Killing time
riskieren, dass ungezügelte Leidenschaft eine Freundschaft zerstört?« Bernie drehte sich um und ging weg.
Fang bloß nicht an zu heulen. Wag es nicht, loszuweinen. Lass ihn auf keinen Fall sehen, wie verletzt du bist. Er darf nicht mitbekommen, was du wirklich für ihn empfindest.
»Bernie!«, rief Jim ihr nach.
»Ich gehe hinein und sehe nach Kevin«, antwortete sie. »Lass mich kurz mit ihm allein reden, bevor du nachkommst, okay?«
»Okay.«
Bernie eilte durch den Garten, über die hintere Veranda und zur offenen Küchentür hinein ins Haus. Drinnen angekommen, blieb sie für einen Moment stehen, stieß einen leisen, wehmütigen Seufzer aus und machte sich gerade.
Lass es gut sein, versuchte sie sich zu beruhigen. Brüte nicht darüber nach, was zwischen Jim und dir ist und was nicht. Er hat nicht dieselben Gefühle für dich wie du für ihn, und er will nicht dasselbe wie du.
Im Moment geht es nicht um dich oder Jim, sondern um Kevin und darum, wie du ihm helfen kannst. Für das arme Kind bricht gerade eine Welt zusammen. Deshalb ist Kevin wütend auf Jim und gibt ihm die Schuld an allem. Und du musst etwas – irgendetwas – tun, um Vater und Sohn wieder zusammenzubringen.
Sie fand Kevin und Boomer, der ihm offensichtlich ins Haus gefolgt war, im Fernsehzimmer vor. Dort hockte der Junge auf dem Sofa, die Knie angewinkelt und den Kopf dazwischen vergraben, und ignorierte Boomers Winseln. Wie es aussah, wollte der Welpe ihn trösten.
»Kevin?«
»Ja?«, antwortete er mit erstickter Stimme.
»Kann ich reinkommen und mit dir reden?«
»Ja, meinetwegen.« Er hob den Kopf, sah Bernie allerdings nicht an. Stattdessen blickte er zu Boomer, als bemerkte er erst jetzt, dass der Hund bei ihm war.
Er hob Boomer hoch und legte ihn zwischen seine Knie und seine Brust.
»Du kommst jetzt in die siebte Klasse, stimmt’s?«, fragte Bernie.
»Ja, ich habe im Dezember Geburtstag, und Mom hat mich darum erst spät eingeschult.«
»In Adams Landing gibt es eine ganz prima Mittelschule.«
»Hmm …«
Bernie wagte sich etwas weiter ins Zimmer. »Macht es dir was aus, wenn ich mich zu dir und Boomer setze?«
Kevin hielt den Welpen fest, nahm die Beine herunter und rutschte ein Stück zur Seite, um Bernie Platz zu machen.
Sie setzte sich neben ihn, legte die Hände in den Schoß und sah Kevin an, der auf den Boden vor sich hin starrte und gedankenverloren den Hund kraulte.
»Der Vorschlag deines Stiefvaters, dass du bei deinem Dad bleibst und hier mit der Schule anfängst, heißt nicht, dass deine Mutter dich nicht liebt oder dich nicht will.«
»Ja, ich weiß.«
»Und das alles ist nicht die Schuld deines Dads.«
Kevin hob ruckartig den Kopf, und er sah Bernie wütend an. »Doch, er allein ist an allem schuld.«
»Wie kommst du darauf?«
»Er hat uns vor langer Zeit verlassen, als ich noch klein war. Und er hat sich von meiner Mom scheiden lassen.«
»Er hat deine Mutter verlassen«, erwiderte Bernie ruhig. »Er hat sich von ihr scheiden lassen. Du bist sein Sohn. Du bist für ihn der wichtigste Mensch auf der Welt.«
»Ach ja, dann hat er aber eine komische Art, mir das zu zeigen.«
»Was meinst du damit? Meinst du damit, es wäre eine komische Art, dass er seit der Scheidung jede Minute mit dir verbracht hat, die er durfte? Findest du es komisch, dass er für eure gemeinsamen Wochenenden gelebt hat? Oder meinst du eher, dass er nie ein schlechtes Wort über deine Mom gesagt hat, weil er weiß, wie sehr du sie liebst?«
»Sag so was nicht!«, schrie Kevin. Boomer zuckte zusammen und sprang erschrocken von seinem Schoß. »Das ist alles nicht wahr.«
Bernie sah Kevin in die Augen und sagte: »Doch, es ist wahr. Warum, glaubst du, hat dein Vater seinen Job bei der Polizei in Memphis aufgegeben und einen viel schlechter bezahlten hier in Adams County angenommen? Er hat es gemacht, weil er in deiner Nähe sein wollte.«
»Wirklich?« Kevin bekam große Augen.
»Ja, wirklich. Und er hat ein Haus mit zwei Schlafzimmern gemietet, damit du dein eigenes Zimmer hast, wenn du ihn besuchst.« Kevin nickte.
»Es tat ihm ehrlich sehr leid, als er erfuhr, dass deine Mom Brustkrebs hat«, erklärte Bernie. »Aber er freute sich darauf, dich für mehrere Wochen bei sich zu haben. Er dachte an nichts anderes als daran, wie er neben der Arbeit so viel Zeit wie möglich mit dir verbringen kann.«
»Du magst meinen Dad wohl sehr.«
»Ja, ich mag ihn sehr.«
»Und findest du, dass er ein netter Mensch
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