Killerspiel
keine Kinder. Wegen dir hab ich sechzehn Jahre im Knast verbracht, für den Mord an der Frau, mit der ich Kinder haben wollte.«
»Geschieht dir recht. Du bist ein Versager, und sie war ein Flittchen. Davon braucht die Welt nicht mehr in ihrem genetischen Eintopf.«
Hunter tritt erneut zu, und diesmal fest. So fest, dass der Mann auf dem Stuhl aufschreit, beinahe schrill, und dass er den Stuhl auf dem Betonvorsprung ins Wanken bringt.
»Willst du noch einen?«, fragt Hunter in verhalten wütendem Ton. »Nach wie vielen Tritten rutscht wohl ein Stuhlbein über den Rand, was meinst du?«
Vom Schmerz benommen, ist der Mann sich plötzlich nicht sicher, ob das Ganze so eine tolle Idee war. Dennoch blickt er zu Hunter auf. »Du kippst mich nicht da runter, Arschloch. Tu’s doch, und du gehst leer aus.«
Hunter sieht ihn keuchend an. »Du bist clever«, sagt er schließlich, und seine Stimme klingt wieder ruhig. »War ja auch klar – sonst wärst du wohl nicht so erfolgreich im Leben, nicht wahr? Ich hab tatsächlich noch nicht vor, dich da runterzustoßen, das siehst du richtig. Aber deshalb stecke ich in der Klemme. Es schränkt die Drohungen ein, auf die ich zurückgreifen kann – und du, Schlaukopf, erkennst das messerscharf. Hmm. Ah, warte, mir ist da gerade was eingefallen.«
Er dreht sich um und geht wieder zur gegenüberliegenden Wand, wo er sich bückt und den Betonstein aufhebt.
»Über die Jahre im Gefängnis habe ich einen gewissen Trost in sich wiederholenden Abläufen und Ritualen gefunden«, sagt er. »Als es mir dort allmählich etwas lang wurde, halfen mir die Dinge, die jeden Tag auf dieselbe Art und zur selben Zeit abliefen. Es machte das Ganze zu einem endlosen, dunklen Traum, so dass ich mir manchmal weismachen konnte, dass es mir überhaupt nicht widerfuhr, sondern nur ein bizarrer Schatten war, der sich in einer einzigen Nacht immer wieder um die eigene Achse drehte. Vielleicht geht es dir ja genauso.«
Er kommt zum Stuhl zurück. Wieder hebt er die Hand mit dem Betonstein über dem Knie des anderen Mannes in die Höhe.
»Mal sehen«, sagt er leise.
Und an dem Punkt kommt der Mann auf dem Stuhl zu dem Schluss, dass er lange genug gewartet und den Kerl genug auf die Palme gebracht hat und es Zeit ist, die Sache
hier und verdammt noch mal jetzt zu beenden.
Er nennt einen Namen, platzt damit heraus, wiederholt ihn drei Mal, so dass sich die Silben überschlagen.
Hunter erstarrt.
Er blickt lange zu dem anderen Mann herab, während er die Hand mit dem Stein immer noch vollkommen still in die Höhe hält.
»Tatsächlich?«
Der Mann auf dem Stuhl nickt fieberhaft.
»Ich nehme an, ich kann dir glauben«, sagt Hunter und lässt die Hand sinken, während sein Blick schon in die Ferne schweift. »Dreckskerl. Auch zu dem hab ich irgendwie aufgeschaut. Danke, immerhin ein Anfang. Gut gemacht. Ich hoffe, dass wir künftig auf diesem positiveren Weg gemeinsam weitermachen.«
Er nimmt den Betonstein wieder mit und legt ihn ab. »Ich lass ihn allerdings da liegen – nur für den Fall, dass die Sitzung morgen nicht so gut läuft.«
Er nimmt die Wasserflasche, kehrt zu dem Mann auf dem Stuhl zurück und lässt sie auf seinen Schoß fallen. »Wenn dir noch ein paar Namen einfallen«, sagt er, »dann lass ich dich das nächste Mal vielleicht sogar ein bisschen davon trinken.«
Dann tritt er über den Rand des Bodens und verschwindet, wie ein Raubvogel, der aus dem Himmel herabstürzt.
13
A ls ich aus der Dusche kam, hatte Steph bereits das Haus verlassen. Ich wusste, dass sie irgendeine besonders wichtige Besprechung hatte, auch wenn ich mich nicht entsinnen konnte, mit wem. Als ich die Treppe hinuntertappte und in eine Küche trat, die mir größer als sonst und übernatürlich leer erschien, merkte ich, was für ein seltsames Gefühl mir das gab. Unsere Leben waren so eng miteinander verwoben, dass ich normalerweise ganz genau wusste, was Steph vorhatte oder gerade tat oder was sie umtrieb. Nicht so an diesem Morgen. Sie war irgendwo unterwegs, um sich mit irgendjemandem zu treffen. Keine große Sache, aber in Wahrheit doch. Das Leben fühlte sich unterschwellig anders an.
Außerdem war sie früh gegangen. Es war erst Viertel nach sieben. Ich warf die Kaffeemaschine an und griff zu meinem Laptop – dem jetzt eine gründliche Überprüfung durch Kevin bevorstand, und zwar so bald wie möglich, ob es Kevin passte oder nicht – sowie zu meinem Handy. Ich kopierte den Ordner mit den Fotos
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