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Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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kälter, aber leider keinen Deut klarer anfühlte. Das Handtuch, das ich benutzte, roch ein wenig nach Moder, was bei mir eine Mischung aus Nostalgie und Zuneigung auslöste. Zumindest brachte ich diese Gefühle, glaube ich, dem Handtuch entgegen.
    Als ich ins Wohnzimmer zurückkehrte, sah ich, dass Cassandra die Milchglastür am hinteren Ende geöffnet hatte, wodurch ein winziger Balkon zum Vorschein kam. Außerdem hatte sie ihren Mantel ausgezogen und hielt ein weißes USB -Kabel in der einen, eine Flasche Rotwein in der anderen Hand.
    »Eins davon brauchen Sie«, sagte sie und schwang die Hand mit dem Kabel. Sie trug eine schwarze Jeans und ein enges, mehrschichtiges Top aus schwarzer Spitze mit U-Ausschnitt und Ärmeln bis zu den Handgelenken. »Das andere wohl eher nicht. Aber Sie entscheiden.«
    »Vielleicht ein kleines Glas, während das Handy lädt. Dann mach ich mich lieber wieder auf die Socken.«
    Sie schloss mein Handy erfolgreich an ihren ramponierten Laptop auf dem Tisch an und wartete, bis es piepste, um anzuzeigen, dass es Saft bekam.
    »Alle Systeme betriebsbereit. Jetzt können wir nur noch … warten.«
    Sie goss mir ein halbes und sich selbst ein volles Glas Wein ein, bevor sie sich auf das sofaähnliche Möbel setzte.
    »Also, mein Freund.«
    Ich fühlte mich schwerfällig und verlegen, ein ungepflegter, älterer Mann im improvisierten Zimmer einer jungen Frau. »Also, was?«
    Mit dem Glas auf dem Schoß sah sie zu mir auf. Sie hatte ein offenes, sehr hübsches, faltenfreies Gesicht. »Wir haben jetzt ein bisschen Zeit. Sie müssen selbstverständlich nicht, aber … wollen Sie mir erzählen, was los ist?«

24
    E ine Stunde später hatte ich ihr zu meinem eigenen Erstaunen eine Menge erzählt. Über die E-Mail mit dem Witz, das Buch von Amazon, die Tatsache, dass die Polizei behauptete, David Warner sei tot, während ich mit eigenen Augen gesehen hatte, dass dem nicht so war. Inzwischen saßen wir mit dem Rücken am Pseudo-Sofa auf dem Boden, und ich war unterrichtet worden, dass ich sie, wenn ich wollte, Cass nennen dürfe.
    Zu meiner Verteidigung sei gesagt, dass ich es noch zwei Mal übers Festnetz und auf Stephs Handy versuchte. Es war nunmehr elf Uhr durch, und die Welt schien ins Trudeln zu geraten. Mitternacht ist eine vernünftige Zeit, um nach Hause zu fahren; an dem Abend, als ich versuchte, mich mit Warner zu treffen, war ich auch etwa um Mitternacht nach Hause gekommen. Mitternacht kann schon mal vorkommen, wenn der Abend ein wenig außer Kontrolle gerät. Wird es deutlich später, ist man entweder dabei, einen Gedanken von entscheidender, weitreichender Bedeutung zu formulieren, oder … ich konnte den Gedanken gar nicht ganz zu Ende bringen. Entweder das, oder man verheddert sich auf unzuträgliche Weise.
    »Okay, also, das ist schon sehr bizarr«, sagte Cassandra, nachdem sie über das, was ich losgeworden war, nachgedacht hatte. Sie goss uns beiden ein weiteres Glas Wein ein. Nicht zum ersten Mal. »An Seltsamkeit ist das nicht zu toppen.«
    »Kann man wohl sagen.«
    »Allerdings verstehe ich nicht, wieso Ihre Frau so sauer auf Sie ist. Ich meine, ein anzüglicher Fotoband, selbst wenn Sie ihn bestellt hätten … keine so große Sache, oder? Ich hab nicht den Eindruck bekommen, dass sie total verklemmt oder ’ne Frau von der Stange ist, wieso also der Knatsch?«
    Bier auf Wein, Wein auf Bier, ich wusste nicht mehr, wie herum … doch ich griff in meine Tasche und zog den Stick heraus.
    »Gestern Abend«, sagte ich, »komm ich nach Hause, und sie ist an meinem Laptop gewesen, um sich Fotos von einer Party bei Freunden runterzuladen. Stattdessen hat sie das hier gefunden.«
    Meine Absicht war es, die Bilder nur sehr vage zu beschreiben, doch Cass schnappte sich den Stick, sprang auf und war schon an ihrem Schreibtisch, um ihn in einen Anschluss an ihrem Laptop zu stecken, bevor ich reagieren konnte.
    »Warten Sie«, sagte ich und rappelte mich hoch, doch bis ich hinter ihr stand, erschienen schon die ersten Fotos auf dem Bildschirm.
    »Eine schlechte Aufnahme von einem Fenster bei Nacht«, sagte Cassandra. »Verständlich, dass sie darüber … uhh, autsch, kapiert. Ei-ei-ei.«
    Als das vierte Foto erschien – das erste, auf dem Karren White oberhalb der Taille nichts mehr anhatte –, stand ich neben Cass. »Ich hab die nicht gemacht«, sagte ich so peinlich berührt, wie es nur ging. »Aber sie sind alle mit dem Datum und der Uhrzeit eines Abends versehen, an dem man

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