Kind der Hölle
sie Teds Ideen mit verwertete. Er war dann einige Male ins Atelier gekommen und hatte einen Blick auf die Staffelei geworfen. Kommentare dazu gab er nur auf ihren ausdrücklichen Wunsch ab. Gegen Mittag hatte sie eine Zeichnung vollendet, die seine hundertprozentige Zustimmung fand.
Janet war sich zwar nicht ganz sicher, ob er sie nicht nur bei Laune halten wollte, aber auch ihr selbst gefiel der Entwurf, und nach dem Mittagessen begann sie, ihn auf die Wandfläche zu übertragen.
Schon nach wenigen Tagen wußte sie, daß Ted recht gehabt hatte: sie konnte es schaffen. Und bei der Arbeit kamen ihr ständig neue Ideen, fast so, als entwickle das Wandgemälde ein Eigenleben.
Als sie es jetzt von der Flügeltür zur Halle aus begutachtete, war sie sehr zufrieden. Natürlich war es noch längst nicht fertig, aber der illusionäre Garten wirkte schon verblüffend echt. Teds Schritte auf der Kellertreppe, er hatte sich den ganzen Tag im Keller als Klempner betätigt, schreckten sie auf, und sie mußte sekundenlang gegen die leichte Panik ankämpfen, die sich seit Jahren automatisch einstellte, sobald er in der Nähe war:
Da war die ängstliche Frage, wieviel er wohl getrunken haben mochte.
Da war das instinktive Zurückweichen vor seiner Alkoholfahne und seinen groben Zärtlichkeiten.
Da war die Furcht vor seinen Wutausbrüchen, deren Heftigkeit von der Anzahl konsumierter Drinks abhing.
Doch seit jenem Morgen vor sechs Wochen, als er seine gesamten Alkoholvorräte in den Ausguß geschüttet hatte, war alles anders geworden. Janet brauchte nicht mehr ständig auf der Hut zu sein, und als Ted jetzt näherkam, sie von hinten umarmte und seine Lippen auf ihren Nacken preßte, lehnte sie sich willig an seine Brust und streichelte seine dicht beharrten Unterarme.
»Ich stinke bestimmt wie ein Schwein«, flüsterte er ihr ins Ohr.
»Du riechst wunderbar«, murmelte sie, und das war nicht gelogen. Moschus übte von jeher auf sie eine erregende Wirkung aus.
»Wo ist Molly?«
»Sie schläft«, antwortete Janet. »Ich habe sie vor einer halben Stunde zu Bett gebracht.«
Teds Finger streichelten ihre Brüste. »Und wie lange wird sie schlafen?«
»Vielleicht eine Stunde.« Janet drehte sich um und schlang ihre Arme um seinen Hals. »Ist das lang genug?«
»Nein, aber besser als nichts …« Ted preßte sie noch fester an sich und küßte sie leidenschaftlich. »Sollen wir raufgehen?« fragte er, als ihre Lippen sich widerwillig voneinander gelöst hatten.
Janet dachte an die Pinsel, die noch auf der Leiter lagen.
Sie dachte an die Unordnung, die sie nach dem Mittagessen in der Küche hinterlassen hatte.
Sie dachte an hundert andere Dinge, die erledigt werden mußten.
»Ich wüßte nicht, was ich lieber täte«, flüsterte sie.
Ted hob sie hoch und trug sie durch die Halle zur Treppe.
»Was machst du?« rief Janet. »Ted, um Himmels willen, laß mich runter! Denk an deinen Rücken!«
»Ruhe, Weib!« befahl er, und auf den ersten Stufen verwandelten sich Janets Proteste in lautes Kichern.
»Wenn du mich fallen läßt, werde ich …«
Die Vordertür wurde geöffnet, und sie hörten Kims Stimme. »Mom? Dad? Ist was passiert? Warum trägst du Mom?«
»Verdammt«, fluchte Ted, und Janet befürchtete einen Wutausbruch, doch statt dessen flüsterte er ihr ins Ohr:
»Schade um das entgangene Vergnügen …, aber wir holen es nach, sobald die Kinder in ihrem Zimmern sind, abgemacht?« Seine Stimme klang verführerisch, und er küßte sie, bevor er sie behutsam auf die Füße stellte und die Treppe hinabeilte. »Alles ist in Ordnung«, beruhigte er Kim. »Wie war’s heute in der Schule?«
»Ach, ganz okay«, murmelte Kim, aber ihre Stimme und ihre düstere Miene straften ihre Worte Lügen.
»Ist irgendwas Besonderes vorgefallen?« fragte Janet, die ihrem Mann gefolgt war.
Kims Blicke schweiften von ihrer Mutter zum Vater und zurück. »Jared und Luke haben sich einfach unmöglich aufgeführt!«
»Schlimmer als normale Jungs in diesem Alter?« wollte Ted wissen.
Für Kim war es immer noch ungewohnt, daß ihr Vater sich nach Jahren plötzlich wieder für Jared und sie interessierte. »Sandy fand auch, daß sie sich idiotisch benommen haben!«
»Also doch nur ein kleines Geplänkel unter Teenagern?« schmunzelte Ted.
»Warum verteidigst du ihn immer?« explodierte Kim. »Was ist hier eigentlich los? Du bist mit allem einverstanden, was Jared tut, und es scheint dich nicht zu stören, wenn er totalen Mist
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