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Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)

Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)

Titel: Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbort
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wollte das ja eigentlich nicht …«
    »Damals hätte ich das gesagt, jetzt nicht mehr. Ich bin zwar auf eine Art auch Opfer, aber ich hätte mich auch anders verhalten können.«
    »Hatten Sie denn damals eine Wahl?«
    »Ja, hätte ich gehabt. Nur wollte ich es nicht.«
    »Wie stehen Sie heute zu dem Begriff des Mörders ? Können Sie damit etwas anfangen?«
    »Das ist meine Persönlichkeit. Das ist ja geschehen. Wenn ich das ablehnen würde, würde ich so denken wie früher.«
    Wenn es stimmt, was Joachim Mattock sagt, und er mir nicht nur nach dem Mund redet, dann hat er sich in den letzten Jahren tatsächlich mit seinen Taten auseinandergesetzt. Dies nährt meine Hoffnung, heute auch in diesen Bereich vorstoßen zu können. Doch für solche Fragen ist es noch zu früh. Deshalb versuche ich, den Aspekt seiner Persönlichkeitsstruktur zu vertiefen.
    »Wenn über Menschen wie Sie in den Medien berichtet wird, dann ist häufig vom Abgrund der menschlichen Seele die Rede. Wie denken Sie darüber?«
    Joachim Mattock pfeift, bevor er antwortet: »Ich guck mir so was gar nicht an, das macht mich mittlerweile wütend. Da war letztens noch so ein Bericht über den Mord an einem kleinen Mädchen, da hab ich spaßeshalber über den Täter gesagt: Kopf ab! Im Nachhinein hab ich dann aber überlegt: Du hast das ja selbst gemacht.«
    »Können wir den Begriff Abgrund mit Ihrer damals abnormen Persönlichkeit gleichsetzen?«
    Kopfnicken.
    »Was war Ihr Abgrund?«
    »Ja, dass ich so geworden bin, wie ich geworden bin.«
    »Wenn Sie in diesen Abgrund hineinschauen, was sehen Sie dann?«
    »Nix. Weil ich das verdränge.«
    Joachim Mattock kommt ins Grübeln. Mit dieser kurzen Antwort will ich mich nicht zufriedengeben. Ich schaue ihm in die Augen und signalisiere einerseits Verständnis, andererseits gesteigertes Interesse.
    »Ich denke an meine Taten – alles scheiße gelaufen. Aber es ist geschehen, was soll ich da denken? Das ist mein Leben, das ist mein Abgrund, den habe ich mir selbst geschaffen.«
    Bemerkenswert. Obwohl ich ihm mehrfach Gelegenheit gegeben habe, die Schuld bei anderen Personen bzw. Institutionen zu suchen, beharrt er auf der eigenen Verantwortung für sein kriminelles Tun.
    »Haben Sie Angst vor diesem Abgrund?«
    Joachim Mattock pfeift. »Weiß ich nicht.« Er überlegt einen Augenblick. »Also hier drin nicht. Wenn ich draußen wäre, vielleicht … dann, dann ja.«
    »Was unterscheidet denn Joachim Mattock anno 1993 und 2011?«
    »Ich bin hier nicht im Knast. Im Knast würde ich keinen Unterschied merken, da hätte ich das Verhalten von früher auch beibehalten. Nur hier habe ich gemerkt, dass ich als Mensch behandelt werde, auch wenn ich schlimme Taten gemacht hab. Ich bin dem Pflegepersonal nicht egal. Man hat Vertrauen in einen.«
    »Was hat sich denn im positiven Sinn verändert?«
    »Ja, der Umgang mit Menschen, auch mit Frauen.«
    »Wie haben Sie denn hier den Umgang mit Frauen gelernt?«
    Joachim Mattock berichtet mir, dass er sich zu Beginn seiner Therapie mehrere Jahre lang konsequent verweigert hat. Doch dann geriet er an eine Psychologin, die, obwohl sie schon zweimal von Patienten angegriffen worden war, mit ihm für das Reflektionsgespräch, also den ersten Kontakt, in einen Raum fernab der Station ging – allein!
    »Da war ich ganz klein.«
    »Warum?«
    »Weil sie von den Überfällen erzählt hat und wie sie sich dabei gefühlt hat – als Opfer. Da hab ich mich als Täter wiedererkannt. Da sind mir die Augen geöffnet worden. Heute bin ich stolz darauf.«
    »Inwiefern?«
    »Ich kann mit ihr reden, rumalbern. Heute gehe ich auch von mir aus auf Frauen zu. Das hab ich früher ja nie gemacht.«
    »Gibt es noch andere Kontakte zu Frauen?«
    Er antwortet nicht, schmunzelt aber vielsagend. Seine ablehnende Haltung macht mir Sorgen. Es gibt also nach wie vor Bereiche, über die er nicht reden möchte.
    »Was würde Sie draußen davon abhalten, wieder rückfällig zu werden?«
    »Ich will gar nicht raus – weil ich mir sage: Es würde wieder passieren. Ich müsste wieder aufs Amt, würde wieder eine Abfuhr bekommen, dann noch eine und noch eine. Nee …«
    »Also haben Sie Angst vor dieser Sackgassensituation, die Sie damals …«
    Er unterbricht mich. »Ja, ich hab mir hier ein Ziel gesetzt: Wenn die Phantasien kommen, dann habe ich jemand, dem ich mich anvertrauen kann.«
    Ich überlege kurz, ob ich diese Steilvorlage nutze und ihn auf seine Phantasien anspreche, verwerfe den Gedanken

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