Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)
des Nackens ein. Hat der Täter das Opfer durch die Schüsse in den Oberkörper erst widerstandsunfähig gemacht und dann durch einen Nackenschuss getötet? Oder war es vielleicht andersherum? Sind die Schüsse in den Oberkörper, sollten sie zuletzt erfolgt sein, mehr als Zeichen hoher Aggression zu werten? Hat der Täter sich abreagiert? Ist Hass das Motiv?
Am siebten Tag der Ermittlungen landet die Mordkommission endlich einen Volltreffer, als es gelingt, das Opfer anhand seiner Fingerabdrücke zu identifizieren. Es handelt sich um Cesare Conti, einen 42 Jahre alten Geschäftsmann italienischer Abstammung, der in Belgien lebt. Die dortigen Polizeibehörden teilen mit, dass man den Mann in der Nacht zum 30. August letztmals lebend gesehen habe, als er mit seinem dunkelblauen Porsche Panamera durch den Brügger Stadtteil Koolkerke gefahren sei. Den Wagen habe man einen Tag später im neun Kilometer entfernten Stadtteil Sint-Kruis verlassen aufgefunden.
Da das Opfer laut sämtlicher Befragter weder homo- noch bisexuell veranlagt war und somit nicht als Cruiser in Betracht kommt, entstehen erste Zweifel, ob ein Zusammenhang mit den Schwulenmorden besteht. Oder hat der Täter das Opfer irrtümlich für einen Homosexuellen gehalten und deshalb getötet? Diese Hypothese wird jedoch schnell verworfen, als das Ergebnis des ballistischen Gutachtens vorliegt: Der Mord in Stolberg ist demnach zweifelsfrei mit einer anderen Waffe begangen worden als die übrigen Taten. Dennoch kann nach Auffassung der Ermittler nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die Taten in Eiterhagen, Rastatt und Stolberg doch zusammenhängen.
Die Fahndungsaufrufe in den Medien sensibilisieren und mobilisieren die Bevölkerung. Zum Fall Wilhelm Lohr melden sich unabhängig voneinander zwei Zeugen, die angeben, zur mutmaßlichen Tatzeit im Nahbereich des Tatorts einen 50–60 Jahre alten Mann gesehen zu haben. Auch in weiteren Details stimmen ihre Beschreibungen überein: knapp 1,80 Meter groß, kurze graue Haare, dunkle Augen, bekleidet mit einem weißen T-Shirt, einer beigefarbenen Jeans und hellen Sandalen. Der Mann war mit einem dunklen Trekkingrad unterwegs. Entweder ist der jetzt Gesuchte, nach dem mit einem Phantombild gefahndet wird, ein wichtiger Zeuge – oder der Täter.
Die Sonderkommissionen in Kassel und Karlsruhe verfolgen mittlerweile rund 800 Spuren. Alle Internetforen, die Homosexuelle zur Beziehungsanbahnung nutzen, werden penibel darauf überprüft, ob sich jemand verdächtig macht. Möglicherweise knüpft der Täter in einem solchen Forum Kontakte, um die nächste Tat zu initiieren, oder er prahlt gar mit seinen Taten und gibt dabei Dinge preis, die nur der Täter wissen kann.
Unterdessen hat man herausgefunden, dass Wilhelm Lohr zur Zeit seiner Ermordung eine Unterhose der Marke Passionata trug. Wieder wenden sich die Kriminalisten an die Öffentlichkeit. Vielleicht hat der Täter die Unterhose auf der Flucht weggeworfen oder besitzt sie noch, um sich damit zu stimulieren. Überhaupt hofft die Kripo, durch die häufigere Berichterstattung in allen Medien Menschen zu erreichen, die aufgrund bestimmter Details Verdacht schöpfen und vielleicht den entscheidenden Hinweis geben.
»Ich habe nach den Morden an meinem Mann keine Veränderung festgestellt. Überhaupt nicht. Er muss ein toller Schauspieler sein. Was mich im Nachhinein sehr nachdenklich macht: Der erste Mord passierte am 5. Mai 2007. Und eine Woche später sind wir zu einem Italienurlaub aufgebrochen. Wir hatten es da wunderschön, haben uns sehr wohl gefühlt. Wir hatten unheimlich viel Spaß zusammen und haben viel gelacht. Ich konnte an ihm keine Veränderung feststellen. Und eine Woche vorher hatte er einen Menschen umgebracht. Das nenne ich kaltblütig.
Auch nach dem zweiten Mord war das so: Er war ruhig wie immer. Gut, er war ja meistens ruhig und in sich gekehrt. Und er war depressiv, bekam Tabletten dagegen. Da dachte ich mir halt, er denkt vielleicht über seine Krankheit nach. Mal verhält es sich besser, mal schlechter. Aber nun weiß ich, dass er ganz andere Dinge im Kopf hatte. Oder er hat nicht gesprochen, weil er Angst hatte, er verplappert sich.
Einmal kam die Sache im Radio, da wurde über die Morde berichtet. Da habe ich meinen Mann auch drauf angesprochen: ›Du, Schatz, das ist ja furchtbar, das ist ja entsetzlich. Da müssen ja jetzt alle Schwulen Angst haben.‹ Darauf sagte er: ›Ja, mein Täubchen, ich finde es auch grauenvoll. Ich kann
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