Kim Schneyder
Freundschaft über mein rechtes Knie.
»Ja, ich hab dich auch lieb, Alfons.« Ich gebe ihm wieder ein paar Klapse auf den Hinterkopf, und Alfons reagiert sofort darauf, indem er gierig meine nackten Beine abzuschlecken beginnt. Ach du Schreck, das kitzelt ja fürchterlich. Ich versuche schnell, ihn wieder zurückzuschieben, woraufhin er sich mir jedoch trotzig entgegenstemmt.
»Alfons, lass das!«, versuche ich es mit einem strengen Kommando, aber er ignoriert das völlig. Ich probiere es mit: »Gsch, gsch!«, aber auch das ist ihm völlig egal. Jetzt kann ich nicht mehr anders, ich muss lauthals auflachen, und der Opi scheint zu glauben, dass mir diese Fahrt und sein Gesang solches Vergnügen bereiten, denn er ruft etwas nach hinten und singt dann gleich in doppelter Lautstärke weiter.
Verzweifelt versuche ich, Alfons mit den Händen von mir wegzuschieben, und der nimmt das als Gelegenheit, um jetzt auch noch meine Unterarme abzuschlecken. Schön langsam dämmert es mir, warum er so gierig auf mich ist. Dem geht es gar nicht um Freundlichkeit und Zuneigung, dem scheint vielmehr die Sonnenlotion zu schmecken, mit der Bodo mich so üppig eingerieben hat. Es ist das Kokosaroma, das ihn beinahe um den Verstand bringt! »Alfons, lass den Quatsch!«, kichere ich wie eine Irre, und zwischendurch blicke ich immer wieder verzweifelt nach vorn, um zu sehen, ob wir Sepia und Bodo inzwischen eingeholt haben. Aber es dauert unerträglich lange, was auch kein Wunder ist bei dem Tempo dieses alten Lasters, und Alfons nützt das schamlos aus, indem er unverdrossen an mir schleckt und mich von einem Lachkrampf in den nächsten treibt.
Dann endlich, nach unzähligen Steigungen und Serpentinen, taucht vor uns ein Parkplatz auf. Zwei Autos stehen da, und auch ein Fahrrad. Als wir näher kommen, glaube ich zu erkennen, dass das Bodos Fahrrad ist. Es hat ein auffälliges Blau, und es ist an einen dürren Baum gekettet. Von Bodo jedoch kann ich weit und breit nichts entdecken, aber als wir näher kommen, sehe ich, dass von dem Parkplatz ein Weg irgendwohin führt, vielleicht zu einem Aussichtsplatz oder einer Toilettenanlage – was Bodos Stopp erklären würde.
Ich bin neugierig, wie weit Sepia inzwischen gekommen ist, und nach der nächsten Kurve sehe ich sie auch schon. Sie tritt in die Pedale, als wäre sie eben erst gestartet, und dem Opi gelingt es nur mit Mühe, sie zu überholen. Als wir endlich an ihr vorbeikriechen, ducke ich mich und kichere gleichzeitig wie verrückt, aber nicht etwa, weil ich sie so clever ausgetrickst habe, sondern weil Alfons’ Zunge mindestens ebenso unermüdlich ist wie Sepias Beine.
Dann, nach ein paar weiteren Kurven – ich bin schon einer Ohnmacht nahe – taucht endlich ein Ortsschild auf: La Turbie. Ich stoße einen Freudenschrei aus, und nur wenige Hundert Meter weiter sehe ich das lang ersehnte Straßenschild, das den Weg nach Les Hauts de Monte Carlo weist.
Mit letzter Kraft schreie ich: »Stopp!«, und der Opa unterbricht seinen Gesang und fragt irgendetwas. Ich schreie noch einmal »Stopp!«, und endlich hält er an. Alfons nutzt die paar Sekunden, bis der Alte die Tür öffnet, noch aus, um auch noch die letzten Reste meines Sonnenschutzes zu vertilgen, dann endlich kann ich ins Freie springen. Der Opi plappert aufgeregt, während er mein Fahrrad losbindet, dann schicke ich ihn und seinen leckfreudigen Alfons mit einem vielfachen »Merci« und ungeduldigen Gesten weiter.
Also gut, dann wollen wir das Ganze noch zu einem passenden Abschluss bringen. Ich schnappe mein Rad und verziehe mich schnell in die nächste Hauseinfahrt, dort drücke ich mich flach an die Hauswand und warte. Es dauert keine zwei Minuten, dann zieht Sepia auch schon vorbei. Ich gebe ihr ein paar Hundert Meter Vorsprung, dann schwinge ich mich ebenfalls auf mein Rad und radle in aller Frische hinterher. Die letzten Meter schaffe ich ohne besondere Mühe, weil es nur mehr eine unbedeutende Steigung ist, und dann macht Sepia große Augen, als ich zu ihr stoße.
»Respekt, Heidi, das hätte ich dir gar nicht zugetraut«, sagt sie anerkennend. »Und du hast sogar Bodo überholt.«
»Echt?«, spiele ich die Unwissende. »Ist mir gar nicht aufgefallen. Ich dachte, ihr beide wärt zusammengeblieben.«
»Das waren wir auch, eine Zeit lang«, sagt Sepia und nimmt einen Schluck aus ihrer Trinkflasche. »Aber als wir bei einem Aussichtsplatz vorbeikamen, musste er plötzlich ganz dringend aufs Klo.« Sie verzieht ihr
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