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Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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drehten uns beide um und sahen, wie Cassandra, das Eis-Mädchen, auf uns zukam.
    »Du liebe Zeit«, sagte sie. »Was für ein kataklystischer Online-Dating-Zufall hat
euch
beide denn zusammengebracht?«
    »Hey, Cass«, murmelte Kevin. In Gegenwart eines realen Mädchens aus Fleisch und Blut verdreifachte sich seine Nerdhaftigkeit. »Was gibt’s?«
    »Tja, also«, fing sie an und hielt inne, um sich eine Zigarette anzuzünden, indem sie die Hand vor die Flamme hielt, als wollte sie sie gegen starken Wind schützen. »Ich genieße immer noch den Siegesrausch darüber, dir eine Abreibung verpasst zu haben.«
    Wahrscheinlich bildete ich so etwas wie ein menschliches Fragezeichen. Das Mädchen blies einen Mundvoll Rauch aus und grinste. Ich sah zu, wie der Rauch in der heißen Luft verflog.
    »Ich und Kevs – oder vielmehr Lord Kevinley von Benjamin’s Estate – hängen seit einiger Zeit in derselben LAN -Gang ab«, erklärte sie. »Gestern waren wir beide bei einem Meatspace-Treff, um uns in fröhlicher Runde mit ein bisschen Mittelalter-Schlachterei die Zeit zu vertreiben. Lady Cassandra von der Ewigen schauerlichen Flamme – das bin ich – erwies sich für diesen Herrn und seine Ratten-Punk-Komplizen als
klar
überlegene Strategin.«
    »Meatspace?«
    Ihre ausladende Geste umschloss das ganze Universum. »Dieser heiße, stinkende Ort, den einige als ›Die reale Welt‹ bezeichnen und in der wir gezwungenermaßen rumhängen. Zumindest einen Teil der Zeit.«
    Kevin kicherte bewundernd, und ich sah, dass es ihm egal war, bei diesem dämlichen Spiel verloren zu haben, zumindest gegen dieses Mädchen – und dass ihre Gegenwart in der vielgeschmähten realen Welt wahrscheinlich eine entscheidende Motivationsquelle für ihn war, bei dem Spiel mitzumachen.
    »Muss weiter«, sagte Cassandra. »Kevs, man sieht sich gleich im Chat-Universum. Mr. Moore, Ihnen servier ich nachher gerne den gefrorenen Kuhspritzer, sollten Sie geruhen, bei uns reinzuschauen.«
    Kevin und ich sahen ihr hinterher wie einer sich entfernenden kühlen Brise, bevor wir in den Backofen meines Wagens stiegen.
     
    Ich setzte ihn am Hauptsitz von Shore oben in der Ocean View Mall ab und fuhr nachdenklich zu The Breakers zurück. Als ich den Wagen abstellte, sah ich Karren an einem Tisch draußen am Deli sitzen. Sie hob kurz den Kopf, als ich aus dem Wagen stieg, und starrte dann wieder auf ihre Hände.
    Ich ging zu ihr hinüber. »Alles in Ordnung?«
    »Geht so. Die Polizei kommt her.«
    »Weshalb?«
    »Sie glauben, dass David Warner vielleicht tot ist.«

15
    S ie trafen eine Viertelstunde später ein. Ich saß immer noch mit Karren zusammen, für die das Ganze auf folgende Erkenntnis hinauslief: An sich haben wir den Mann gar nicht gekannt, aber, na ja,
shit happens.
Für mich sah die Sache wesentlich komplizierter aus. So kompliziert, dass ich froh war, die Situation vorerst durch Karrens simple Brille zu betrachten. Schließlich kam das Polizeiauto um die Kurve und parkte vor unserem Büro. Deputy Hallam stieg an der Fahrerseite aus, Sheriff Barclay an der anderen. Ich hatte schon oft ein wenig abschätzig gedacht, dass Sheriff Barclay die ideale Besetzung für die Rolle eines typischen Sheriffs alter Schule abgäbe. Über eins achtzig groß, mächtige Hände, breite Schultern und erst der Bauch. Als er jedoch auf unseren Tisch zukam, sah er keineswegs wie jemand aus, den man unterschätzen sollte.
    »Morgen, Mr. Moore. Und Sie sind Karren White?«
    Wir bestätigten ihm dies.
    »Sollen wir in Ihr Büro gehen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Warum nicht hier?« Ich wollte nicht nach drinnen gehen; es würde so aussehen, als hätte ich etwas zu verbergen.
    Barclay nickte Hallam zu, der ein paar Stühle heranzog.
    »Sie wissen, weshalb wir da sind?«
    »Karren hat es mir gesagt. Also … was ist denn genau passiert?«
    »Wenn wir das wüssten, wären wir nicht hier. Oder zumindest anders.«
    »Was soll das denn heißen?«, fragte Karren spitz.
    »Verstehen Sie mich nicht falsch«, sagte der Sheriff. »Ich glaube nicht, dass einer von Ihnen etwas mit David Warners Verschwinden zu tun hat. Ich meine, nach allem, was Ms. White mir erzählt hat, hofften Sie, sein Haus zu verkaufen.«
    »Das stimmt«, sagte ich.
    »Im Moment sind wir nicht sicher, was passiert ist und wann. Vor zwei Stunden haben wir das Haus von Mr. Warner gestürmt. Wir haben Indizien dafür gefunden, dass er vielleicht entführt worden ist, möglicherweise verletzt oder sogar

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