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Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)

Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)

Titel: Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbort
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daher zur Verantwortung gezogen werden sollten. So empfinden, denken und handeln Psychopathen. In diesen Momenten pathologischen Hochgefühls, als Franz Rawski über Leben und Sterben seiner Opfer bestimmen konnte, war er wieder ganz oben, ganz bei sich.
    Zu dieser Annahme passt auch das – oberflächlich betrachtet – wenig stringente Tatverhalten: erst ein hinterhältiger Mord, dann ein offen vorgetragener (missglückter) Überfall, schließlich wieder ein arglistiger Mord. Falls Franz Rawski das erste Opfer getötet haben sollte, um sich lediglich einen besonderen Kick zu verschaffen, dann könnte die zweite Tat deshalb in aller Öffentlichkeit stattgefunden haben, um dieses Hochgefühl noch zu steigern: Thrill Kill . Und weil diese Tat missglückt war, wurde Franz Rawski bei der nächsten Tat wieder vorsichtiger und kehrte zu der bereits erfolgreich angewandten Methode zurück – ein im Übrigen bei Serienmördern sehr häufig zu beobachtendes Lernverhalten.
    Aber auch diese Überlegungen bleiben Hypothese, solange Franz Rawski sein Geheimnis nicht preisgibt. Wahrscheinlich bereitet es ihm sogar diebische Freude, die Menschen über sein Motiv im Unklaren zu lassen. So macht man sich interessant. Nichtsdestotrotz ist es wieder so ein Fall, der mich nicht loslässt, dem ich auch in den nächsten Jahren weiter nachgehen werde. Und irgendwann wird Franz Rawski mir gegenübersitzen.

Morbus Freitag
    Die Arbeit wird schlecht entlohnt und ist anstrengend, hart, manchmal schmutzig und eklig. Schichtdienst ist auch an Wochenenden und Feiertagen üblich, ganz zu schweigen vom täglichen Umgang mit dem Leid der Patienten – und ihrem Tod. Trotzdem ist das Ansehen von Krankenschwestern und Altenpflegern nicht sonderlich hoch, weil die Bevölkerung zu wenig weiß von den Schattenseiten dieses nervenaufreibenden und extrem belastenden Berufs, der für viele, die ihn ausüben, mehr eine Berufung ist: Sie wollen Patienten helfen.
    Thomas Bracht hat sich genau aus diesem Grund für den Beruf des Krankenpflegers entschieden. Der 32-Jährige arbeitet seit Jahren auf der Inneren Station eines Krankenhauses. Dort liegen unter anderem Patienten mit Nierensteinen, geschädigter Leber, Lungenembolie oder Darmkrebs, andere haben einen Herzinfarkt erlitten. Notfall- und Risikopatienten werden in einem gesonderten Raum überwacht. Auf der 22-Betten-Station arbeiten zwanzig Pflegekräfte im Schichtdienst, drei Ärzte, ein Psychologe und ein Sozialarbeiter.
    Grundsätzlich macht Thomas Bracht die Arbeit gern, doch das Betriebsklima ist seit Monaten schlecht und die Stimmung entsprechend gereizt. Die Mitarbeiter der Inneren Abteilung unterstellen ihren Kollegen aus der psychiatrischen Abteilung, ihnen zum Wochenende hin vermehrt Patienten zu überstellen, denen es besonders schlecht geht und die wahrscheinlich nur noch Tage oder Wochen zu leben haben. Aus Sicht der Pflegekräfte auf der Inneren Station gibt es in vielen Fällen keine medizinischen Gründe für die Verlegungen, es gehe allein darum, Risikopatienten loszuwerden, deren Tod immer auch einen Misserfolg für die eigene Abteilung bedeutet. Eine vertrackte Situation, die dazu geführt hat, dass sich Stationen bekriegen und Kollegen als Rivalen wahrgenommen werden. Eine Art Ausnahmezustand.
    Einige Pflegekräfte weigern sich sogar, vertretungsweise auf einer anderen Station auszuhelfen. Auch die Kommunikation zwischen Ärzten und Pflegern ist empfindlich gestört, nicht zuletzt deshalb, weil Berufsanfänger als Stationsärzte eingesetzt werden, die erst eingearbeitet werden müssen und so für zusätzliche Belastungen und Frust sorgen. Und dass sich die Chefärzte nicht immer grün sind und bisweilen befehden, sorgt zusätzlich für Irritationen.
    Thomas Bracht fühlt sich auf der »Inneren« mit seiner belastenden Arbeit zunehmend alleingelassen. Andererseits ist er aber auch jemand, der die Dinge lieber mit sich selbst ausmacht. Es gibt niemanden, mit dem er reden, dem er sich anvertrauen kann, selbst seiner Frau nicht.
    Es sind berufliche und private Dinge, die ihm das Leben schwermachen. Die Arbeitskollegen in der Klinik indes registrieren keine Veränderung im Verhalten ihres überaus tüchtigen Kollegen. In den Selbsterfahrungsgruppen, zu denen sich Pflegekräfte und Ärzte regelmäßig versammeln, um sich über Probleme und Schwierigkeiten auszutauschen, tritt Thomas Bracht kaum in Erscheinung. Der ehemalige Student der Betriebswirtschaft wird außerhalb der Station jedoch

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