Killerwelle
Familien, um sich geschäftliche Vorteile zu verschaffen. Die Bahar-Brüder und schließlich – nachdem Setiwan an Lungenkrebs gestorben war – nur noch Gunawan schirmten sich äußerst sorgfältig vor den Auswirkungen und Folgen ihrer aggressiven Geschäftspolitik ab. Die Tatsache, dass die Corporation ihre Eigentümerschaft der Bohrinsel J-61 nicht nachweisen konnte, war ein Beweis für ihre erfolgreiche Geheimhaltungstaktik.
Was diese Männer vereint hatte, war ursprünglich die Überzeugung gewesen, dass die Taktik Bin Ladens letztlich zum Scheitern verurteilt war. Sie setzten sich zwar dafür ein, dass der Westen seine ständigen Einmischungen im Vorderen Orient unterließ, erkannten aber auch, dass sich dieses Ziel nicht durch Terrorismus erreichen ließ. Im Gegenteil, die Einmischungsversuche würden noch zunehmen. Was der muslimischen Welt fehlte, war ein wirksames Druckmittel gegenüber den Vereinigten Staaten. Da beide Seiten dringend Öl brauchten – die eine zum Betreiben ihrer Fabriken und Fahrzeuge, die andere wegen der enormen Profite –, musste man etwas anderes finden.
Die Möglichkeit, sich ein solches Druckmittel zu verschaffen, ergab sich für Gunawan vier Jahre später, als er – ausgerechnet bei seinem Zahnarzt – einen Artikel in einer wissenschaftlichen Zeitschrift las. Er hatte Abdul dieses Projekt anvertraut und ihm nahezu unbegrenzte Ressourcen zur Verfügung gestellt. Die Besten und Intelligentesten in Bahars riesigem Wirtschaftsimperium wurden mit dieser Aufgabe betraut, und wo nötig wurde weitere Hilfe von außen hinzugezogen. Das Projekt war derart ungewöhnlich, dass die Angestellten nicht eigens zu strengster Geheimhaltung verpflichtet werden mussten, während nur ein ausgewählter kleiner Kreis von Mitarbeitern die spätere Verwendung des Geräts kannte, an dessen Entwicklung so fieberhaft gearbeitet wurde.
Seit fast einem Jahr waren sie schon damit fertig – bis auf eine einzige, aber wichtige Komponente. Und die hatte Abdul schließlich dank eines obskuren englischen Gelehrten gefunden, der die Bruchstücke einer achthundert Jahre alten Legende zusammenfügte und ihn, Mohammad, zu einem vergessenen Tempel in einem der undurchdringlichsten Urwälder der Erde führte.
Mohammad nahm den Rucksack von der Schulter und öffnete ihn vorsichtig. Die grellen Sonnenstrahlen, die auf den Asphalt des Flughafens herabbrannten, ließen die Kristalle funkeln wie Feuer.
»Herzlichen Glückwunsch, mein Freund«, sagte Bahar voller Wärme. Sie gingen zu einer wartenden Limousine. »Das ist für Sie genauso eine Obsession gewesen wie für mich. Erzählen Sie bitte, sah der Tempel genauso aus, wie Marco Polo ihn Rustichello beschrieben hat?«
»Nein. Die Mönche haben ihn im Laufe der Jahre erheblich vergrößert. Die ursprüngliche Höhle, in der die Kristalle zuerst gefunden wurden, war zwar noch vorhanden, aber sie hatten zusätzliche Gebäude auf den Felsen darüber errichtet und weitere Götzenbilder in die Felswand auf der gegenüberliegenden Seite des Abgrunds gemeißelt. Dem Grad des Verfalls nach zu urteilen, würde ich schätzen, dass das Kloster etwa zu der Zeit verlassen wurde, als die derzeitige Junta die Macht übernommen hat.«
»Es ist interessant, dass sie die letzten Steine zurückgelassen haben«, meinte Bahar, während ein Chauffeur die Wagentür für sie öffnete.
»Sie haben ihre lächerliche Statue mitgenommen, die Edelsteine jedoch zurückgelassen. Vielleicht haben sie sie im Laufe der Jahrhunderte ganz einfach vergessen. Marco Polo meinte, dass nur der Oberpriester darüber Bescheid wusste und ihm nur deshalb davon erzählte, weil er ein Schreiben mit dem Siegel des Khans vorweisen konnte.«
»Wahrscheinlich«, murmelte Bahar, der bereits das Interesse an der weiteren Unterhaltung verlor. »Es reicht völlig, dass Sie die Steine gefunden haben.«
Abdul hatte Scharen von Forschern und Archivaren auf der ganzen Welt nach diesen besonderen Kristallen suchen lassen, nachdem er eine winzige Probe bei einem Antiquitätenhändler in Hongkong aufgestöbert und erfahren hatte, dass sie die ganz eigene innere Struktur aufwies, die nötig war, um ihren Apparat einsetzen zu können. Und sein Arbeitgeber hatte durchaus recht mit der Bemerkung, dass diese Angelegenheit zu einer Obsession geworden war. Er hatte so viele Informationen über Kristalle zusammengetragen und so viel Wissen darüber angehäuft, dass er wahrscheinlich auf der Stelle ein Diplom in Gemmologie hätte
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