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Kind der Hölle

Kind der Hölle

Titel: Kind der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Einen schrecklichen Moment lang glaubte Schwester Clarence, daß Jared Conway sich ihr widersetzen würde, aber er verließ hocherhobenen Hauptes das Zimmer, gefolgt von Luke Roberts, der an einen geprügelten Hund erinnerte.
    Ein hämisches Lächeln verzerrte Jareds Mundwinkel, während er die Tür schloß.
    Schwester Clarences kalter Zorn schlug in Haß um. Aber nicht nur in Haß. Sondern auch in ein Gefühl, das ihr bisher noch kein einziger Schüler eingeflößt hatte.
    In Angst.
    Ohne daß sie es logisch begründen konnte, hatte Schwester Clarence schreckliche Angst vor Jared Conway.

21. Kapitel

    Janet stieg von der Leiter und trat ein Stück zurück, um ihr Werk zu begutachten: das riesige Bild, das eine Wand des Eßzimmers schmücken sollte.
    Als sie Ted zum erstenmal von ihrem Einfall erzählt hatte, an der langen Wand gegenüber der Verandatüren, die Ausblick auf den Garten boten, diesen Garten so auferstehen zu lassen, wie er in alten Zeiten ausgesehen haben mußte, war sie selbst eigentlich schon wieder nahe daran gewesen, den Plan aufzugeben. Es war nicht nur die enorme Fläche, die sie abschreckte. »Es ist eine ganz andere Technik«, erklärte sie Ted. »Man muß soviel über Perspektive und Lichteinfall wissen, und …«
    »In erster Linie kommt es doch aber darauf an, eine Vision auf die Leinwand zu bannen«, fiel er ihr ins Wort, nachdem sie ihm im Atelier ihren ersten Entwurf des imaginären Gartens der Vergangenheit gezeigt hatte. »Ich verstehe zwar nicht viel von Kunst, aber sogar diese Schwarzweißzeichnung gibt mir das Gefühl, geradewegs in diesen Garten laufen zu können.«
    Janet betrachtete ihre Skizze so objektiv, wie es ihr nur möglich war. Sie wußte, daß er recht hatte, sie war ihr gut gelungen. Trotzdem ein Wandgemälde daraus zu machen, war fast ein Ding der Unmöglichkeit. Was, wenn es völlig mißlang?«
    »Schlimmstenfalls übermalen wir es einfach. Was hast du schon zu verlieren?«
    »Zeit«, rief sie ihm ins Gedächtnis. Sie hatte morgens versucht, eine Liste aller notwendigen Arbeiten im Haus zu erstellen, hatte dann aber gutmütig aufgegeben, weil sie sicher war, daß Ted und sie diese unzähligen Aufgaben niemals würden bewältigen können. Doch er hatte auch darauf eine Antwort.
    »Zeit ist das einzige, was wir in Hülle und Fülle haben. Vergiß nicht, wir haben keinen Termindruck. Ich würde das Hotel zwar gern im Frühjahr eröffnen, aber wenn das nicht klappt, ist es auch nicht schlimm. In den Bestimmungen steht nur, daß ich hier wohnen muß. Es war meine Idee, das Haus gewerblich zu nutzen, und wenn ich mit irgendwelchen Renovierungsarbeiten allein nicht weiterkomme, können wir uns ohne weiteres die besten Fachleute leisten. Und du kannst dich in aller Ruhe deinem Wandgemälde widmen.«
    Er nahm sie bei der Hand, das hatte er seit Jahren nicht mehr getan, und führte sie in das düstere Eßzimmer, wo er am Tag zuvor die alten Tapeten entfernt hatte. »Vielleicht liegt es an der Kohlezeichnung, aber mir schwebt eine Nachtszene vor.« Seine Blicke musterten den großen leeren Raum. »Ich sehe ihn ganz in Weiß, mit Unmengen frischer Blumen auf den Tischen und Anrichten. Alles sehr romantisch, mit vielen Kerzen und Zweiertischchen. Na ja, einige Tische für vier Personen müssen wohl sein, aber hauptsächlich will ich Zweiertische.« Er betrachtete die riesige weiße Wand. »Und dein Wandgemälde wird den Gästen vor Augen führen, wie gepflegte Gärten vor hundert Jahren ausgesehen haben, die sich heutzutage niemand mehr leisten kann. Vielleicht mit einem Teich, in dem sich das Mondlicht spiegelt…« Er verstummte und warf Janet einen besorgten Blick zu. »Überfordere ich dich?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Bei der richtigen Beleuchtung könnte es abends fantastisch aussehen – wenn ich es halbwegs hinkriege! Aber was ist mit dem Frühstück und Mittagessen!«
    »Wir werden ein Frühstückszimmer haben.« Eine halbe Stunde lang führte er sie von Raum zu Raum und erläuterte ihr, was ihm vorschwebte, und allmählich begann auch Janet das elegante kleine Hotel zu sehen.
    »Ich weiß nicht, ob ich es schaffe«, gab er zur, als sie wieder im Eßzimmer standen. »Es geht nur Schritt für Schritt, und hin und wieder werde ich bestimmt, wie schon gesagt, Hilfe von Fachleuten benötigen. Aber warum solltest du währenddessen nicht versuchen, ein herrliches Bild an diese Wand zu zaubern?«
    Bereits am nächsten Morgen hatte Janet weitere Skizzen angefertigt, in denen

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