killer country: thriller (German Edition)
Chocho entscheiden, sprechen Sie mit unserem Mann. Hören Sie sich an, wie das Projekt aussehen soll. Klar, der Profit fällt bei Chochos Plan größer aus. Ich gebe zu, dass Sie da mehr Geld bekommen. Falls Sie überhaupt Geld bekommen.«
»Netter Versuch«, sagte Henk.
»Nur eine Warnung«, meinte Pylon.
»Noch etwas«, meldete sich Olivia erneut zu Wort. »Wenn es ein Black-Empowerment-Projekt wird, wird man sowieso ungern weiße Gesichter sehen.«
»Wir hatten noch eine andere Idee«, erwiderte Pylon. »Gemeinnützige Organisationen.« Er nannte ein paar. »Wir wollen sie als Aktionäre beteiligen. Dadurch geht das Geld nicht nur an die Bling-bling-Schwarzen. So etwas nennt man einen echten Trickle-down-Effekt.«
Er musste dringend Treasure mit ins Boot holen. Sie hätte die beiden innerhalb von zehn Minuten so weit gehabt, dass sie unterschrieben. Und dabei vermutlich auch noch einige Schecks für Treasures Lieblings- NGO s ausgestellt.
»Wie ich schon sagte«, meinte Henk. »Netter Versuch.«
»Ist aber wahr«, entgegnete Pylon. »Ich kann Ihnen gerne Namen und Adressen geben. Bürgen. Wir reden hier von etablierten Organisationen. Von angesehenen Institutionen. Die sich mit HIV beziehungsweise Aids, Sozialbauten, Vergewaltigungsopfern und Kindesmissbrauch beschäftigen. All die Themen, die unser Gewissen belasten.«
»Wir müssten uns das anschauen«, meinte Olivia.
»Kein Problem.«
Sie reichten sich die Hand, und Pylon begleitete das Paar nach draußen. Er war sich nicht sicher, ob er etwas erreicht hatte, außer mehr Zeit herauszuschlagen. Wenn Treasure die Schuldkarte ausspielte, gab es hinterher immer ein Resultat. Wenn er es tat, vermutete man eher, an der Sache müsse etwas faul sein.
Er ging nach oben in sein Büro. Warum zogen die anderen nie in Betracht, dass man sich ändern konnte? Trotzdem – die Verknüpfung mit den Wohlfahrtsorganisationen musste ein Treffer sein.
Pylon rief die anderen Mitglieder des Konsortiums an. Die wankelmütigen Smits waren die zweite schlechte Nachricht, die er ihnen innerhalb von zwei Tagen überbrachte. Die meisten nahmen es mit Fassung. Schicksalsergeben. Laut seufzend. Sie brauchten dringend Rudi Klett, der sie davon überzeugen würde, dass die Welt ein einziger Paradiesgarten war.
27
Der Commander der Strafvollzugsanstalt beobachtete durch die Luke den Gefangenen Obed Chocho. Dieser hatte seine Reisetasche gepackt, die auf dem Bett stand. Ein Stapel Bücher auf dem Couchtisch, keine DVDs oder CDs. Chocho saß in einem Anzug auf dem Sofa und starrte die Wand an. Jene Stelle, wo früher einmal das Bild der Jäger im Schnee gehangen hatte. Jetzt war der Druck verschwunden.
Was der Commander nicht sah, war das zerbrochene Rahmenglas, das Obed Chocho mit dem Absatz seines Schuhs zertrümmert hatte. Und auch nicht die Überreste des Bildes, das aus dem Rahmen gerissen und zerfetzt worden war. Diese Dinge lagen unten vor der Wand und somit für den Commander außerhalb des Blickfeldes.
Er schaute auf seine Armbanduhr. Elf Uhr. Obed Chocho verharrte seit mindestens eineinhalb Stunden in dieser Position. Dem Wachpersonal nach hatte er nicht einmal gefrühstückt. Er hatte einen Becher Kaffee entgegengenommen, aber keinen Schluck daraus getrunken. Der Becher stand unberührt auf dem Tisch neben den Büchern.
Dem Gefängnisarzt zufolge war mit Obed Chocho alles in Ordnung. Er fühle sich »ganz prima«, wie er dem Arzt versichert hatte. Sein Blutdruck war leicht erhöht, aber nicht so, dass man sich Sorgen hätte machen müssen. Sein Puls schlug kräftig, seine Lunge war frei. In seinen Augen gab es keinerlei Hinweise auf eine Erkrankung, ebenso wenig in seinen Ohren.
Soweit der Commander das wusste, hatte Obed Chocho an diesem Morgen nur das eine Mal gesprochen, als er dem Arzt geantwortet hatte. Um halb zehn hatte sein Handy geklingelt, und er war drangegangen, ohne »Hallo« oder etwas anderes zu sagen oder sich zu verabschieden. Sein Handy hatte den ganzen Vormittag über immer wieder geläutet, aber er hatte nicht mehr abgehoben.
Der Commander hielt die Papiere für Obed Chochos bedingte Strafaussetzung in Händen. Unten beim Empfang wartete seine Anwältin Sheemina February auf ihn. Eine nach Parfüm duftende Sheemina February. Eine Sheemina February ohne Lächeln, deren Lippenstift die grelle Farbe roter Pflaumen hatte. Sie hatte ihm das Entlassungsformular mit Richter Vissers Unterschrift gereicht und erklärt: »Bringen wir es hinter uns.« Das
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