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Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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ist.
    Wenn man im Luxussegment des Maklergeschäfts anfängt, lernt man diese Lektion binnen Tagen, und ich konnte es kaum erwarten, mich selbst so zu benehmen.
    Um schon mal damit anzufangen, beendete ich das Gespräch ohne ein weiteres Wort. Wenn sie schlau war, wusste Melania jetzt, dass ich nunmehr die Wahl hatte, ihrem Boss zu stecken, dass sie seine Nachricht nicht weitergegeben hatte, oder nicht. Das hieß, ich hatte etwas bei ihr gut, was wiederum hieß, dass es sich am Ende für mich auszahlen würde, an der Nase herumgeführt worden zu sein. Wenn man gewitzt genug ist, die Spielchen anderer Leute zu durchschauen, kommt man voran.
    Bill Moore hat ein Gespür dafür.
    Bill Moore ist nicht auf den Kopf gefallen.
     
    Nur dass … das Arschloch sich auch dort nicht blicken ließ.
    Das Krank’s ist eine ziemlich neue Kombination aus Bar und Restaurant in der Main Street von Sarasota, Ecke Lemon Avenue – der Straßenname stammt noch aus der Zeit, als die Stadt nur dazu da war, Zitrusfrüchte anzubauen und zu verschiffen –, die Art von ultratrendigem Schuppen, in dem man sich ständig vor Augen halten muss, dass man nicht nur deshalb dort ist, um sich den Launen des Personals zu fügen. Ich war zehn Minuten früher da als abgemacht. Wenn man in die Bar kam, traf einen die Musik wie ein Schlag ins Gesicht, also besorgte ich mir eine Flasche Ybor Gold und nahm sie mit nach draußen auf die Terrasse.
    Ich trank das Bier. Fünfundzwanzig Minuten später hatte sich Warner noch nicht blicken lassen. Ich holte mir noch ein Gold. Trank auch das leer. Warner tauchte immer noch nicht auf. Das Bier allerdings bewirkte, was ein Bier am Abend nach zu viel Wein eben bewirkt: Ich fühlte mich um einiges besser.
    Also holte ich mir noch eins. Bis ich damit fertig war, ging es schon auf elf Uhr zu, und ich war kaputt. Ich überlegte, ob ich Melania noch einmal anrufen sollte, ließ es aber bleiben. Ich würde sie damit lediglich wissen lassen, dass ihr Boss keine Gewissensbisse hatte, mich wiederholt zu versetzen. Sämtliche Blogs sagen einem, dass die Leute ihr Gegenüber nach dessen Selbstwertgefühl taxieren, und das stimmt; doch mit absoluter Sicherheit taxieren sie einen auch nach der Achtung, die andere einem entgegenbringen. Melania brauchte nicht zu erfahren, dass ich erneut versetzt worden war, jedenfalls nicht von mir.
    Ich bezahlte meine Rechnung und fuhr vorsichtig heim.
    Als ich zu Hause eintraf, signalisierte die Beleuchtung, dass Steph zu Bett gegangen war. Einen Moment lang blieb ich im Wohnzimmer stehen und überlegte, ob es mir irgendetwas bringen würde, eine Runde zu schwimmen. Ich entschied mich dagegen. Stattdessen ließ ich sachte den Rülpser heraus, der sich seit dem letzten Bier angestaut hatte, und roch einen Hauch Mandarine in meinem Atem.
    Ich ging in die Küche, um zwei Gläser mit Wasser zu holen und ins Schlafzimmer mitzunehmen – Steph dachte nie daran, sich selbst eins mitzunehmen, mochte es aber, wenn ich ihr eins brachte –, und trottete nach oben. Sie saß, noch wach, ans Kissen gelehnt und las.
    »Hey, Süßer. Gut gelaufen?«
    »Nein, er ist nicht aufgetaucht.«
    »Tatsächlich?«
    »Tatsächlich.«
    »Und was hast du dann die ganze Zeit gemacht?«
    »Gewartet.«
    »Und wo?«
    Ich legte mich neben sie ins Bett. »Vor seinem Haus, dann bei Krank’s – wo er laut seiner Assistentin auftauchen sollte.«
    »Ziemlich verkorkster Abend, was?«
    »Kannst du laut sagen.«
    Sie machte das Licht aus und drehte sich auf ihre Seite.

7
    S ein Entführer hat nur eine Frage. Der Mann versteht ganz genau, was das heißt. Er kapiert, was der andere wissen will. Ihm ist auch klar, dass er wahrscheinlich stirbt, sobald er die Frage beantwortet hat.
    Und so hat er eben geschwiegen.
    Bis jetzt.
     
    Er ist vor einigen Stunden aufgewacht. Das Bewusstsein ist langsam in ihm hochgekrochen, als sei es nicht sicher, ob es wirklich eine gute Idee war, sich wieder einzumischen. Irgendwann hat es sich stabilisiert. Seine Augenlider fühlten sich bleischwer an, und so ließ er sie erst einmal zu. Ihm brummte der Schädel wie nach einem Abend mit schwerem Rotwein. Andere Teile seines Körpers sandten nüchterne Signale aus, als wären sie mit etwas Hartem kollidiert. Er hatte keinen Hunger. Ihm war sehr warm.
    Diese Eindrücke stellten sich wohlgeordnet nacheinander ein, als trügen winzige, dienstbare Geister sie auf burgunderroten Kissen herein. Einen Moment lang glaubte er sogar, diese katzbuckelnden,

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