Killers: Roman (German Edition)
Also, was können wir tun? Kannst du dich vielleicht an ihn heranschleichen?«
Donaldson schüttelte den Kopf und schaltete die Innenbeleuchtung an. » Schau dir mal meine Beine an.«
Lucy tat, wie ihr geheißen. Die mit Blut besudelten Bandagen hingen nur noch zerfleddert an seinem Fleisch.
Moment. Das waren keine Bandagen.
Das war seine Haut.
» Transplantate. So ein Arschloch namens Lanz hat mir gesagt, ich sollte mich nicht bewegen, oder sie würden wieder abblättern. Das war wohl kein Witz.«
» Cool. Spielen wir: Ich zeig dir meins, wenn du mir deins zeigst? Ich mach mit.«
Lucy zog die chirurgische Schere aus ihrer Uniform und machte einen kleinen Schnitt in der Bandage ihres rechten Beins. Dann zog sie ein Stück schwarzen Schaum von der Wunde, während Donaldson rasch einen Blick auf das auf der Straße stehende Auto warf. Die Situation hatte sich nicht geändert.
» Ich muss dich warnen«, meinte Lucy. » Ich habe noch keine Hauttransplantation gehabt.«
Ihr Schienbein stach aus einem Loch unter ihrem Knie hervor.
Donaldson schien von dem Schauspiel wie gebannt.
» Ich musste das Morphium absetzen, um entkommen zu können. Die haben mir einen Nervenblock verabreicht, direkt ins Rückenmark, aber der lässt jetzt nach. Der Schmerz ist… spektakulär.«
Donaldson konnte die Augen nicht von Lucys Bein abwenden. Sie faltete den Schaum wieder über die Wunde und schnitt eine Grimasse, als sie eine weitere dreckige Bandage in der Hoffnung darüber legte, dass sie halten würde.
» Du willst mich doch verarschen.«
» Hä?«
» Du spürst rein gar nichts. Du bist querschnittsgelähmt und fühlst kein bisschen.«
» Hier sind wir nicht sicher, D. Wir müssen etwas unternehmen, und zwar schnell.«
» Was denn, kleines Mädchen? Ich kann mich kaum aufrecht halten und habe nur einen einsatzfähigen Arm. Und wie du aussiehst, kannst du überhaupt nicht gehen. Ach, beinahe hätte ich es vergessen, und wir befinden uns mitten im Niemandsland.«
» Was dann? Einfach abwarten und Tee trinken?«
» Der Typ da hat was vor. Irgendwann wird er uns schon wissen lassen, was das ist.«
Sie warteten.
Nichts passierte.
» Du hast behauptet, dass du hundertdreißig Leute ins Je nse its befördert hast«, griff Lucy die Unterhaltung wieder auf.
» Yeah.«
» Ich bin bei neunundzwanzig. Einer für jedes Jahr, das ich auf dieser Erde bin.«
» Ich schätze Frauen mit Schneid.«
» Wir waren beide im Fernsehen. Die Leute wissen, dass wir im Krankenhaus waren.«
Donaldson schnitt eine Grimasse. » Und was soll das genau heißen?«
» Vielleicht hat eines unserer Opfer Familie. Familie, die nicht besonders erquickt ist.«
Durch die Windschutzscheibe sahen sie, wie sich die Fahrertür des Wagens öffnete.
Eine dunkle Gestalt stieg aus.
» Sieht ganz so aus, als ob wir es bald herausfinden werden«, bemerkte Donaldson.
Der Fahrer war groß und dünn. Einen Augenblick lang blieb er neben seinem Wagen stehen, den zunehmenden Dreiviertelmond in seinem Rücken, und die Scheinwerfer des Hondas tauchten ihn in grelles Licht, sodass man seine Gesichtszüge nicht erkennen konnte.
Dann kam er auf sie zu. Seine schwarzen Stiefel wirbelten mit jedem Schritt Staub und Steine auf.
» Jetzt wäre der rechte Moment, mir die Schere zu geben«, meinte Donaldson.
Das Gesicht des Mannes leuchtete blass im Mondlicht. Er war dünn wie eine Bohnenranke. Ein Luftstoß fuhr durch seine langen schwarzen Haare, sodass ein paar Strähnen an seinen dünnen, blassen Lippen klebenblieben.
Lucy holte erneut die Schere aus ihrer Uniform und reichte sie Donaldson.
» Den kenne ich irgendwoher«, sagte Lucy.
» Bist du dir sicher, dass du neunundzwanzig getötet hast? Vielleicht waren es nur achtundzwanzig, und Nummer Neunundzwanzig fühlt sich ans Bein gepinkelt.«
Lucy atmete zitternd aus. » Das ist unmöglich, das kann er nicht sein.«
Der Mann war nur noch drei Meter von ihrem Honda entfernt, und weder Lucy noch Donaldson konnten ihre Augen von ihm abwenden.
» Es wäre an der Zeit, dass du mich einweihst«, schlug Donaldson vor.
» Als ich fünfzehn war, bin ich von Zuhause weggerannt, zu einer Krimi-Tagung in Indianapolis, um meinen Lieblingsautor, Andrew Z. Thomas, zu sehen. Als ich dort war, habe ich das erste Mal gemordet. Das war eine schmutzige Sache. Ich hatte keine Ahnung, auf was ich mich da eingelassen hatte. Hätten diese beiden Typen mich nicht unter ihre Fittiche genommen, säße ich jetzt garantiert nicht hier,
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