Killing for Love: Thriller (German Edition)
Sheriff, fehlen dir die Nerven, um meine Selbstgeißelung mit anzusehen?«
Prompt zog er seine Hand zurück, allerdings ohne den Blick von ihrem gepeinigten Gesichtsausdruck abzuwenden. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Verrate du mir, wie ich dir helfen kann!«
»Wag es ja nicht, Mitleid mit mir zu haben! Ich will dein Mitgefühl nicht.«
»Verdammt, Lorie, sei nicht so stur!«
Sie hob beide Hände, als wollte sie sich ergeben. »Wie bin ich bloß auf die Idee gekommen, dass diese Stadt mir die Chance gibt, meine Vergangenheit hinter mir zu lassen, wo doch der Mann, der einst schwor, mich für immer zu lieben, egal, was geschieht, mir nicht vergeben kann?«
»Lorie, bitte!«
»Bitte was? Soll ich bitte verstehen, warum du dich so fühlst, wie du dich fühlst? Hast du eine Ahnung, wie es ist, in die Augen des Mannes zu sehen, den ich liebe, seit ich sechzehn war, und darin nichts als Ekel und Mitleid zu erkennen?«
Er starrte sie an, unfähig, zu sprechen oder sich zu bewegen, während ihre Worte durch seinen Kopf hallten. Ihre Worte – der Mann, den ich liebe, seit ich sechzehn war. Sie meinte doch gewiss nicht, dass sie ihn noch heute liebte. Wie konnte sie, nachdem er sie so behandelt hatte, wie er es die ganzen Jahre getan hatte?
»Bitte geh!«, verlangte Lorie. »Ich bin dankbar für alles, was das Sheriff-Büro tut, um mir zu helfen, aber von jetzt an sehe ich keinen Grund mehr, weshalb du dich persönlich in diesen Fall einschalten solltest.«
»Ich … ähm … ich sage Miss Gilbert Bescheid, dass ich gehe«, sagte Mike, dem partout nichts anderes einfiel.
Ehe er sich’s versah, stürmte Lorie an ihm vorbei in ihr Schlafzimmer. Er biss die Zähne zusammen. Falscher hätte er es unmöglich anstellen können. Andererseits war das ja nichts Neues, was Lorie und ihn betraf. Er hatte seine Gefühle für sie überhaupt nicht im Zaum, seit sie nach Dunmore zurückgekommen war.
Warum hatte er nicht vor Jahren auf seine Mutter und Molly gehört, als beide ihm rieten, Lorie zu verzeihen?
»Sie hat ihr Leben ruiniert und sich dabei fast selbst zerstört«, hatte Molly zu ihm gesagt. »Und sie verlor dich.« Hier hatte sie ihm über die Wange gestrichen. »Wie furchtbar für sie! Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, dich zu verlieren.«
»Du verlierst mich niemals, Schatz.«
Sie hatte ihn angelächelt. Dieses wundervolle Lächeln sah er immer noch jeden Tag, wenn er seinen Sohn anschaute.
»Du solltest nett zu ihr sein«, hatte Molly ihm geraten. »Geh zu ihr, sag ihr, dass du ihr vergeben hast, dass du ihr ein Freund sein willst!«
Seine Molly war unvorstellbar großherzig und freundlich gewesen. Obwohl sie anfangs Angst gehabt hatte, als Lorie zurückkehrte, hatte sie ihre Furcht besiegt und war sogar mitfühlend und gutherzig genug gewesen, ihn anzuflehen, er möge Lorie verzeihen.
Er hätte alles für Molly getan, ganz besonders im letzten Jahr ihres Lebens, alles bis auf eines: Lorie vergeben. Molly musste damals schon geahnt haben, worauf er erst Jahre später kam, nämlich dass der Grund, warum er unfähig war, Lorie zu vergeben, darin lag, dass er sie noch liebte und ihm deshalb gar keine andere Wahl blieb, als sie zu hassen.
Molly, Molly, es tut mir so leid, mein Schatz, sollte ich dir je Anlass gegeben haben, an meiner Liebe zu dir zu zweifeln! Ich habe dich immer geliebt. Und du fehlst mir jeden Tag.
»Sie sind noch da?«, fragte Shelley Gilbert, die ins Wohnzimmer kam. »Lorie sagte, dass Sie gehen wollten.«
»Ja, wollte ich gerade«, antwortete er.
Shelley nickte.
»Geht es ihr gut?« Er sah in den Flur.
»Nein, nicht besonders. Sie hat geweint, aber sie gibt sich Mühe, dass niemand es mitbekommt.«
»Passen Sie auf sie auf!«
»Das ist mein Job.«
»Für den Rest der Nacht ist noch jemand draußen postiert«, sagte Mike.
»Danke. Ich denke, wir kommen zurecht.«
Er verließ das Haus, ging zu seinem Truck und stieg ein. Dort saß er mehrere Minuten hinter dem Lenkrad, ehe er endlich den Motor anließ und die Einfahrt hinunterfuhr.
Lorie schrak aus dem Schlaf auf, zitternd und mit vollkommen chaotischen Gedanken. Der Alptraum hatte so echt gewirkt. Eine maskierte Gestalt in einem schwarzen Cape hatte sie durch die Innenstadt von Dunmore gejagt, am helllichten Tag. Sie war splitternackt, dem Hohn und Spott der empörten Bürger ausgeliefert, angeführt von den Damen des christlichen Frauenvereins. Und Mike hatte an einer Straßenecke gestanden, seine
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