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Killing God

Killing God

Titel: Killing God Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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– und versuch dabei, so normal wie möglich zu erscheinen: »Ist es falsch, schlimme Dinge geheim zu halten?«
    Er sieht mich mit einem besorgten und leicht verwunderten Blick an. »Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich versteh, was du meinst.«
    »Wenn man weiß, dass etwas falsch ist«, erklär ich. »Ich meine, wenn Sie wissen, dass jemand etwas Falsches getan hat, etwas, das er nicht tun durfte, und Sie erzählen es keinem … ist das dann falsch?«
    »Nun«, sagt der Pfarrer und seine Stimme klingt jetzt sehr ernst. »Das kommt darauf an, was die Person getan hat.« Ersieht mich an. »Ist deine Frage hypothetisch? Oder sprechen wir von etwas, das tatsächlich passiert ist?«
    »Es ist tatsächlich passiert.«
    »Verstehe. Und kennst du die Person, die etwas Falsches getan hat?«
    »Ja.«
    Er sieht mich wieder an, jetzt mehr besorgt als verwundert. »Kannst du mir sagen, in welche Richtung das geht, was die Person getan hat?«
    »Etwas sehr Schlimmes.«
    »Hat sie das Gesetz gebrochen?«
    »Ja.«
    »Hat sie jemanden verletzt?«
    »Ja.«
    »Schlimm?«
    »Ja.«
    »Wie schlimm?«
    »So schlimm, wie’s nur geht.«
    Der Pfarrer schüttelt ganz langsam den Kopf. »Und du sagst, du kennst die Person? Du weißt, was sie getan hat?«
    »Ja … ich kenn sie. Und ich weiß, was sie getan hat. Und es ist schlimm … es ist gegen das Gesetz, verstehen Sie. Es ist
falsch
.« Ich seh den Pfarrer an. »Finden Sie, ich sollte es jemand erzählen?«
    »Ich glaube, du würdest einen schrecklichen Fehler begehen, wenn du es nicht tätest.«
    »Verstehe … dann meinen Sie also, ich sollte was unternehmen?«
    »Absolut.«
    »Sie meinen also nicht, ich sollte mich zurücklehnen und es einfach geschehen lassen?«
    »
Natürlich
nicht.«
    Ich seh ihn an. »Wieso ist es dann für Gott in Ordnung, es einfach geschehen zu lassen?«
    »Wie bitte?«
    »Das ist doch eine strafbare Handlung, oder?«
    Der Pfarrer schaut verwundert. »Was?«
    »Unterlassung, ein Verbrechen anzuzeigen … das ist doch strafbar. Illegal.«
    »Ich bin sicher, dass es das ist –«
    »Aber wieso kommt dann Gott damit durch? Ich meine, er kriegt doch alle möglichen schrecklichen Dinge mit. Aber er unternimmt nie was dagegen. Er versucht nie, irgendwas zu verhindern. Er erzählt keinem davon. Er ruft nicht die Polizei.« Ich seh den Pfarrer an. »Wenn ein anderer das täte, würde er dafür verhaftet.«
    »Nun«, sagt der Pfarrer, »ich finde, jetzt bist du ein bisschen albern –«
    »Ich weiß«, sag ich. »Aber trotzdem hab ich doch recht, oder?«
    Der Pfarrer lächelt mich an.
    Ich lächle zurück und stell mir vor, wie Gott verhaftet wird und zigtausendfach wegen unterlassener Anzeige eines Verbrechens angeklagt wird. Ich stell mir vor, wie ihm seine allmächtigen Fingerabdrücke genommen werden, wie er von der Polizei verhört wird. Ich stell mir vor, wie er sich mit seinem Anwalt berät. Ich stell ihn mir im Prozess vor, wie er auf der Anklagebank sitzt und sich selbst schwören muss, dieWahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen … so wahr ich mir helfe. Ich stell mir vor, wie er mit einem Gefangenentransporter ins Gefängnis gefahren wird. Ich stell mir vor, wie er in seiner Zelle mit einem schrecklichen kleinen Bett, einem schrecklichen kleinen Waschbecken und einem schrecklichen kleinen Klo ohne Deckel eingeschlossen wird …
    Und ich weiß nicht, wieso ich das alles mache.
    Ich versteh nicht, wieso ich mir überhaupt die Mühe gemacht hab herzukommen.
    Kenne deinen Feind?
    Ich
hab
keinen Feind.
    Es gibt keinen Gott.
    Und dieser Mann, dieser Pfarrer … er ist nur ein Mann. Er ist ein stinknormaler Mann (mit einem komischen Kragen), der an etwas glaubt, das es nicht gibt. Es ist sinnlos, ihm Fragen zu stellen. Es gibt überhaupt keinen Grund, mit ihm zu reden.
    Ich will nicht über Gott
reden
.
    Ich will ihn umbringen.

    Jetzt regnet es nicht mehr so stark. Jesus streckt vorsichtig seine Schnauze um die Ecke vom Kirchenvorbau und schnuppert die frischen Düfte, die durch den Regen freigesetzt worden sind. Mary sitzt einfach still auf dem kalten Steinboden und starrt beharrlich auf den rechten Schuh des Pfarrers. Der Pfarrer sieht mich auf diese stumme, nachdenkliche Art an wie Leute, die mehr zu wissen meinen als du selbst. Er hat seinen Glauben, nehm ich an. Und wahrscheinlich meint eres gut. Aber ich
weiß
, wenn ich ein böser Mensch wär und ihm was tun wollte, würde sein Glaube mich nicht aufhalten.
    »Was tut er

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