Killer im Kopf
wissen?«
»Wenn möglich, ja.«
»Dann muß ich alles wieder aufwärmen und…«
»John, ich weiß nicht, ob das gut ist«, mischte sich Glenda ein.
Sheila stand mir bei. »Nein, nein, schon gut, Glenda. Es kann sogar besser sein, wenn ich mit einem neutralen Menschen darüber spreche. Ich werde es versuchen.«
»Nimm dir Zeit, Mädchen. Wir drei packen das schon, glaube es mir.«
Ihren skeptischen Blick übersah ich und hörte, ebenso wie Glenda, in den folgenden Minuten zu.
Wenn alles stimmte, was uns Sheila da berichtete, dann mußte sie eine Hölle durchlebt haben. Dann hatte sie eine seelische Folter hinter sich, die kaum zu beschreiben war. Mir zumindest war es unmöglich, dies nachzuvollziehen. So etwas mußte man schon selbst erlebt haben, um mitreden zu können. Um so schwieriger war es dann, den richtigen Ratschlag zu geben. Da fühlte ich mich wie ein Psychologe oder Neurologe, der auch mit diesen Dingen nicht zurechtkam, aber trotzdem versuchte, den Menschen zu helfen. Es war schwer, sehr schwer, denn viele Patienten saßen oft wochenlang und mehrmals in der Woche bei den Fachleuten, um sich therapieren zu lassen. Das ging mir durch den Kopf, während ich Sheila zuhörte, die während des Gesprächs immer nervöser wurde, ihre Hände mit den Rächen gegeneinander rieb, des öfteren nach den richtigen Worten suchte und sich schließlich gegen die Rückenlehne der Couch drückte, einen Arm anhob und über ihr schweißnasses Gesicht strich.
»Es ist zu schlimm«, flüsterte sie. »Es ist einfach zu schrecklich für mich, darüber reden zu müssen.«
»Aber du hast es bald geschafft«, machte ich ihr Mut. »Nur noch den Rest, dann hast du es hinter dir.«
»Was denn?«
Ich stand von meinem Platz auf und setzte mich neben sie. »Das Gesicht, Sheila, das dir erschienen ist. Derjenige, der hinter dem gestanden hat. Sonst nichts mehr.«
Sie wartete, und ich fing Glendas Blick auf, der großes Mitleid und auch Hilflosigkeit zeigte.
Sheila brauchte eine Stütze, und sie umklammerte dabei meine Hand.
»Okay, John, okay, ich werde es noch einmal versuchen. Es muß ja weitergehen.«
»Das ist wahr.«
Sie atmete noch einmal tief durch. Dabei umfaßte sie meine Hand fester.
»Es war ein schreckliches, ein furchtbares Gesicht. Ein Kopf ohne Haare, Augen wie Metall. Alles war so grauenhaft haarlos. Der Schädel wirkte wie der einer Puppe, obwohl er zu einem Menschen gehörte. Die kleine Nase, der breite Mund, das widerliche Grinsen, das auch wissend war.«
»Kannst du das näher erklären?«
»Ja, möglicherweise. Das Gesicht kam mir vor, als würde mich der Mann, zu dem es gehört, kennen. Sehr genau kennen. Wie jemand, der Bescheid weiß, der lange etwas gesucht und es nun gefunden hat und sich in diesem Gefühl sonnt. Ich weiß auch nicht, wie es dazu hat kommen können, aber ich muß mich damit abfinden. Es gibt dieses Gesicht, es gibt diesen Mann, und er ist dabei, mich zu jagen. Ich weiß, daß er nicht aufgeben wird, bis er sein Ziel erreicht hat.«
»Ein Jäger also?«
»Ich bin das Wild«, flüsterte sie.
»Warum du?«
»Das weiß ich nicht, John.«
»Tut mir leid, Sheila, aber das kann ich so nicht akzeptieren. Es muß einen Grund geben, daß er es gerade auf dich abgesehen hat. Er kommt mir vor, als hätte er dich gesucht. Lange gesucht und endlich gefunden, um nun zuschlagen zu können. Oder stehe ich damit auf dem falschen Dampfer? Das kannst du ruhig sagen, wenn du willst, aber ich denke schon anders darüber.«
»Du bist eben ein Polizist.«
»Ja, und etwas von meiner Denke solltest du auch übernehmen, obwohl du ja sehr daran beteiligt bist.«
»Wie soll ich das denn schaffen?«
»Glenda und ich werden dir helfen.«
Sheila lächelte etwas verloren. Ihre Finger bewegten sich zuckend in meiner Hand, aber sie zog sie nicht zurück.
»Ihr seid gut, John, ihr seid Freunde, und ich bin so glücklich, daß ihr auch gekommen seid. Nur wird es schwer sein…«
»Darf ich die Fragen stellen?«
»Wenn du willst, gern.«
»Gut, dann fange ich an. Kanntest du das Gesicht?« Sheila schwieg.
Ich hakte nach. »Ist es dir bekannt vorgekommen? Denke nach, überlege bitte.«
»Ich kenne es trotzdem nicht. Der Mann, zu dem dieses Gesicht gehört, ist mir noch nie zuvor begegnet.«
»Niemals?«
»Nein.«
»Das kann ich nicht glauben.«
Sheila stöhnte auf. »Etwas Ähnliches habe ich mir gedacht. Warum kannst du es nicht glauben?«
»Es ist ganz einfach. Nichts geschieht grundlos, ohne
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