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Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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liebe.
    Dieses Gesicht sieht er immer wieder vor sich, wenn sich das Ventil in seinem Kopf öffnet, wenn der Damm endlich bricht: dieses riesige, triefnasige Gesicht, ein Gesicht, das ihn am nächsten Morgen ganz normal anlächeln wird, als wäre das, was im Dunkeln im Schlafzimmer ihres kleinen Sohnes geschieht, nur ein Traum. Und wenn Warner sich erst ausgetobt hat, dann haben die Gesichter der Frauen immer das meiste abbekommen, bis zurück zu der Barschlampe in Mexiko. Das Gesicht verdient den härtesten Tod. Diese widerliche Verstellung, die verlogene Liebe, diese bittere Maske, die Frauen sich aufsetzen, um nichts als Finsternis über die Welt zu bringen.
    »Du hast nicht allzu viel Zeit«, sagt eine Stimme hinter ihm. Es ist nicht Katys Stimme, aber die einer Frau. Es klingt sachlich, nüchtern.
    »Wer ist da?«
    »Tut nichts zur Sache. Sieh auf dem Bett nach.«
    Warner dreht sich um und registriert, was auf der Tagesdecke des breiten Doppelbetts seitlich neben dem Sessel liegt. Ein paar Messer. Kneifzangen. Ein rostiger Spachtel. Ein Hammer. Anderes Spielzeug.
    Die Frau auf der Plane sieht, wie Warner das größte Messer zur Hand nimmt. Sie versucht zu schreien, doch der Knebel sitzt fest. Sie versucht aufzustehen, doch sie ist an den Knöcheln gefesselt.
    »Muss das sein?« Eine andere Stimme, die eines Mannes. Sie klingt vertraut.
    »So lautet die Anweisung«, erwidert die Frau. »Und jetzt psst.«
    Warner hört nicht zu. Warner ist verzückt. Sieh nur, wie sie sich windet. Da! Nein, schau
genau
hin. Das Haar, wie es vom Schweiß schon an ihrem Gesicht klebt. Wie die Muskeln in ihren Beinen zucken und versuchen, in alle Richtungen gleichzeitig zu laufen. Sieh nur, wie alles ans Licht kommt, wenn eine Frau sich nicht nett und anmutig gibt, sondern nur noch auf ein Tier voller Blut und Scheiße reduziert ist. Warner kann sie riechen.
    Ich danke dir, Herr, dass du solche Dinge in die Welt gesetzt hast. Dass du sie hineingesetzt hast und mir gezeigt hast, wie man sie genießen kann. Tut mir leid, dass ich dich gelegentlich in Zweifel gezogen habe. Ich entschuldige mich dafür, dass ich manchmal so tue, als wäre das hier unrecht. Es ist kein Unrecht. Es ist unglaublich. Der Inbegriff von Leben!
    »Viel Spaß«, sagt die Frau. »Es ist das letzte Mal.«
    Warner hört, wie die beiden den Raum verlassen und die Tür zuziehen. Er nimmt seine ganze Willenskraft zusammen und rappelt sich hoch. Er lacht oder weint, er kann es nicht genau sagen, und es ist ihm egal. Sein verletztes Bein versagt, und er sinkt neben der Frau, die jetzt vor Entsetzen völlig erstarrt ist und ihn mit riesigen Kulleraugen ansieht, mit einem Knie auf die Plane.
    Indem er sich auf einen zitternden Arm stützt, beugt sich Warner über sie, bis sein Gesicht fast ihres berührt, bis seine Tränen ihr ins Gesicht tropfen.
    »Das hier tut jetzt richtig weh«, sagt er zu ihr.
    Er lallt zu sehr, als dass sie seine Worte verstehen könnte, doch er sieht in ihren Augen, dass sie begriffen hat.

35
    I ch parkte vor Shore Realty. Ich konnte mir den besten Platz aussuchen, denn Karrens Wagen war nicht da, und ich wusste nicht recht, ob ich darüber erleichtert war oder nicht. Es verschaffte mir die Zeit, ein Grinsen aufzusetzen, um so zu tun, als wäre alles paletti. Ich musste auch nicht sofort entscheiden, ob ich Karren, wenn sie sich nach Stephanie erkundigte, sagen sollte, was passiert war. Mit der Frage war zu rechnen. Noch vor zwei Stunden hatte ich mir vorgenommen, mich ganz normal zu geben. Jetzt schien mir der Gedanke absurd.
    Drinnen saß Janine an ihrem Schreibtisch und starrte stirnrunzelnd auf ihren Computer. Als ich eintrat, zuckte sie wie immer zusammen.
    »Ach so«, keuchte sie. »Du bist’s.«
    »Was dachtest du denn, wer es sein könnte, Janine?«
    Sie blinzelte mich an.
    »Nein, im Ernst«, sagte ich und merkte, dass ich mich etwas benommen, wütend und verängstigt fühlte. »Kommen hier ständig Irre reinspaziert? Hast du ein paar zugespitzte Pflöcke in der Schreibtischschublade versteckt?«
    »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    Ich holte tief Luft. »Ach, vergiss es. Wo ist Karren?«
    »Hat sie nicht gesagt, aber sie bekam vor ein paar Stunden einen Anruf und ist weg, um sich mit jemandem zu treffen, vermutlich ist es also …«
    »… ein Kunde, ja, danke.«
    Ich ging an ihr vorbei und fragte mich, ob ich, wenn ich an den wahren Grund dafür dachte, dass ich zu The Breakers gekommen war, so schnell wieder verschwinden sollte,

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