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Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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Tag nach ihrem Geburtstag, und alles war irgendwie gut.
    Das war unser Frühstück bei McDonald’s.
    Damals wusste ich noch, wer ich war.
     
    Ich hatte nicht gemerkt, wann es zu regnen aufgehört hatte, es wurde mir nach und nach bewusst. Ich rief im Krankenhaus an und erfuhr, dass Stephanie schlief und ihr Zustand allem Anschein nach stabil war. Ich hätte am liebsten gewendet und wäre sofort zurückgefahren, um an ihrem Bett zu wachen und sie mit meiner Willenskraft wieder gesund zu machen, doch ich wusste, dass ich im Moment etwas anderes zu erledigen hatte.
    Ich fädelte mich wieder in den zähflüssigen Verkehr nach dem Platzregen ein und fuhr Richtung Longboat Key.

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    Teil III
    Unmittelbare Zukunft
     
     
     
    Lass uns mit einem Kuss
    in eine fremde Welt aufbrechen.
     
    Alfred de Musset,
    La nuit de mai

34
    W arner sitzt wieder auf einem Stuhl, diesmal jedoch nicht auf einem harten Holzstuhl, sondern auf einem gepolsterten, bequemen Sessel. Er hat keine Ahnung, wo sich der Sessel befindet, doch es ist ziemlich warm. Obwohl er nackt ist, läuft der Schweiß in Strömen an ihm herunter, und er riecht, wie ihn sein eigener Geruch in eine Wolke hüllt. Er sieht die Schweinerei an seinem Oberschenkel, und es sieht schrecklich aus, wie zerfetztes Fleisch, das man in der Sonne liegen ließ. Sie haben ihm etwas gegeben – ziemlich
viel
davon –, um den Schaden einzudämmen. Es hat funktioniert. Die Schmerzen sind verflogen, in seinem ganzen Körper, einfach weg, auch wenn er seine armen, gebrochenen Finger immer noch nicht bewegen kann. Er fühlt sich toll. Er fühlt sich phantastisch. Ihm geht es einfach saugut, und er ist mit allem glücklich und zufrieden.
    Er richtet sich ruckartig auf, sieht sich um. Versucht herauszubekommen, wo dieser Ort himmlischen Wohlergehens sich befindet. Ein Hotelzimmer? Eine Wohnung? Die Gardinen sind geschlossen, die Lichter gedämpft. Der Boden ist mit Plastikfolie ausgelegt. Es liegt jemand darauf.
    Eine Frau.
    Und von einer Sekunde zur anderen öffnet sich das Druckventil in seinem Herzen. Es ist ein Gefühl, das er schon oft gehabt hat. Wie oft? Kann er nicht sagen. Natürlich erinnert er sich an die Erste – der Erinnerung ist er schon heute Morgen nachgegangen. Aber danach? Wer zählt denn schon? Er hat nie Souvenirs behalten, obgleich das viele tun. Seit er weiß, dass er nicht allein ist und dass es sogar eine Organisation gibt, ist er auf Männer und einmal sogar auf eine Frau getroffen – und ihm ist bekannt, dass manche auf einer imaginären Latte Kerben einritzen oder jedes Mal irgendetwas behalten, um diese Sternstunden im Nachhinein noch einmal zu genießen. Er nicht. Wenn er es getan hat, dann ist es vorbei. Er zieht weiter, den Blick nach vorn gerichtet.
    Er hört ein Geräusch, was ihn verwirrt. Kommt es von ihm? Er glaubt nicht. Es war ein leises, tiefes Stöhnen. Das kann nicht er gewesen sein. Ihm ist eher nach Singen zumute. Er könnte sein Glück in den Himmel schreien.
    Der Laut wiederholt sich, und ihm wird klar, dass er von der Frau auf der Plastikfolie kommt, und die aufwallende Energie in seinem Kopf vernebelt ihm fast den Blick. Seine Freude kennt keine Grenzen. Halleluja –
sie lebt noch.
    Er neigt den Kopf und sieht sie sich richtig an. Sie trägt eine schwarze Bluse und einen langen Rock. Man hat ihr die Hände mit einer Plastikfessel im Rücken zusammengebunden, und sie ist geknebelt. Sie regt sich, als wäre sie gerade erst zu sich gekommen und würde schnell erkennen, dass hier etwas Schreckliches mit ihr passiert. Sie hebt ruckartig den Kopf und sieht ihn im Sessel. Sie reißt die Augen auf.
    Er grinst über beide Ohren. Ihm ist egal, wo die Frau herkommt. Er weiß nur, dass das widerliche Dreckstück auf dem Boden vor ihm dieses Mal so richtig aufgeschlitzt werden wird, dass er endgültig das Eitergeschwür in seinem Kopf aufschneiden wird, das er in sich trägt, seit sich eine Frau, die für ihre Liebe keinen Preis hätte verlangen dürfen, nachts zu ihm geschlichen hatte, um ihm ihre Widerwärtigkeit ins Gesicht zu drücken, ihn im Dunkeln fast zu ersticken, und ihn hinterher mit ihrem massigen, schweißgetränkten Körper niederzudrücken, das Gesicht nur Zentimeter über seinem, so dass ihm ihre Martini-Tränen auf die entsetzensstarren Wangen getropft waren, während sie ihm immer und immer wieder zugeflüstert hatte:
Ich liebe dich, das weißt du, nicht wahr? Ich liebe dich. Deshalb tue ich das. Weil ich dich so sehr

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