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Kim Novak badete nie im See von Genezareth

Kim Novak badete nie im See von Genezareth

Titel: Kim Novak badete nie im See von Genezareth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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einmal möglich sein würde, ihm das Ganze irgendwie zu erklären.
    Irgendwie, nun ja, ich wusste nur nicht, wie.
    »Nur gut, dass ihr zu zweit seid, Jungs«, sagte mein Vater.
    »Geteiltes Leid ist halbes Leid«, sagte Edmund.
    Als Nachspeise aßen wir Rhabarberkompott. Mein Vater wollte wissen, ob ich nicht mit zu meiner Mutter wollte, aber ich erklärte ihm, dass wir beide, Edmund und ich, noch etwas zu erledigen hatten. Damit gab er sich zufrieden, und wir verließen alle drei gemeinsam die Idrottsgatan.
    Mein Vater, um den Bus nach Örebro zu nehmen, wir, um der hinterbliebenen Verlobten des ermordeten Handballstars einen Besuch abzustatten.
    ***
    Aber erst zögerten wir noch zwei Stunden lang.
    Die erste verbrachten wir in der Zementröhre, wo wir vier Ritz rauchten, die wir im Bahnhofskiosk gekauft hatten, als wir durch Hallsberg gekommen waren.
    Die zweite saßen wir auf einer Bank im Brandstationspark, fünfzig Meter entfernt von dem gelben Klinkerhaus in der Hambergsgatan.
    Denn es war nicht so einfach, herauszufinden, worüber wir uns eigentlich mit Ewa Kaludis unterhalten wollten. Je mehr wir uns dem Augenblick näherten, in dem wir Auge in Auge mit ihr stehen sollten, umso kältere Füße bekamen wir. Wir wollten es uns gegenseitig zwar nicht so recht eingestehen, aber ich sah es Edmund an, dass er mindestens genauso nervös war, sie zu treffen, wie ich.
    Denn schließlich war es ja möglich, dass Ewa Kaludis eine Menge auf dem Herzen hatte. Dass sie Dinge wusste, von denen zwei vierzehnjährige Bewunderer besser nichts wussten.
    Andererseits konnte es natürlich auch sein, dass sie unsere Hilfe brauchte - deshalb hatten wir ja diese gentlemanmäßige Hilfsaktion in Angriff genommen. Wenn man alles in Betracht zog, gab es keinen Hinweis dafür, dass sie und Henry, mein Bruder, in der Woche, die seit dem Mord vergangen war, irgendwelchen Kontakt miteinander gehabt hatten - zu dem Schluss kamen wir zumindest, nachdem wir die Sache von vorn, von hinten und von allen Seiten betrachtet hatten.
    Irgendwelche unumstößlichen Schlussfolgerungen wollte jedoch keiner von uns beiden daraus ziehen.
    Es gab noch eine dritte Möglichkeit, und vielleicht war gerade sie es, die uns endlich den Mut gab, loszugehen:
    Es bestand eine ziemlich große Chance, dass sie an so einem Tag gar nicht zu Hause war, und dann könnten wir mit unerschüttertem Selbstbewusstsein unverrichteter Dinge wieder zurück nach Genezareth fahren.
    Als die Uhr der Emmanuelskirche halb sechs schlug, holte Edmund jedenfalls tief Luft.
    »Scheiße auch«, sagte er. »Jetzt klingeln wir einfach.«
    Das taten wir.
    Erik und Edmund«, rief Ewa Kaludis aus. »Wie schön, dass ihr kommt. Das ist ja. nein, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.«
    Wir konnten es gar nicht so recht glauben, dass wir uns wirklich in Ewa Kaludis' Wohnung befanden. Dass sie in diesem frisch geputzten Klinkerhaus wohnte. Sie und Kanonen-B erra - nun ja, Kanonen-B erra wohnte ja nun nicht mehr hier, aber seine Anwesenheit war immer noch deutlich zu spüren. An mehreren Wänden hingen eingerahmte Urkunden von ihm, und auf dem großen Bücherregal im Wohnzimmer standen die meisten Bretter voll mit Pokalen und Abzeichen, die davon kündeten, welch ganz besonderer Sportler er gewesen war. Über dem Fernseher hing das Protzigste: ein riesiges Foto, auf dem Berra Albertsson Ingemar Johanssons Hand schüttelte. Beide trugen Krawatten, und beide lachten freundlich und weltgewandt in die Kamera, sodass man deutlich sehen konnte, dass es sich hier verflucht noch mal nicht um irgendwelche Fuzzis handelte, die da ihre rechten Pranken schüttelten. Mir wurde fast übel, als ich das Bild ansah, jedenfalls flimmerte es unter meiner Schädeldecke.
    Übrigens war sofort zu spüren, dass Ewa sich freute, dass wir gekommen waren. Als hätte sie schon auf uns gewartet. Als wir fertig damit waren, die Pokale anzuglotzen, führte sie uns durch das Haus hindurch in einen Hinterhof, wo ein Tisch mit Sonnenschirm und vier Stühle standen. Sie sagte, wir sollten uns hinsetzen und fragte, ob wir Saft und Kekse wollten.
    Das wollten wir gern, und so verschwand sie wieder im Haus.
    »Was für eine Hütte«, sagte Edmund.
    »Mm«, stimmte ich zu.
    »Hast du Ingemar gesehen?«
    Ich nickte. Dann saßen wir eine Weile stumm da und hielten uns an den sonnenerwärmten Stuhllehnen aus duftendem, dunkelbraunem Holz fest und versuchten, uns dem Milieu anzupassen. Das war nicht so einfach. Bei keinem meiner

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