder und überdeckten das Wasser mit ihren Reflexen. Ich blieb stehen und suchte nach dem gelben Schlauchboot, in dem Jane Collins liegen mußte.
Sie war etwas abgetrieben und schaukelte ziemlich weit draußen, wo auch die Segelboote kreuzten.
Schon einmal hatten wir hier an der Küste ein gefährliches Abenteuer erlebt. Da waren Knochenteile angespült worden, und wir hatten dem Ort einen anderen Namen gegeben — Knochenküste.
Es roch nach Ferien, nach Urlaub, nach Faulenzen und nach dem richtigen Genießen.
Nur ich konnte mich nicht recht freuen. Zu viele Probleme lasteten auf mir. Noch immer hatte ich meine Mutter nicht aus den Klauen des Blutsaugers Mallmann befreien können, und das war sehr hart. Wenn ich etwas Muße hatte, kam es mir immer wieder in den Sinn. Ich strich mein Haar zurück und bewegte mich wenige Schritte später mit meinen Leinenschuhen
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