Killerspiel
unabhängig von Rasse, Religion und Geschlecht ans Bein zu pinkeln.«
»Ein Gleichberechtigungsarschloch. Hast du zufällig eine Nummer von ihm?«
»Nein«, sagte sie, sichtlich verlegen. Das war nett, schon allein wegen des Seltenheitswerts. Wenn es sich irgendwie vermeiden ließ, machte Karren keine Fehler. »Hab vergessen, sie mir zu notieren. Wie blöd von mir!«
Allerdings. Es gehört zu den ehernen Gesetzen des Berufs, sich die Telefonnummer eines potenziellen Kunden aufzuschreiben. Ich lächelte und sagte so etwas wie »kein großer Verlust«.
Als sie sich hinsetzte, um E-Mails rauszujagen, griff ich zu einem der Bürotelefone und scrollte mühselig die Liste der eingegangenen Anrufe durch. Als ich bei Dienstagmorgen angelangt war, machte ich langsamer weiter, da ich wusste, dass mein Vorhaben nicht einfach war, wenn man bedachte, wie viele Anrufe wir jeden Tag bekommen, fast alle mit Vorwahlnummern aus der näheren Umgebung.
Ich war drauf und dran, aufzugeben, als ich eine Nummer sah, die mir bekannt vorkam. Ich glich sie mit meinem Handy ab und sah mich bestätigt. Als ich mit Hazel draußen vor Jonny Bo’s saß, war im Büro ein Anruf von der Nummer eingegangen, die ich für Melanias Handy gespeichert hatte.
»Karren – er hat selbst im Büro angerufen, ja? Ich meine, Warner? Nicht seine Assistentin?«
»Nein, er selbst.«
»Ich meine, es hat niemand durchgestellt – ›Ich hab das Arschloch, meinen Boss, in der Leitung, nehmen Sie einen Anruf vom Planeten der Affen entgegen‹?«
Karren lachte wahrhaftig, unaffektiert, eine völlig neue Erfahrung. »Nee.«
Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.
Kevin, der Nerd, erwies sich als ein billiger Lunch-Gast. Er war bekennender Fan irgend so eines überbackenen Sandwiches, das sie bei Starbucks im Angebot hatten. Ich traf mich mit ihm in der Filiale am St. Armands Circle und ließ ihn mit meinem Laptop an einem Tisch zurück, während ich selbst ein paar Erledigungen machte, für die ich etwa ein Drittel meiner Aufmerksamkeit aufwendete. Der Rest teilte sich zwischen der quälenden Frage, ob ich Steph anrufen sollte, und dem starken Wunsch nach einer Zigarette auf. Am Ende rief ich sie nicht an, schickte ihr aber noch eine SMS . Ich kaufte auch keine Marlboro Lights.
»Was hat es mit dem Wort ›Modified‹ auf sich?«, fragte Kevin bei meiner Rückkehr.
Ich zuckte heftig zusammen, als ich mich setzte, weil ich befürchtete, den Ordner mit den Bildern nicht richtig von meinem Desktop gelöscht zu haben. »Wieso fragen Sie?«
»Sie haben etwa zehn, zwanzig Ordner mit der Bezeichnung. Außerdem haben Sie Ihre Festplatte so genannt, richtig?«
»Nein«, sagte ich und fragte mich, wieso mir das gestern Abend entgangen war. »Sie hieß, na ja, die übliche Standardeinstellung. Hard Drive, HD … ich kann mich nicht erinnern.«
»Also gut, dann kommt das noch auf den Stapel an Merkwürdigkeiten, aber ich sag Ihnen gleich, der ist ziemlich bescheiden. Sie haben hier nichts drauf, was die Alarmglocken schrillen lässt. Kein Tastenanschlagaufnahmegerät, nichts Ungewöhnliches bezüglich WLAN . Die integrierte Firewall funktioniert, wie sie sollte, keine verdächtigen Schnittstellen offen. Ihr Apparat ist im großen Ganzen sauber und Ihr Desktop so ordentlich, wie ich noch keinen gesehen habe. Ich hab Ihnen einen Goldstern gegeben.«
»Und was sagt uns das?«
»Zwei Möglichkeiten«, antwortete er, und ihm schien dabei ein wenig unwohl zu sein. »Entweder ist jemand durch Ihr bewachtes Tor eingedrungen – jemand, der sich Passwörter und wer weiß noch was aus der Luft schnappen und sich durch die Firewall zurückwühlen kann, um Ordner- und Laufwerkzuweisungen zu ändern.«
»Wie schwer wäre das?«
»Ziemlich schwer.«
»Und die zweite Möglichkeit?«
»Physischer Zugriff auf Ihren Laptop. Das ist die weitaus einfachste Erklärung. E-Mails zu versenden, ist ein Klacks. Ihr Browser hat ein Cookie gespeichert, was es leichtmacht, zum Beispiel eine Bestellung bei Amazon aufzugeben, es sei denn, man würde sich jedes Mal ausloggen, was kein Mensch tut. Und das Umbenennen von Ordnern oder Festplatten ist wesentlich leichter zu erklären, wenn jemand einfach an Ihrem Computer sitzt.«
»Es gibt nur eine Person, die Zugang zu meinem Laptop hat«, sagte ich. »Meine Frau.«
Kevin schwieg. Er sah so aus, als würde er sich jetzt noch eine Spur unbehaglicher fühlen.
Als wir aus dem Starbucks kamen, rief jemand Kevins Namen. Wir
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