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Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition)

Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition)

Titel: Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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auf sich nahm, zeigte, dass diese Herausforderung ihm viel bedeutet haben musste. Ein Code, den zu knacken wir nicht imstande wären. Außer dass jetzt beides, der Job und der Code, dahin waren. Was immer er mit seinen Taten zu erreichen und zu beweisen gehofft hatte, es war ihm nicht gelungen.
    »Tony«, fing ich noch einmal an, aber er schüttelte nur den Kopf. Er sprach sehr ruhig, fast flüsternd. Ich konnte seine Worte nicht verstehen.
    Die Hand, in der er die Pistole hielt, zuckte leicht.
    »Tony«, sagte ich, »tun Sie das nicht.«
    »Sie sind Soldat. Also sollten Sie in der Lage sein, dies zu tun.«
    Jetzt, da ich ihn hören konnte, klang es, als spräche er mit jemand anderem. Wieder zuckte seine Hand.
    »Tony«, sagte ich. »Zwingen Sie mich nicht.«
    »Sie sollten in der Lage sein, dies zu tun.«
    Und bevor ich reagieren konnte, hob er die Pistole mit einer schnellen, heftigen Bewegung an den Kopf und drückte ab.

Teil V
    A ndy.« Franklin beugt sich vor. Der kleine Junge ist mit seiner Geschichte am Ende, und er ist nicht zufrieden mit dem Schluss – wie der Junge in seinem dunklen Raum bleibt. Nichts tut. Nichts sieht.
    »Andy, hast du ihn erschossen?«
    »Nein.«
    Heftig schüttelt der Junge den Kopf. Zum ersten Mal in dieser Vernehmung wirkt er wirklich verzweifelt. Aufgewühlt.
    »Bist du sicher?«, setzt Franklin nach. »War es John?«
    »Ja. Ich meine, er muss es gewesen sein.«
    »Aber du hast es doch gesehen.«
    »Nein.«
    »Du warst dort und hast gesehen, was passiert ist.«
    » Nein . «
    In dem Moment fängt Andrew an zu weinen. Für den Bruchteil einer Sekunde spürt Franklin Ärger in sich aufsteigen. Der Junge lügt, jedenfalls zum Teil. Andererseits aber sind die Tränen und die Verzweiflung echt. Keine Spur mehr von dem älteren, abgeklärteren, schlaueren Jungen, den er glaubte, vor sich zu haben. Vor ihm sitzt nur noch ein acht Jahre alter Junge, der sich die Seele aus dem Leib heult, für sein Alter – wieder einmal – zu klein.
    Franklin fasst an das Kreuz unter seinem Hemd.
    Und er denkt: Na und? Ist es wirklich entscheidend, ob Andrew dort war und was er dort gesehen hat? Die Tatsachen bleiben und lassen sich nicht leugnen. Der kleine Junge hat viel durchgemacht. Er ist nicht böse. Böse ist, was ihm zugefügt wurde. Böse ist es, einen Menschen zu vernachlässigen und zu misshandeln, der einem ausgeliefert ist und Vertrauen in einen setzen sollte. Böse ist es – wieder kam in ihm plötzlich ein Gefühl auf, das nicht Ärger war, sondern eine Anwandlung von Scham –, ein Kind grundlos und unberechtigt zum Weinen zu bringen.
    »Gut, Andy. Es ist gut.« Er lehnt sich zurück und senkt die Stimme, versucht, einfühlsam zu klingen. »Es ist alles in Ordnung. Es ist fast vorbei.«
    Der Junge sitzt immer noch völlig aufgelöst und weinend da. Aber waren seine Worte nicht geradezu belanglos? Es ist nicht fast vorbei. Das wird es nie sein. So oder so, dieses Kind wird den Rest seines Lebens verfolgt werden von dem, was es durchgemacht und gesehen hat.
    »Ich möchte meinen Bruder sehen. Ich möchte John sehen.«
    Und Franklin, dem der Tatort und das, was dort passiert ist, durch den Kopf geht, kann nur den Kopf schütteln.
    »Tut mir leid, Andy. Das wird nicht gehen.«
    »Wann kann ich ihn sehen? Wann?«
    »Ich weiß es nicht«, sagt Franklin. »Ich weiß es nicht.«

56
    E twas in ihr wusste immer schon, dass es darauf hinauslaufen würde. Dass sie ihren Mann zu Grabe tragen würde.
    Sie hatten die ganzen Jahre zwar nie darüber gesprochen, aber sie wusste es trotzdem: dass Gregor derjenige sein würde, der als Erster stirbt – noch einmal: als Erster stirbt –, und dass Jasmina länger und ohne ihn leben würde. Nicht, dass sich dieses Gefühl auf seine Gesundheit oder eine bestimmte Gefahr gegründet hätte. Es war Fügung. Es hatte sich immer schon so angefühlt, als lebte ihr Mann mit geborgter Zeit. Sie hatten es beide gewusst.
    In gewisser Hinsicht war diese Vorstellung sogar hilfreich gewesen. Sie hatte jeden Tag in ein kostbares Juwel verwandelt und selbst die Augenblicke stiller Liebe vergoldet. Aber nun bleibt sie einsam und leer zurück. Es ist, als hätten sie, gerade weil sie wusste, dass es so kommen würde, die Zeit miteinander noch besser nutzen sollen. Auch wenn das sinnlos war, denn man kann niemanden so sehr lieben, dass dies sein plötzliches Fehlen wettmachen würde.
    Du musst die schönen Erinnerungen bewahren.
    Das hatte ihr ihre Schwester Corinna an diesem

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