Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition)
haben es ja schon zugegeben. Und es ist Ihnen auch tatsächlich gelungen, nicht wahr? Denn den Rest Ihres Lebens werden Sie im Knast verbringen.«
»Reich bin ich vielleicht nicht geworden, aber berühmt werde ich sein. Alle werden sich an mich erinnern.«
Der Stolz, den er vor sich hertrug, kotzte mich an.
»Schon möglich«, entgegnete ich. »Aber nicht so, wie Sie sich das denken. Und glauben Sie mir, die Menschen vergessen schnell.«
»Nein, das werden sie nicht vergessen. Weil es da draußen ist und Sie es nicht stoppen können. Die Menschen werden sich an mich erinnern. Sie werden mich fürchten.«
»Was meinen Sie mit ›da draußen‹?« Ich schüttelte den Kopf. »Und womit wollten Sie reich werden? Sie haben doch niemanden ausgeraubt. Wir wissen das, und Sie auch. Was erzählen Sie da?«
Er sah mich an. Wieder hing eine Stille im Raum. Diesmal aber blieb sie.
»Sie werden ihn nie schnappen«, sagte er.
Ich starrte ihn an. Ließ die Stille wirken.
»Wen?«
»Den General«, sagte er grinsend. »Sie werden ihn nie schnappen. Niemand wird ihn schnappen.«
Laura neben mir beugte sich vor. Mir fiel ein, was ich gedacht hatte, als ich da draußen im Wald war – dass der Ort so gar nicht zu dem ruhigen, vernünftigen Ton der Briefe passte, die wir erhalten hatten. Genauso wenig wie die Morde.
Ich habe viel Zeit darauf verwendet, über das Problem nachzudenken: Wie generiert man einen Code, den nicht einmal Sie zu knacken imstande sind.
Und da war noch etwas anderes. Dieser Name …
»Der General?«, fragte Laura. »Ist er derjenige, der uns die Briefe geschickt hat, Jimmy? Und das Video?«
»Was?«
Der General. Jetzt fiel es mir ein. Das war einer der Usernamen von der Webseite, die Renton mir gezeigt hatte, die mit dem Video von der Katze, die totgeschlagen wurde.
Millers Lächeln war verschwunden. Er war immer noch zu verwirrt, um wütend zu sein.
»Welche Briefe ? Was hat man Ihnen geschickt?«
»Der_General«. Das war der Username in dem Kommentar direkt unter dem Video.
Großartige Arbeit! Bin schon ganz gespannt auf die nächsten!
49
D etective Sergeant Renton erwartete uns im Dark-Room.
»Das wird eine lange Nacht«, sagte ich zu ihm, als Laura und ich eintraten und die Tür hinter uns schlossen.
»Verstanden«, sagte er. »Was liegt an?«
»Der General.«
Wir setzten uns auf die Stühle neben ihm vor dem Computer, und ich trug vor, was uns James Miller in der Vernehmung erzählt hatte, nachdem er sich beruhigt hatte. Als ihm klarwurde, dass er aufs Kreuz gelegt worden war – mit Hilfe der Briefe und des Videoclips –, erwies er sich plötzlich als durchaus redselig.
»Miller behauptet, dass sich ein User unter dem Namen ›Der_General‹ mit ihm in Verbindung gesetzt habe, nachdem er das Tiervideo auf die Horrorseite gestellt hatte. Der Typ soll ihm so was geschrieben haben wie, dass er ein großer Bewunderer seiner Arbeit sei und mehr sehen wolle. Und dass er ein Angebot für ihn hätte.«
»Ein Angebot?«
»Zwanzig Snuff-Movies«, erklärte ich. »Die wollte er haben. Miller sollte die Morde filmen, und der General würde ihm tausend Pfund pro Video zahlen.«
»Wofür?«
»Um sie dann zu verkaufen.«
Renton schüttelte den Kopf. »So etwas gibt’s nicht.«
»Nein«, sagte ich. »Aber es sieht so aus, als wollte der General genau das ändern. Das hat er jedenfalls Miller erzählt. Er sagte, er lebe in Übersee, wäre eine große Nummer in der Porno-Szene und wolle anonym bleiben. Sagte, dass er eine ganze Reihe von Käufern an der Hand hätte, die sich um die Filme reißen würden.«
»Ich bezweifle, dass das stimmt.«
»Ich auch.«
Tatsächlich hatte ich ihm das nicht eine Sekunde lang abgenommen. Ich war mir sicher, dass die Story, die der General James Miller aufgetischt hatte, aus welchem Grund auch immer, reiner Bluff war: ein Vorwand, um den Jungen zu überreden. Einen Vertrieb von Snuff-Movies würde es nie geben. Und der General, auch da war ich mir sicher, lebte bestimmt nicht in Übersee. Nein, er lebte hier, mitten in unserer Stadt. Schließlich waren hier auch die Briefe abgeschickt worden.
Ein Code, den nicht einmal Sie zu knacken imstande sind.
Seine Mitteilungen an uns waren persönlich formuliert; von James Miller war darin keine Rede. Der Junge war nur das Mittel zum Zweck, dessen er sich bedient hatte, um sein Muster zu stricken. Den »Code«, was immer damit gemeint war, hatte auch Miller die ganze Zeit über nicht gekannt. Wie passte das zu
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