Killing time
dicht er konnte, bis er direkt hinter dem Zaun zwischen den beiden Gärten war.
Ron Hensley? Deputy Ron Hensley.
Er hätte es wissen müssen. Der Kerl konnte einfach sein Ding nicht in der Hose lassen. Er bumste jede Frau in Adams County, die er kriegen konnte. Er war ja sogar einer von Thomasinas Liebhabern gewesen.
Sie küsste Ron noch einmal, bevor er sie auf der Veranda stehen ließ. Diese Mischung aus Landei und Schwerenöter schlich um das Haus herum und verschwand die Straße hinunter. Ron parkte wahrscheinlich mehrere Straßen entfernt.
Nachdem sie wieder ins Haus gegangen war, blieb er noch eine Weile in seinem Versteck hocken und blickte in die Dunkelheit. Er wollte zu gern zu ihr gehen, damit er ihr sagen könnte, dass sie ihre Zeit nicht an einen Kerl wie Ron Hensley verschwenden durfte. Sie war zu gut für diesen Weiberhelden, viel zu gut. Sie verdiente Besseres.
»Bald, Abby, mein Liebling. Bald werden wir zusammen sein, und du kannst mir zeigen, wie sehr du mich liebst.«
Bernie stand vor ihrem Spiegel – nackt. Sie war alles andere als schmal. Obwohl sie nicht dick war, besaß sie doch auch keinen mageren, durchtrainierten Körper. Ihre breiten Hüften und ihr großer Hintern weigerten sich hartnäckig, die zusätzlichen zehn Pfund wieder herzugeben, von denen Bernies Mutter dauernd sprach. Nun, genaugenommen müsste sie fünfundzwanzig Pfund abnehmen, um eine Modelfigur zu erreichen, ganz zu schweigen von einer Brustoperation, um aus ihren C-Körbchen-Brüsten ein Doppel-D-Dekolleté zu machen, und einer Fettabsaugung an den Oberschenkeln.
Ihr Haar dürfte eigentlich okay sein. Es war dick, glänzend und schulterlang. Aber die Farbe war natürlich nichts Besonderes, sondern schlichtes Mittelbraun. Und ihre Augen waren unscheinbar – abgesehen von den goldenen Flecken darin, die man sowieso nur aus der Nähe sah.
Sie betrachtete ihr Gesicht. Es war ein hübsches Gesicht, symmetrisch und wohlproportioniert. Von der strahlenden Schönheit ihrer Mutter war darin allerdings nur ein Anflug zu sehen, ähnelte sie doch weit mehr ihrem Vater.
Bernie stieß einen tiefen Seufzer aus, wandte sich vom Spiegel ab und ging zu ihrem Kleiderschrank. Es kam nicht oft vor, dass sie sich die Zeit nahm, ihre körperlichen Merkmale und Unzulänglichkeiten zu bewerten. Normalerweise hielt sie das für sinnlose Zeitverschwendung, hatte sie doch genug anderes zu tun. Aber seit einer Woche war es ihr plötzlich wichtig, wie sie aussah. Das war ihr seit Jahren nicht mehr passiert, und schuld daran war ganz allein Jim Norton. Zum Teufel mit dem Mann!
Obwohl sie sich größte Mühe gab, ihren gesunden Menschenverstand nicht von ihren Gefühlen sabotieren zu lassen, was ihren Chief Deputy anging, verliebte sie sich nun ausgerechnet in ihn. Ja, zugegeben, sie war als Teenager schon einmal in ihn verliebt gewesen – aber mehr auf diese Art, wie Teenager eben ihre Helden aus der Ferne anbeten. Jetzt allerdings waren es nicht die Erinnerungen an den Sportlerstar Jimmy Norton, die Schmetterlinge in ihrem Bauch flattern ließen und dafür sorgten, dass ihr bisweilen sehr, sehr heiß wurde. Nein, der Jim Norton, in den sie sich jetzt verliebt hatte, war der sichtlich verlebte, von allen Wettern gegerbte, hingebungsvolle Vater und engagierte Polizist, Captain Jim Norton.
Zum ersten Mal seit Jahren plante Bernie wieder ihre Garderobe im Voraus. Gestern Abend hatte sie schon überlegt, was sie am heutigen Samstag tragen würde: Jeans, die einen Tick zu eng waren, ein rotes Top mit Spaghettiträgern, um ihre Brüste zu betonen, und ein kurzärmliges rot-weiß gestreiftes Hemd, das ihr knapp bis über die Hüften ging. Bis über die breiten Hüften.
Sie holte die Sachen aus dem Kleiderschrank und legte sie auf ihrem Bett aus, bevor sie sich Unterwäsche aus der Kommode nahm. Leider besaß sie ausschließlich weiße Baumwollslips und weiße BHs. Wozu sollte sie auch Geld in hübsche Dessous investieren, wenn sie außer ihr niemand zu Gesicht bekam?
Als sie sich auf die Bettkante hockte, wühlte Boomer sich unter seiner kleinen Decke auf dem sehr großen Kissen hervor und kam schwanzwedelnd zu ihr hinübergetappst. Seine winzige, feuchte Nase stupste gegen ihre nackte Hüfte. Bernie beugte sich vor und hob ihn hoch. Während sie ihn an sich drückte, sprach sie in einem unzusammenhängenden Singsang auf ihn ein. Er leckte ihr das Gesicht ab, worauf sie lachen musste. Was für ein bezaubernder kleiner Welpe er doch war,
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