Killing time
sehr ihre Eltern sich liebten. Und da fing sie an, sich eines Tages eine solche Liebe auch für sich zu wünschen. Sie wollte einen Mann, der sie genauso ansah wie ihr Dad ihre Mom.
»Mom und Dad müssen auf der Tanzfläche sein. Ich kann sie hier nämlich nirgends entdecken.«
»Sie haben eine Liveband für heute Abend engagiert?«
»Und ob sie das haben. Es ist eine Jazzband aus Huntsville.«
»Alle Achtung«, sagte Jim. »Mir ist es richtig unangenehm, dass Ihre Eltern an ihrem großen Tag noch auf Kevin aufpassen mussten.«
»Ach, der macht ihnen doch keine Arbeit. Immerhin ist Kevin fast dreizehn und nicht drei. Es ist ja nicht so, dass er jede Sekunde beaufsichtigt werden muss.«
»Hmm …« Jim nickte. »Ich frage mich, was er heute Abend angezogen hat. Soweit ich weiß, hatte Mary Lee ihm eine gute Hose und ein Sportjackett eingepackt.«
»Wie ich meine Mutter kenne, hat sie ihm einen Smoking ausgeliehen.«
»Was?«
Noch ehe sie dem hell entsetzten Jim antworten konnte, kamen die Hilfssheriffs Scotty Joe Walters und Holly Burcham, die mit ihren durchtrainierten, sonnengebräunten Körpern wie Models für Fitnesskataloge wirkten, auf sie zu.
»Guten Abend, Sheriff.« Scotty Joe lächelte und zeigte dabei zwei makellose, weiße Zahnreihen, die in seinem gebräunten Gesicht nachgerade glitzerten.
Nicht zum ersten Mal bemerkte Bernie, was für ein gutaussehender Bursche er war. Scotty Joe war groß, muskulös, hatte strahlend blaue Augen und goldblondes Haar. Und zu seinem hübschen Äußeren kam noch ein freundliches, offenes Wesen hinzu. Jeder, der ihn kannte, mochte ihn.
»Hallo, Captain Norton.« Holly flirtete unverhohlen mit Jim und lächelte ihn an, während sie ihm über den Arm strich.
Scotty Joe schien es nichts auszumachen, dass seine Begleitung sich an einen anderen Mann heranschmiss. Aber warum sollte es ihn auch stören? Schließlich waren Holly und er kein Paar. Beide liebten die Abwechslung und hatten kein Interesse an einer festen Beziehung – weder miteinander noch mit irgendjemand anderem.
»Wir haben gehört, dass Sie beide heute drüben in Jackson County waren«, sagte Scotty Joe. »Es war bestimmt eine Erleichterung, dass die gefundene Leiche in den Wäldern nicht Thomasina war. Sie ist so eine nette Person. Sympathisch und freundlich. Ich kann immer noch nicht glauben, dass irgendwer ihr etwas antun will. Nicht einmal Dr. Kelley, auch wenn er ihr das Herz gebrochen hat.«
»Sie wissen doch, dass Dr. Kelley ihr die Geschenke nicht geschickt hat«, sagte Jim. »Sie dachte bloß, dass er es war. Aber in Wahrheit kamen sie von dem Mann, der ihr nachstellte und sie später entführte.«
»Haben Sie rausgefunden, wer die Frau war, die die Wanderer gefunden haben?«, fragte Holly.
»Nein, wir haben keine Ahnung«, antwortete Bernie. »Sie haben ihre stark verweste Leiche nach Huntsville gebracht. Der Leichenbeschauer von Jackson County meint, sie ist wahrscheinlich schon seit einem Jahr tot.«
»Kann sie noch ein Opfer von unserem Serienmörder sein?«, fragte Scotty Joe leise, da er wusste, dass die Behörden das Wort
Serienmörder
in der Öffentlichkeit nicht im Zusammenhang mit den jüngsten Mordfällen benutzen wollten.
Bernie schüttelte den Kopf. »Das glauben wir nicht. Diese Frau war nicht nackt und ihr Körper war in einer sehr flachen Grube im Wald verscharrt worden, nicht offen ausgelegt, so dass man sie leicht finden würde.«
Robyn tänzelte herbei und drängte sich zwischen Scotty Joe und Jim, denen sie jeweils eine Hand auf die Schulter legte. »Könnt ihr Gesetzeshüter niemals aufhören, über Mord und Totschlag zu reden? Nicht einmal bei einer Galaveranstaltung wie dieser?«
»Na, hallo, Schönheit«, sagte Scotty Joe. »Sie sehen heute Abend besonders sexy aus.«
Robyn kicherte leise. Sie liebte Komplimente, lebte davon, im Mittelpunkt zu stehen und umschmeichelt zu werden. Bernie vermutete, dass die meisten außergewöhnlich schönen Frauen so waren. Robyn jedenfalls war schon als kleines Mädchen so gewesen. Das Seltsame war, dass für Bernie der Narzissmus ihrer Schwester einen Teil ihres Charmes ausmachte. Ihre Selbstverliebtheit war ein fester Bestandteil von Robyns Wesen. Eine schöne Frau, die um ihre Schönheit wusste. Was war daran verkehrt? Nichts. Absolut gar nichts.
»Was sind Sie doch für ein Schatz.« Robyn beugte sich zu Scotty Joe vor und küsste ihn auf die Wange, bevor sie Jim von oben bis unten musterte. »Hallo, Captain Norton.
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