Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)

Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)

Titel: Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbort
Vom Netzwerk:
nicht gepasst hat, hab ich das Maul aufgemacht. Vorher hatte ich das einfach geschluckt.«
    Ich wechsle erneut das Thema und spreche etwas an, das mir besonders wichtig erscheint.
    »Frauen haben in Ihrem Leben eine eher untergeordnete Rolle gespielt?«
    »Gar keine.«
    »Zu Ihrer Mutter hatten Sie ein sehr distanziertes Verhältnis, eine Freundin im engeren Sinne gab es in Ihrem Leben nicht. Wie haben Sie denn damals Frauen wahrgenommen, welche Eigenschaften haben Sie ihnen zugeschrieben?«
    »Sie hat zu funktionieren, wie ich es will.«
    »Also waren Frauen für Sie …«
    Er unterbricht mich.
    »Wenn Schulkameraden in die Disko gegangen sind, musste ich in den Garten und Unkraut zupfen. Meine Eltern hatten mir die Disko verboten.«
    »Aber Sie haben sich doch sonst auch nicht um die Verbote Ihrer Eltern gekümmert …«
    Keine Reaktion.
    »Ich behaupte: Wenn Sie in die Disko hätten gehen wollen, dann wären Sie auch gegangen.«
    »Kann sein.«
    »Und da hat sich bei Ihnen etwas aufgestaut …«
    »Ja.«
    Joachim Mattock wirkt jetzt sehr nachdenklich und schweigt eine Zeitlang.
    »Aufgestaut, ja. Das ist schwer zu erklären.«
    »Wenn Sie damals über Frauen nachgedacht haben, was kamen da für Gefühle hoch?«
    »Zickige Mutter!«
    »Es gab ja aber nicht nur Ihre Mutter …«
    »Das waren alles nur Zicken.«
    »Also haben Frauen in Ihnen nur negative Gefühle ausgelöst?«
    Joachim Mattock pfeift wieder. »Weiß nicht.«
    »Bitte überlegen Sie mal.«
    »Ja und nein. Das war situationsbedingt.«
    »Haben Sie sich von Frauen zurückgewiesen gefühlt?«
    »Weiß nicht so genau.«
    »Oder eher missachtet oder verachtet?«
    »Ja, bestimmt.«
    »Wollten Sie es denen heimzahlen?«
    »Hab ich teilweise auch, in der Schule mit Streichen und so.«
    »Ich meine mehr die Tötungen …«
    Pfeifen. Keine Antwort.
    »Ich würde jetzt gern über Ihre letzte Festnahme reden, damals auf dem Campingplatz. Sie hätten doch reichlich Gelegenheit gehabt, zu flüchten – warum sind Sie trotzdem geblieben?«
    »Auf eine Art hatte ich keinen Bock mehr. Ich hab gemerkt, dass ich immer aggressiver wurde. Und meine Träume von einem Beruf und einer Familie waren auch erledigt …«
    Joachim Mattock senkt den Blick.
    »Und dann sind Sie in Ihrem Zelt geblieben …«
    »Ja.«
    »Mit welcher Absicht?«
    »Wenn die Bullen kommen, dann kommen sie.«
    »Warum hätte man denn ausgerechnet Sie verdächtigen sollen?«
    »Die haben ja alle auf dem Zeltplatz befragt. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie zu mir kamen.«
    »Und Sie wollten wieder dahin zurück, wo Sie sich am besten zurechtfanden – ins Gefängnis?«
    »Irgendwie so: Das da draußen war nicht das Leben, das ich führen wollte.«
    »Wollen wir jetzt mal über die erste Tat sprechen?«
    »Nee.«
    Ich stelle keine weiteren Fragen mehr. Vielmehr muss ich anerkennen, dass es keinen Sinn hat, mit Joachim Mattock über seine Gewaltphantasien oder über seine Taten und die ihn treibenden Motive zu sprechen. Wahrscheinlich ist es aber auch noch zu früh, um ihn mit der dunklen Seite seiner Persönlichkeit zu konfrontieren. Er verschanzt sich lieber hinter knappen Aussagen und Allgemeinplätzen. Dort fühlt er sich besser aufgehoben, dort muss er sich nicht offenbaren, dort bleibt er unantastbar. Natürlich habe ich mir von diesem Interview mehr versprochen, dennoch bin ich dankbar, mit ihm überhaupt ins Gespräch gekommen zu sein. Schließlich vereinbaren wir, das Interview zu beenden, den Kontakt jedoch aufrechtzuerhalten.
    Auf dem Heimweg resümiere ich noch einmal, was ich über den Täter weiß: Joachim Mattock hat eine kriminelle Bilderbuchkarriere hinter sich: Zunächst wurde er als Kind nicht nur zu Hause, sondern auch von seinen Klassenkameraden gedemütigt, ausgegrenzt und zum Sündenbock gemacht. Später begehrte er gegen diese Zurücksetzung auf und begann, trotzig und beharrlich Regeln zu brechen – erst im Elternhaus, danach in der Schule, später geriet er mit dem Gesetz in Konflikt. Und während seiner ersten Haftzeit als Jugendlicher lernte Joachim Mattock, wie er sich im Leben behaupten kann: mit Gewalt. Die einzige Problemlösungsstrategie, die er kannte und die prächtig funktionierte.
    Und eben diese Lebenserfahrung spiegeln auch seine sexuell motivierten Taten wider: Fehlende Sozialkompetenz wurde durch brachiale Gewalt wettgemacht, Frauen, die ihm zeitlebens Angst bereitet und ihn in erster Linie durch vermeintliche Missachtung gedemütigt hatten, wurden

Weitere Kostenlose Bücher