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Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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leckte. Die letzten Zweifel, Karren könnte die besagte E-Mail von meinem Computer aus verschickt und beim Anklicken der Senden-Taste ein böses Lachen ausgestoßen haben, waren in diesem Moment ein für alle Mal zerstreut. Ich hegte keinen Zweifel, dass sie schlau und couragiert war, doch es hätte schon einiges an Unverfrorenheit dazugehört, von sich selbst abzulenken und mich dabei gleichzeitig so offensichtlich auflaufen zu lassen.
    Als Karren zwanzig Minuten später aufs Klo ging, schoss ich zu Janines Computer hinüber. Die E-Mail war noch zusammen mit etwa siebzehn Millionen anderen in ihrem Eingangskorb. Ich leitete den Witz an meine eigene E-Mail-Adresse weiter und löschte sie, sobald ich damit fertig war, aus ihrem Gesendet-Ordner.
    An meinem eigenen Computer stellte ich dann fest, dass die ursprüngliche Nachricht heute Morgen um 9 : 33  Uhr verschickt worden war – genau zu dem Zeitpunkt, als ich selbstgerecht in der Post Schlange stand, um ein Paket an Amazon zurückzuschicken, so dass zwei kleine, unerklärliche Ereignisse zusammenfielen.
    Ein Buch, das ich nicht bestellt hatte.
    Eine E-Mail, die ich nicht verschickt hatte.
     
    Bis ich mich zum Mittagessen hinausschlich, hatte ich mir auf beides noch keinen Reim gemacht. Als ich wenig später vor dem Deli saß und mit den Fingern auf das heiße Metall der Tischplatte trommelte, sah ich, wie Tony Thompson aus dem Empfangsgebäude kam. Er sah mich und kam zu mir herüber.
    Mein Magen machte einen kleinen Salto. Tonys Adresse war auf dem Verteiler der E-Mail gewesen. Als er die Rampe zu mir herunterlief, holte ich langsam tief Luft.
    »Witzige E-Mail, Bill«, sagte er, bevor ich auch nur den Mund aufbekam. »Hab mich totgelacht. Wenn Sie noch mehr in der Art auf Lager haben, schicken Sie sie rüber. Ach ja, Marie und ich werden uns über die Sache unterhalten, die wir neulich besprochen haben. Wahrscheinlich heute Abend.«
    Ich machte den Mund zu, lächelte und sagte gar nichts mehr.
     
    »Unmöglich, das zu sagen«, erklärte der Nerd. »Unterm Strich kann es jeder auf der Welt gewesen sein.«
    »Und das ist alles?
Das
ist Ihre professionelle Meinung? Wie viel bezahlt man Ihnen für ein derartiges Know-how?«
    Ich saß mit ihm vor der Eisdiele des Circle. Es ging auf sieben Uhr abends zu, war jedoch noch warm und wurde immer schwüler.
    Er leckte an seiner Schokoeis-Waffel. »Um einiges weniger als Ihnen, Mann. Außerdem keine Provision. Ganz zu schweigen davon, dass ich den ganzen Tag mit der Scheiße zubringe, die irgendwo zwischen der Stelle, wo der Computer steht, und dem Stuhl gegenüber ausgeheckt worden ist – womit der User gemeint ist.«
    »Hab den Witz verstanden. Lache still in mich hinein.«
    Die Idee, den High-Tech-Typen der Firma zu rufen, war mir irgendwann am Nachmittag gekommen. Er hatte drei Stunden gebraucht, um sich von den IT -Erfordernissen des Hauptbüros loszueisen, und nochmals vierzig Minuten, um meinen Computer zu überprüfen.
    Die größte Herausforderung bestand darin, ihn davon abzuhalten, die ganze Zeit darüber zu quatschen, was er gerade machte, doch zum Glück war ich inzwischen der Letzte im Büro. Kaum stieß er sich mit meinem Stuhl vom Tisch ab, überredete ich ihn trotzdem, das Gespräch anderswo weiterzuführen. Mit einem spindeldürren Jungen Mitte zwanzig in einem abgetragenen Pearl-Jam-T-Shirt herumzusitzen, trug nicht gerade dazu bei, mein Gleichgewicht wiederzufinden, besonders da sein Handy in unregelmäßigen Abständen piepste: ein einziges, kurzes
Ping
wie ein Echolot. Jedes Mal, wenn das passierte, legte er den Kopf schief, um auf das Display zu schielen, ohne jedoch dranzugehen oder sonst etwas zu tun, was mich bald nervte.
     
    »Sie haben es mit zwei Problemen zu tun«, sagte er und blinzelte in die letzte, untergehende Abendsonne. »Das erste ist diese E-Mail. Die einfachste Erklärung ist natürlich, dass sich jemand im Büro an Ihren PC gesetzt hat. Nicht gerade ein legendäres Exploit.«
    »Exploit?«
    »So nennt man einen Hacker-Triumph.«
    »Und von wem reden wir da?«
    »Von Hackern.«
    »Arschlöchern, die kein eigenes Leben haben, meinen Sie.«
    »Kann man so sehen, wenn man will. Jedenfalls wäre dieses Szenario kein Exploit. Das würden selbst Newbies und Script-Kiddies als unter ihrer Würde befinden. Auch wenn Sie es kaum glauben werden, wie viele Leute ihre Computer unbeaufsichtigt lassen – und das mit geöffnetem E-Mail-Konto.« Er sah mich vielsagend an.
    »Ich bin Makler«,

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