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Killing God

Killing God

Titel: Killing God Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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Hätte mir eigentlich klar sein müssen, dass heute nichts läuft. Ich mein, schließlich braucht Gott ja wohl nicht
jeden
Tag Verehrung, oder?

    Doch ich bin
jetzt
hier, also kann ich zumindest mal versuchen, ob offen ist, einfach so.
    Ich zieh an der Tür.
    Die Kirche ist zu.
    Ich starre die Tür an – ein wuchtiges Teil aus schwerem, dunklem Holz, riesigen Scharnieren, gusseisernen Riegeln – und versuch mir vorzustellen, was wohl dahinter ist. Stille Kirchendinge, nehm ich mal an. Kirchenbänke und Kanzel. Bleiglas. Dunkelheit.
    Der abstoßende Geruch Gottes.
    Zu meinen Füßen stößt Mary ein beunruhigtes Winseln aus.
    Ich schau zu ihr runter. »Was ist los? Gefällt’s dir hier nicht?«
    Sie wedelt nervös mit dem Schwanz.
    Ich lächle sie an. »Zu gruselig für dich?«
    Sie gähnt verlegen.
    Neben ihr bellt Jesus leise – um mir zu sagen, dass
er
keine Angst hat. Für ihn ist es okay hier. Aber wenn Mary gehen will, also … dann ist das für ihn auch okay.
    »Na gut«, sag ich zu ihnen. »Dann lasst uns wieder gehen.«
    Wir verlassen den Vorbau und gehen den Weg zurück über den Friedhof in Richtung Tor. Ungefähr auf halber Strecke, zurückgesetzt in einem kleinen Blumengarten, steht eine Holzbank. Sieht nach einem netten Plätzchen aus, um eine Weile auszuruhen, meine Beine sind irgendwie müde vom Laufen, außerdem hab ich’s ja nicht besonders eilig, muss nicht irgendwo anders hin …
    Also setz ich mich.
    Und werf einen Blick über den Friedhof, schau gedankenlos über die Gräber und Kreuze, die Bäume und Grabsteine …
    Und dann schließ ich die Augen und senk gedankenverloren den Kopf.

psycho candy
    Es gefällt mir, an diesem riesigen schwarzen Un-Ort zu sein. Ich könnte hier ewig bleiben, allein in dieser Un-Welt, die Augen geschlossen, dunkle Musik spielt, ich bin nicht dreizehn Jahre alt und muss nicht
nicht
über alles nachdenken, kann einfach nur diesem herrlichen Nichts lauschen …
    Aber es gibt immer irgendwas, stimmt’s? Es gibt immer
irgendwas
, das dich aus deinem Nirgendwo zurückholt. Und diesmal ist es eine plötzliche Berührung – ein Finger, der mir leicht auf die Schulter tippt –, eine Berührung, die meinem Herz einen Schock versetzt und mich aus meiner Leere reißt. Ich schlucke leise. Ein erschrockener Atemzug, dann öffnen sich meine Augen und bombardieren mich mit der blendend hellen Außenwelt. Und vor mir auf dem Weg steht ein freundlich aussehender Mann in beigefarbener Cordjacke.
    »Tut mir leid«, sagt er, als ich den Kopfhörer aus den Ohren zieh. »Ich wollte dich nicht erschrecken.« Er lächelt, um zu zeigen, dass er mir nichts tun will. »Alles in Ordnung mit dir?«
    Er ist nicht jung, der Mann, aber er ist auch nicht alt. Wahrscheinlichist er so zwischen dreißig und vierzig. Mittelgroß, mittelkräftig, in einfach fast allem mittel. Sein Gesicht wirkt harmlos, er hat sehr normales hellbraunes Haar und total durchschnittliche dunkelbraune Augen (die zur Farbe der abgewetzten Aktentasche in seiner Hand passen). Unter seiner beigefarbenen Jacke trägt er ein mattschwarzes Hemd mit einem weißen Pfaffenkragen – du weißt schon, so einem typischen Stehkragen, wie ihn Pfarrer tragen. Wenn er also nicht gerade zu einem Faschingsball will, muss das ein Pfarrer
sein
. Oder ein Priester, ein Pastor, ein Vikar oder so. Ich weiß nicht genau, was der Unterschied ist.
    »Wie?«, frag ich.
    Er lächelt. »Ich wollte nur sicher sein, dass mit dir alles in Ordnung ist. Ich habe dich hier sitzen sehen, verstehst du, da dachte ich, vielleicht geht es dir nicht gut oder so …«
    »Nein«, antworte ich und schau mich um, wo Jesus und Mary sind. »Nein, alles okay. Ich hab bloß, also … ich hab bloß nachgedacht.«
    Er nickt, als ob er versteht. »Ist ein guter Tag zum Nachdenken.«
    Ich entdecke Jesus und Mary, sie schnuppern auf der andern Seite vom Weg an einem Grabstein rum und ich will schon ihre Namen rufen, kann mich aber zum Glück gerade noch bremsen. Ich meine, der Typ ist immerhin Pfarrer, der wär wahrscheinlich beleidigt, wenn er wüsste, dass meine Hunde Jesus und Mary heißen. Und auch wenn mir das eigentlich egal ist (denn was
mich
betrifft, ist es ja keine Beleidigung), seh ich keinen Grund, ihn unnütz aufzuregen.
    »Sind das deine Hunde?«, fragt mich der Pfarrer.
    »Ja.«
    Ich pfeif nach ihnen – einmal, zweimal – und sie kommen beide angetrottet.
    »Sie sind schön«, sagt der Pfarrer.
    »Danke.«
    Er beobachtet sie, wie sie auf uns zukommen und

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