Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)
Männer von der Kripo, die mir erklärt haben, dass da ein Verdacht bestehen würde gegen mich. Und die haben mich gleich mitgenommen.«
Thomas Bracht macht jetzt einen gelösten Eindruck, als würde er sich abermals von dieser Last befreien.
»Irgendwie war keine Angst mehr da. Die Angst war einfach weg. Ich dachte mir: Gott sei Dank! Endlich bist du aus der Zwickmühle raus, egal was jetzt passiert. Mir war’s auch völlig egal, was da jetzt passierte. Ich wollte nur weg von der Station. Dieser Fluchtgedanke, der war jetzt endlich angekommen. Ich war weg. Ich war endlich aus dieser Situation raus. Was das für Konsequenzen haben würde, war mir egal. Ob das jetzt nun Knast bedeuten würde oder wie lange, das hat mich nicht interessiert. Es war für mich eine ungeheure Erleichterung, eine Erlösung von dieser ganzen Geschichte. Ich hatte diesen Teufelskreis, in dem ich gefangen gewesen war, durchbrochen.«
»Hast du dich, als die Taten passiert sind, vor dieser Enttarnung gefürchtet?«
»Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. Ich habe immer nur versucht, egal mit welchen Methoden, diesen Kreis zu durchbrechen. So nach dem Motto: Ich bin zur Arbeit gegangen und habe mir fest vorgenommen, egal was passiert, du tust nichts. Du gehst, egal was passiert. Da liegt wieder jemand, der kurz vor dem Sterben ist, der wieder dahin verlegt worden ist, weil er auf einer anderen Station nicht sterben sollte, aber du bist so stark, du schaffst das. Du kriegst das hin, du sagst dir das immer wieder: Es passiert nichts, es darf nichts passieren! Also das hatte ich mir schon fest vorgenommen, dass da nichts mehr passieren soll. Aber es passierte trotzdem immer wieder.«
»Hast du deine Taten als Akt der Stärke oder als Akt der Schwäche empfunden?«
»Als einen Akt der Schwäche. Weil ich nicht stark genug war, die Taten zu verhindern.«
»Das hört sich jetzt aber sehr rational an …«
»Inzwischen ist es auch rational.«
»Ich hätte eigentlich erwartet, dass du die Taten eher positiv erlebt hast, als einen dich stabilisierenden Faktor, eben als Akt der Stärke …«
»Es war ein Akt der Schwäche, weil ich nicht in der Lage war, mich selbst an der Tat zu hindern. Mit Stärke hatte das überhaupt nichts zu tun.«
Ich lasse diese Aussage so stehen und kehre zu einem anderen Aspekt zurück, der mir noch zu undeutlich geblieben ist.
»Wenn man eine Tat begeht oder überhaupt etwas unternimmt, dann tut man das mit einem Vorsatz und verfolgt dabei ein bestimmtes Ziel. Selbst bei einer reflexartigen Handlung ist das so. Und genauso müsste es bei deinen Tötungen auch gewesen sein: Du hast dich entweder bewusst in diese Situationen hineinbegeben, oder du hast erst später innerhalb dieser Situation eine Entscheidung getroffen und danach gehandelt. Es kann nicht anders gewesen sein …«
»Das ist aber so gewesen. Ich habe keinen Entschluss gefasst, jedenfalls keinen bewussten Entschluss. Ich bin doch nicht Pfleger geworden, um jemand zu töten.«
»Das glaube ich dir …«
»Ich bin auch nie zur Arbeit gegangen, um jemanden zu töten.«
»Das glaube ich dir auch …«
»Ich bin auch nie in irgendein Zimmer reingegangen, um jemanden zu töten.«
»Entschuldige, aber da habe ich erhebliche Zweifel …«
Thomas Bracht wird jetzt energischer.
»Da bin ich nie reingegangen, um jemand zu töten, sondern es waren immer Tätigkeiten, die ich hätte sowieso machen müssen in diesem Zimmer bei diesem Menschen.«
»Es macht übrigens keinen Unterschied, ob du mit dem festen Vorsatz da hineingehst, den Patienten zu töten, oder ob du zunächst aus einem anderen Grund das Zimmer betrittst und es dann passiert. Da ist kein Unterschied …«
»Für mich schon. Wenn ich eine Zimmertür aufmache oder in ein Zimmer hineingehe, mit dem Wissen, dass der Patient tot sein wird, wenn ich dieses Zimmer wieder verlasse, dann ist das für mich bewusst. So war das bei mir aber nicht.«
»Wie war es denn dann?«
»Wenn ich bewusst zu irgendjemand hingehe, um dem etwas anzutun, egal ob ich ihn nun töte oder verletze oder beleidige oder was auch immer, das ist ein bewusst gesteuertes System. Dann hat man sich vorgenommen, etwas Verbotenes zu tun.«
Er schaut mich kurz an.
»Nur ich habe mir nie so etwas vorgenommen. Ich habe mir nie vorgenommen, etwas zu tun, was ich nicht darf, sondern ich bin da hineingegangen, um meine Arbeit zu machen; den entweder umzulagern, dem was zu trinken zu geben, dem was zu essen zu geben oder
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